Tusnádfürdő (Băile Tuşnad), den 28. Juli 2018
Ich wünsche allen Anwesenden einen guten Tag! Es ist eine Ehre, erneut hier sein zu dürfen, und gemeinsam mit unserem Herrn Bischof Tőkés heute zu Ihnen sprechen zu dürfen. Um gleich die ernste Stimmung durch eine seiner ironischen Bemerkungen etwas zu lockern, zitiere ich sie hier sofort. Wir haben hier darüber gesprochen, dass Zsolt Semjén gesagt hat, László Tőkés sei unser Kompass, da sagte László: „Nur dass Ihr nicht Euren Kompass verliert!“ Und wie wahr dies auch politisch ist.
Einleitung
Jedes Jahr pflege ich meinen Freund Zsolt Németh zu fragen, worüber ich seiner Ansicht nach reden müsste. Jetzt werde ich die verschiedenen Vorschläge hier nicht alle aufzählen, doch er sagte, ich möge darauf achten, dass in so weiten Zusammenhängen ich auch sprechen sollte – denn wir befinden uns ja doch auf einem Vortrag im Rahmen einer Sommeruniversität –, so möge ich doch danach streben, dass auch die weiten Zusammenhänge aus der Perspektive des Szeklerlandes, Siebenbürgens, der ungarischen Nation deutbar sein sollen. Ich schicke dies aus dem Grunde voraus, da ich verschiedene Abschweifungen machen werde, doch werde ich versuchen, über eine Perspektive und aus einer Perspektive über die Angelegenheiten der Welt zu sprechen, die eine Relevanz für Ungarn haben, haben können und haben werden. Schließlich interessiert uns alle die gleiche Frage, ich nehme an, auch die heutige Zuhörerschaft, was sein wird, was sich ereignen wird, bis wir uns in einem Jahr erneut zu unserem fälligen Treffen an der Sommeruniversität einfinden. Was geschieht bis zum Juli 2019? Ich schlage vor, wir gehen – um die Perspektiven, unsere eigenen Möglichkeiten und auch unsere eigene Kraft zu ermessen – davon aus, was geschehen ist, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben. Was ist in dem vergangenen einem Jahr geschehen? Hierbei ist nicht die Ereignisgeschichte interessant, sondern worin der Sinn all dessen besteht, was in dem vergangenen einen Jahr geschehen ist. Es ist ein Allgemeinplatz, aber das Leben hat sich verschnellert und im Laufe eines Jahres sind mehr Dinge, viel mehr Dinge mit uns geschehen als früher, weshalb es kein Wunder ist, dass man das kaum glauben kann, was alles geschehen ist – ganz zu schweigen von dem, was dann noch geschehen wird und worüber ich gleich reden werde.
Vereinigung der Nation
Die wichtigste Sache des Jahres, das wir hinter uns gelassen haben, ist aber, dass es dem Ungarntum des Karpatenbeckens gelungen ist, eine weitere psychologische Hürde zu nehmen. Wir konnten nämlich den millionsten repatriierten ungarischen Staatsbürger begrüßen. Das war das wichtigste im vergangenen Jahr. Wenn wir nicht mehr als dies verrichtet hätten, wäre es schon wert, unsere Hüte zu schwingen, aber wir haben mehr als das getan, und all das, was wir getan haben, formuliere ich dahingehend, dass der Prozess der Vereinigung der Nation sich in den Aufbau der Nation gewandelt hat. Dieses Jahr im April haben wir auch die Generalprobe dessen durchgeführt. Die Ergebnisse bestätigen, dass der ungarische Aufbau der Nation erfolgreich ist. Am 8. April haben wir bei den Wahlen bewiesen, dass wir Ungarn in der Lage sind, unsere – im Übrigen äußerst komplizierte und zusammengesetzte – Lage zu verstehen, und, wenn es notwendig ist, dann sind wir fähig, mit einem Willen über unser eigenes Schicksal zu entscheiden und können als eine geschlossene Nation auftreten. Von hier, dem Szeklerland, aus kann ich sagen, dass die im Ausland lebenden Ungarn sich für die Ungarn im Mutterland eingesetzt haben. Jede hier abgegebene Stimme war eine Übernahme der Verantwortung für Ungarn. Ich danke Ihnen dankbaren Herzens für diese Übernahme von Verantwortung und das Engagement im Namen der Menschen im Mutterland. Wir haben in einer schwierigen Schlacht, mit vereinter Kraft gesiegt.
