30. Oktober 2018, Budapest

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Wenn Sie erlauben, dann verschone ich Sie mit der unseren Gästen im Übrigen zustehenden, namentlichen Begrüßung. Ich danke Ihnen, dass Sie in so großer Zahl erschienen sind. Wir sind hier, damit wir ein mehr als siebzig Jahre altes Versäumnis korrigierend die Romanische Halle des Museums der Bildenden Künste dem ungarischen Publikum in ihrem Glanz wieder zurückgeben. Zugleich sind auch vierzig Prozent des Museums vollkommen erneuert worden. Hinzu kommt noch, dass wir auch bei der Verwirklichung des „Stadtwald Budapest Programms“ an einem Meilenstein angekommen sind. Dies ist gegenwärtig dir größte kulturelle Stadtentwicklungsinvestition in Europa.

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Es ist eine alte Wahrheit, dass man die Größe nicht nur in Quadratkilometern, Millionen von Menschen und der Zahl der Panzer messen kann. Anstelle der horizontalen Deutung der Größe sind wir, Ungarn, eher Anhänger der in die Höhe strebenden Größe. Solche Größe besitzt einen geistigen Charakter. Unsere Vorfahren haben dies verstanden und auch ernst genommen. Auf diese Weise entstand der Heldenplatz mit dem Millenniumsdenkmal und hinter ihm mit dem Stadtwäldchen. Deshalb hatten sie noch im Jahr des Millenniums beschlossen, das Museum der Bildenden Künste zu errichten. Die Millenniumsfeierlichkeiten zeigten, dass das Ungarntum sich zu den selbstbewussten und sich große Ziele setzenden Nationen der Welt gesellt hat. Unsere stürmische Vergangenheit, unsere tausendjährige europäische Vergangenheit sowie auch unser in der Welt der Wissenschaft und der Kultur unter Beweis gestelltes Talent begründeten dieses Lebensgefühl. Wir haben unsere eigene Größe zu keiner Zeit darin gesehen, anderen etwas wegzunehmen, sondern darin, was wir zu der universalen Wissenschaft und Kultur hinzufügen können. Wir sind ein Volk, das der Welt immer mehr gegeben hat, als es von ihr erhielt. Unser Grundgesetz sagt: „Wir sind stolz darauf, dass unser Volk Jahrhunderte hindurch Europa in Kämpfen verteidigt und mit seinen Begabungen und seinem Fleiß die gemeinsamen Werte Europas vermehrt hat. […] Wir glauben, dass unsere Nationalkultur einen reichhaltigen Beitrag zur Vielfalt der europäischen Einheit darstellt.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Es ist auch ein Bestandteil der ungarischen Geschichte, dass es immer wieder Personen gibt, für die der Gedanke der nationalen Größe abstoßend ist, die nicht die nationale Richtschnur der Ungarn anlegten, sondern uns mit fremdem Maß messen wollen. Derartige politische Richtungen haben tiefe Spuren sowohl am Gebäude des Museums der Bildenden Künste als auch am Stadtwäldchen hinterlassen. Nach dem Weltkrieg ging man stiefmütterlich mit der Budaer Burg um, aus der Romanischen Halle des Museums der Bildenden Künste machte man ein Lager, und das Stadtwäldchen wurde zu einer Kulisse für die „Diktatur des Aufmarschierens" degradiert. Die Neueröffnung des jetzt um die wiederhergestellte Romanische Halle ergänzten Museums der Bildenden Künste sendet die Botschaft aus, dass das Zeitalter der die anderen nachäffenden, also notwendigerweise kleinlichen Kulturpolitik zu Ende gegangen ist. Die aus dem 20. Jahrhundert zurückgebliebenen Ideale bestehen wohl kaum die Probe der gegenwärtigen Zeiten, tagtäglich sehen wir, wie sie untergehen, verfaulen und zerfallen. Unsere Hoffnung ist, dass wir, Ungarn, auf unseren eigenen Weg zurückfinden, wir erneut an die Zeiten überdauernden