Vom System zur Ära
Was ist in Ungarn geschehen? Wir haben unseren dritten Regierungszyklus abgeschlossen. Die Jüngeren möchte ich daran erinnern, auf jene im Nebel der Vergangenheit verschwindende Erinnerung hinweisen, dass wir einmal auch schon zwischen 1998 und 2002 an der Regierung gewesen waren, es ist also kein Versprecher, wenn ich sage, dass wir unseren dritten Regierungszyklus abgeschlossen und unseren vierten begonnen haben. Auf 1990, den Geburtstag der ungarischen Demokratie zurückblickend können wir sagen, wir waren 16 Jahre in der Opposition und 12 Jahre an der Regierung. Wenn es der liebe Gott zulässt und wir noch leben, dann werden wir am Ende dieser vier Jahre, die vor uns stehen, sagen können, dass sich die Balance eingestellt hat. Ich habe auch in meiner Antrittsrede als Ministerpräsident gesagt, dass aber die Regierung aus Sportsmännern besteht, und wir uns mit einem Unentschieden nicht zufriedengeben. Wenn ich lediglich an die acht Jahre denke, die wir hinter uns gelassen haben, dann kann ich sagen, dass wir nach acht Jahren fortgesetzten Regierens die Chance zur Arbeit von noch weiteren vier Jahren bekommen haben. Ich deute dies dahingehend – und damit stimme ich der Meinung eines jungen ungarischen Analysten zu, dass man uns ermächtigt hat, eine neue Epoche auszubauen. Den Zweidrittelsieg des Jahres 2010 hatte ich so gedeutet, dass man uns ermächtigt hat, die beiden verworrenen Jahrzehnte des Übergangs abzuschließen und ein neues System zu errichten. Dies bedeutete in der Wirtschaft ein ungarisches Modell und in der Politik eine neue verfassungsmäßige Ordnung, eine auf nationaler und christlicher Grundlage ruhende neue verfassungsmäßige Ordnung. Durch unseren Zweidrittelsieg im Jahre 2014 haben wir die Ermächtigung erhalten, dieses System zu stabilisieren. Damals entstand der durch unsere Gegner häufig verspottete Begriff des „Systems der Nationalen Zusammenarbeit“, was ja keine allzu geistreiche Formulierung ist, aber angesichts dessen, dass die ungarische Geschichte eher das System der nationalen gegenseitigen Behinderung zu sein pflegt, ist das im Grunde eine Zielstellung, die man anerkennen muss. Und unser Zweidrittelsieg von 2018 ist nichts anderes als die Ermächtigung zum Ausbau einer neuen Ära. Doch ist es wichtig, uns daran zu erinnern, dass die Ära immer mehr ist als die politische Ordnung. Die Ära ist ein eigentümliches und charakteristisches kulturelles Umfeld. Die Ära ist eine Ordnung geistiger Natur, eine Art gemeinsamer Stimmung, vielleicht auch Geschmackswelt, eine Art Verhaltensweise. Das System, das politische System ergeben im allgemeinen Regeln und politische Entscheidungen. Die Ära ist aber mehr als das. Die Ära ergibt sich eher aus den kulturellen Strömungen, kollektiven Überzeugungen und gesellschaftlichen Gewohnheiten. Jetzt sehen wir uns der Aufgabe gegenüber, das heißt wir müssen das politische System in eine kulturelle Periode einbetten. Deshalb ist es logisch, in keinster Weise überraschend, dass die spannendste Diskussion unserer Tage gerade auf dem Gebiet der Kulturpolitik ausgebrochen ist. Und dies geschah beinahe sofort nach den Wahlen – wenn Sie die in Ungarn geführten politischen Diskussionen sowie jene des öffentlichen Lebens verfolgen, dann können Sie verstehen, wovon ich spreche. Meiner Ansicht nach ist dies verständlich und ist auch gut so, denn nach der dritten Zweidrittelmehrheit ist tatsächlich eine geistige und kulturelle Herangehensweise notwendig, und zweifellos stehen wir vor großen Veränderungen im September.
Stabilität
Über das vergangene eine Jahr kann ich Ihnen noch sagen, dass die Stabilisierung des auf nationaler und christlicher Grundlage stehenden politischen Systems gelungen ist. Die Grundlage scheint fest und beständig zu sein. Es ist also nicht unbegründet, wenn wir für die vor uns stehenden vier Jahre die Errichtung einer Epoche als Aufgabe festlegen. Stichpunktartig möchte ich an dieser Stelle einige Tatsachen anführen, die die Stabilität des nach 2010 errichteten politischen und Wirtschaftssystems ausdrücken. Hinsichtlich des Wachstums hat 2009 Ungarn ein Minus von sechs Prozent produziert, und 2017 waren es plus vier Prozent. Jetzt werde ich große Zahlen sagen, doch die Dimensionen werden vielleicht verständlich sein. Der Wert, den Ungarn im Laufe eines Jahres produzieren kann, betrug im Jahre 2010 insgesamt 27.224 Milliarden Forint, und jetzt 38.183 Milliarden. Wir stellen also seit 2010 in jedem Jahr einen um 11.000 Milliarden Forint größeren Wert her, als wir das früher getan hatten. Ein jeder kann wissen, dass wir die Finanzen in Ordnung gebracht haben. Die Kredite, die wegen der Krise von 2008 aufgenommenen Kredite haben wir zurückgezahlt, den IWF haben wir nach Hause geschickt, das Defizit halten wir im Zaum, und die Staatsverschuldung haben wir von 85% auf 71% gesenkt. Man kann auch wissen, dass der Export von 19.690 Milliarden Forint auf 31.102 Milliarden Forint angewachsen ist. Noch nie lag er in der Geschichte Ungarns in dieser Höhe. Die Zahl der Beschäftigten im Alter zwischen 15 und 64 Jahren stieg von 55% im Jahre 2010 auf 69%, was bedeutet, dass heute um 756 tausend Menschen mehr in Ungarn arbeiten als noch vor 2010. Die Löhne stehen um sechzig Prozent besser als 2010. Der demographische Fertilitätsindex ist von 1,25 auf 1,5 gestiegen, und wir sehen auch in solchen Zahlen die Stabilität wie die Zahl der Ärzte. Heute arbeiten um 3.665 mehr Ärzte als im Jahre 2010. Die Zahl der Straftaten ist auf die Hälfte zurückgegangen, der Zugang zum Breitbandinternet ist von 51% auf 82% angestiegen, und – um noch eine andere Zahl zu erwähnen, eine Zahl anderer Natur –, die Zahl der Theaterbesuche ist in Ungarn 2017 um 3 Millionen 160 tausend angestiegen. 7 Millionen 601 tausend Theaterbesuche wurden 2017 registriert. Wenn ich also von Stabilität rede, dann geht es hierbei um die Stabilität des gesamten ungarischen Lebens, angefangen von der Wirtschaft bis zu den kulturellen Konsumierungsangewohnheiten der Mittelschicht bzw. zur Abnahme der Anzahl der Armen.
Große Ziele
Das ist jene Stabilität, die all das nicht als blasiert oder von der Wirklichkeit losgelöst erscheinen lässt, was ich hiernach sagen möchte. Was kann man in solch einer Situation tun? In solch einer Lage, mit einer Unterstützung von Zweidritteln bei den Wahlen kann eine nationale Regierung sich nicht weniger vornehmen, als sich große Ziele zu setzen. So große Ziele, die sie früher für unvorstellbar hielt. Derart große Ziele, die der Arbeit der kommenden Jahre einen Sinn geben. Diese Ziele haben wir formuliert, ohne sie auszuführen, auf die Frage antwortend, was hier geschehen wird. Jetzt erwähne ich die wichtigsten von ihnen. Mit einem zeitlichen Horizont von 2030 rechnend möchten wir, dass Ungarn zu den fünf besten Ländern der Europäischen Union gehört. Zu den fünf besten Ländern, in denen es am besten ist, zu leben, zu wohnen und zu arbeiten. Bis 2030 sollen wir zu den wettbewerbsfähigsten Ländern der EU gehören. Bis 2030 wollen wir den Bevölkerungsschwund aufhalten, bis 2030 wollen wir Klein-Ungarn auch physikalisch mit den anderen Gebieten verbinden. Die Schnellstraßen sollen bis an die Staatsgrenzen führen. Bis 2030 soll Ungarn die Unabhängigkeit im Energiebereich erreicht haben, die zu einer wichtigen Dimension der Sicherheit geworden ist. Paks soll fertiggestellt werden und die neuen Energiequellen sollen genutzt werden. Drängen wir die Volkskrankheiten zurück, errichten wir die neue Ungarische Armee, und beginnen wir auch mit dem wirtschaftlichen Aufbau von Mitteleuropa!