Ideale glauben und es eine gemeinsame Ordnung geben wird, nach der wir alle frei streben können. Das Museum der Bildenden Künste verkörpert diese Hoffnung. Es ist das offene Bekenntnis dessen, dass wir ein auf unsere nationale Beschaffenheit stolzes, europäisches und christliches Volk sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Europas Westhälfte ficht heute einen Kulturkampf mit ihrer eigenen Vergangenheit und ihren christlichen Wurzeln. Hier, bei uns, ist die Situation eine andere. Wir blicken auf die Nation, auf den Glauben und die Familie nicht wie auf Fossilien, die übriggeblieben sind, sondern vielmehr als auf die Inspiration der tiefsten menschlichen Gefühle und Leidenschaften, als auf die Quelle des Schönen und Guten. Wir leben mit unserer eigenen Geschichte und eigenen Kultur, das heißt mit uns selbst in Frieden. Das ist ein großes Geschenk in der heutigen Welt, wir sollten es also hochschätzen! Deshalb sollten wir nicht zögern, zur Verteidigung unserer Kultur, wenn es sein muss, in die Schranken zu treten. Wenn wir wollen, dass es hier auch in hundert Jahren noch eine christliche, ungarische und europäische Kultur geben soll, dann müssen wir jetzt im Wirbel des europäischen Kulturkampfes, kühl und mit emotionsloser Zielstrebigkeit, keinen Schritt zurückweichend, unseren kulturellen Charakter, unsere Identität und Souveränität verteidigen. Den Seuso-Schatz haben wir nach Hause zurückgeholt. Wir erneuern unsere kulturellen Institutionen. Das Haus der Traditionen, den Burggarten-Basar und die Musikakademie haben wir erneuert. Auch die Provinz ist in Bewegung. Erneuert sind das Volkskundliche Freilichtmuseum, das königliche Schloss in Gödöllő, das Grassalkovich-Schloss in Hatvan, Eszterháza und auch das Rákóczi Museum in Sárospatak. Unsere Anstrengungen blieben nicht ohne Echo: 2017 besuchten mehr Menschen unsere Museen als Ungarn Einwohner besitzt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Heute besitzen wir inzwischen nicht nur unseren Mut, sondern wir haben auch die Kraft, um die Traditionen des Millenniums fortzusetzen. 1896 hatte man hier, im Stadtwäldchen, einen besonderen kulturellen Raum errichtet. Wir haben es übernommen, seine Traditionen bewahrend diesen besonderen kulturellen Raum in das 21. Jahrhundert mitzunehmen, ihn dorthin zu führen. Wir heilen die Wunden. Wir haben der Romanischen Halle ihre Würde zurückgegeben. Der Schauplatz der früheren Parteiaufmärsche wird erneut ein Teil des Parks des Stadtwäldchens sein, und wir werden auch das gesprengte Theater im Stadtwäldchen wieder aufbauen. Das neue ethnographische Museum, die neue Nationalgalerie und das Haus der Ungarischen Musik werden errichtet werden. Das einstige Olof Palme-Haus und auch das Verkehrsmuseum werden erneuert. Wir befinden uns in Ungarn, Schöpfungen dieses Ausmaßes besaßen auch schon vor 110 Jahren ihr eigenes Schicksal. Auch damals gab es Stimmen, die das Gebäude des Museums der Bildenden Künste für nicht genügend national oder schön genug hielten. Die Zeit hat nicht ihre Meinung bestätigt. Soviel sollte auch für uns genug sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Zum Abschluss möchte ich meinen Dank für all jene Aussprechen, die im Laufe der dreijährigen Renovierungen hier ihre Arbeit geleistet haben. Wir danken einem jeden, der mit seiner Arbeit dazu beigetragen hat, dass die Hochburg der ungarischen Kultur erneut in ihrer alten Schönheit glänzen kann. Der Leitung des Museums können wir nur soviel sagen: Möge es sein, wie es früher war!