Karpatenbecken
Das sind die Perspektiven, auf Grund derer all das verständlich sein wird, was ich im Weiteren sagen werde. Am wichtigsten ist – aus dem Blickwinkel des hiesigen Ortes gesehen – unser Plan, das gesamte Karpatenbecken wiederaufzubauen. Ich habe den Eindruck von der historischen Situation, dass die hundert Jahre der ungarischen Einsamkeit zu Ende gegangen sind. Wir sind erneut stark, wir sind entschlossen, wir sind mutig, wir haben die Kraft, wir haben das Geld, wir verfügen über Ressourcen, und wir haben in den vergangenen Jahren unseren Nachbarn bewiesen, dass wer mit den Ungarn kooperiert, der profitiert. Der Moment ist da, damit wir das Karpatenbecken wieder aufbauen. Wir haben ein Angebot für unsere Nachbarn. Das Angebot kann man dahingehend zusammenfassen, dass wir nunmehr unsere Länder endlich und auf seriöse Weise miteinander verbinden sollten! Verbinden wir unsere Großstädte mit Schnellbahnen und Autobahnen. Es ist doch eine Schande, dass es keine solche Verbindung zwischen Debrecen und Nagyvárad (Großwardein/Oradea), zwischen Kassa (Kaschau/Košice) und Miskolc, zwischen Nyíregyháza und Szatmárnémeti (Sathmar/Satu Mare), zwischen Eszék (Essegg/Osijek) und Pécs (Fünfkirchen) oder eben zwischen Kolozsvár (Klausenburg/Cluj-Napoca) und Budapest gibt. Unser Angebot ist auch, dass wir unsere Energienetze miteinander verbinden sollten. Es ist eine Schande, dass heute dies noch nicht die Realität ist. Wir schlagen vor, unser Angebot ist, dass wir unsere Verteidigungspolitik und auch die Entwicklung unserer Streitkräfte miteinander abstimmen sollten. Und schließlich ist es unser Angebot, gegenseitig in die Regionen der anderen zu investieren. Wir haben damit auch begonnen. Ich spreche jetzt nicht über das Geschäft, aber als Ergebnis meiner gestrigen Gespräche mit führenden ungarischen Persönlichkeiten im Ausland kann ich sagen, wir haben im Karpatenbecken mit der Renovierung und dem Aufbau von Kindergärten in der Größenordnung von etwa tausend begonnen. Das sind alles ungarischsprachige Kindergärten. Wir haben also ein Angebot für unsere Nachbarn. Errichten wir gemeinsam das Karpatenbecken. Dazu ist natürlich nötig, dass wir auf der Grundlage des gegenseitigen Respekts stehen – unser Angebot ist auch nur in diesem Geiste gültig. Und der gegenseitige Respekt erfordert die ehrliche Rede.
Rumänen und Ungarn
Hier ist schon gleich ein ausgezeichneter Anlass auf Grund des hundertjährigen Jubiläums. Vor hundert Jahren betrat Rumänien die Epoche des modernen Rumänien. Wir verstehen, dass es aus ihrer Sicht hieran etwas zu feiern gibt. Wir bitten darum, dass sie verstehen sollten, dass es aus unserem Blickwinkel hieran nichts zu feiern gibt. Wir bitten auch darum, dass wir der Tatsache ins Auge blicken sollten, dass das moderne Rumänien seit hundert Jahren nichts mit der natürlichen Tatsache anfangen kann, dass hier mehr als anderthalb Millionen Ungarn leben. Wir wissen, in Bukarest wird gesagt, das Szeklerland existiere gar nicht. Ich stimme mit dem sich hierauf beziehenden feierlichen Slogan des RMDSZ überein, der ausdrückt, dass es schon existierte, als es das moderne Rumänien noch gar nicht gab. Und wenn ich mich hier umsehe und wie ich die hiesigen Menschen kenne, kann ich ruhig behaupten, dass das Szeklerland auch dann noch existieren wird, wenn sich bereits ganz Europa dem Islam unterworfen haben wird. Darin können wir uns sicher sein. Unser Angebot lautet also in Richtung aller unserer Nachbarn, aber auch in die Richtung unserer rumänischen Freunde, dass wir – anstatt die Wirklichkeit zu leugnen – diese Situation als eine Kraftressource auffassen und auch auf Siebenbürgen als eine Kraftressource blicken sollten. Wir sollen ein erstarkendes Szeklerland, ein erstarkendes Ungarntum wollen, denn – wie das Károly Kós formulierte – dies wird auch für Rumänien einen Zuwachs an Stärke bedeuten. Auch diesen Weg könnten wir betreten, hier ist nur noch der Wille dazu notwendig.
Mitteleuropa-Thesen
Wenn wir mit dem Aufbau des Karpatenbeckens fertig geworden sind – oder womöglich parallel dazu –, steht auch die Aufgabe vor uns, Mitteleuropa aufzubauen, das weiter und mehr ist als das Karpatenbecken. Hier ist die Möglichkeit, in den vor uns stehenden Jahren die große, starke, sichere politische und Wirtschaftsregion Europas zu errichten, also Mitteleuropa. Sprechen wir es aus, dass neben der wirtschaftlichen Entwicklung, neben ihren Eigenheiten Mitteleuropa auch eine Region mit einer eigentümlichen Kultur ist. Es ist anders als Westeuropa. Errichten wir es und lassen wir es akzeptieren. Im Interesse dessen, damit Mitteleuropa in Europa dem ihm zukommenden Platz erhält, lohnt es sich, einige Thesen zu formulieren. Ich habe fünf Thesen für den mitteleuropäischen Aufbau formuliert. Die erste lautet, dass es das Recht eines jeden europäischen Landes ist, seine christliche Kultur zu verteidigen, es das Recht besitzt, die Ideologie des Multikulturalismus zurückzuweisen. Unsere zweite These lautet: Jedes Land besitzt das Recht, das traditionelle Familienmodell in Schutz zu nehmen, es besitzt das Recht, zu deklarieren, dass jedes Kind das Recht auf eine Mutter und auf einen Vater hat. Die dritte mitteleuropäische These lautet so, dass jedes mitteleuropäische Land das Recht besitzt, seine in nationalstrategischer Hinsicht eine Schlüsselbedeutung besitzenden Wirtschaftszweige und auch seine Märkte zu verteidigen. Die vierte These lautet, dass jedes Land das Recht besitzt, seine Grenzen zu verteidigen, und es besitzt das Recht, die Einwanderung zu verwerfen. Und die fünfte These lautet: Jedes europäische Land besitzt das Recht, in den wichtigsten Fragen auf das Prinzip von „eine Nation – eine Stimme“ zu bestehen, und dieses Recht kann man auch nicht in der Europäischen Union umgehen. Das heißt, wir, Mitteleuropäer, behaupten, dass es ein Leben jenseits des Globalismus gibt. Er ist nicht der einzige Weg, den man beschreiten kann. Und der Weg Mitteleuropas ist der Weg des Bündnisses der freien Nationen. Dies ist eine Aufgabe, die über das Karpatenbecken hinausführt, es ist eine Sendung, die auf uns wartet.
Donald J. Trump
Nun, das waren die friedlicheren Gewässer. Wir fahren jetzt hinaus, sagen wir, vom Plattensee hinaus auf das offene Meer. Überblicken wir, was im Laufe eines Jahres um uns herum in der Welt geschehen ist. Zunächst einmal hat der amerikanische Präsident seine Versprechen eingelöst. Sie können sich an das Abwinken der europäischen Elite erinnern, die sagte, das von dem amerikanischen Präsidenten gesteckte Ziel, nach dem er das multilaterale, das heißt auf mehrseitigen Vereinbarungen basierende Weltsystem in ein System umformen werde, das auf bilateralen Vereinbarungen basiert, sei unerreichbar. Sehen wir ein, dass er in dem vergangenen Jahr damit begonnen hat, planmäßig, mit der Genauigkeit eines Ingenieurs schreitet er voran, und es entfaltet sich vor unseren Augen eine auf bilateralen Vereinbarungen ruhende neue Weltpolitik und neue Weltwirtschaftsordnung. Das andere große Ereignis in der um uns herum sich erstreckenden Welt im vergangenen Jahr war die Fortsetzung des chinesischen Marsches, der Entwicklung Chinas.
Wladimir Putin
Der dritte solche Umstand, den wir beachten müssen, ist, dass auch die Russen ihr Versprechen eingelöst haben – im Zusammenhang mit dem die Vertreter der europäischen liberalen Elite ebenso abgewunken haben wie im Fall der Amerikaner – und haben Schritte unternommen, und sind nahe daran, die Frage des Gastransports nach Europa unter der Umgehung der Ukraine zu lösen. Der Nord Stream ist bald fertig, und die Pläne des Türkischen Stream liegen auf dem Tisch.
Die Verschiebung Europas nach rechts
Und die vierte wichtige Sache, die im Laufe eines Jahres geschehen ist, war die Fortsetzung der Verschiebung Europas nach rechts. Es hat sich herausgestellt, dass dies nicht nur ein mitteleuropäischer Prozess ist. Erinnern wir uns nur an das Ergebnis der deutschen Wahlen, der österreichischen Wahlen, oder gerade daran, wie die Italiener gewählt haben. Ein allgemeiner Prozess der Verschiebung nach rechts ist in ganz Europa zu beobachten. Ich führe hier all diese Zusammenhänge aus dem Grund an, weil es für ein Land mit 10 Millionen Einwohnern und für eine Nation von 15 Millionen Menschen, wie wir es sind, eine Existenzfrage ist, zu verstehen, was in der Umwelt geschieht. Wir müssen der Tatsache ins Auge blicken, dass im Falle eines Landes unserer Art, eines Landes unserer Größe das Risiko und die Folgen der Dummheit viel größer sind als im Falle größerer, beleibter Länder.
Wettbewerb
Es ist also für uns wichtig, zu verstehen, wer um uns herum in der Welt was will. Wir müssen verstehen, was in der uns umschließenden internationalen Politik im kommenden Jahr geschehen wird. Die Amerikaner werden ihren Versuch fortsetzen, die führende Rolle in der Welt zu behalten und mit Erfolg mit China den Wettbewerb aufzunehmen. Vergessen wir nicht: China verfügt über eine vierfache demographische Übermacht, es besitzt eine innere Stabilität, es hat eine jetzt schon technologisch entwickelte und moderne Wirtschaft, das heißt die Zeit und die Prozesse stehen auf ihrer Seite. Die Amerikaner wollen sich damit nicht abfinden und haben erkannt, dass wenn alles so weitergeht, wie es unter den früheren Präsidenten lief, dann kann man das Ergebnis voraussehen. Sie besitzen eine Chance, sie wollen die internationalen Spielregeln ändern. Ob dies ihnen gelingen wird, besonders ob ihnen dies ohne bewaffnete Konflikte gelingen wird, das kann heute noch niemand wissen, aber wir können uns sicher sein, dass diese Absicht ein die Weltpolitik bestimmender fester und entschlossener Wille ist. Deshalb werden sie im Rahmen der Veränderung der Spielregeln versuchen, jenen Handelsüberschuss verschwinden zu lassen, der heute auf der Seite Europas ihnen gegenüber besteht. Hierauf deuten die auf einen Handelskrieg hinweisenden Auseinandersetzungen zwischen der Europäischen Union und Amerika. Sie werden im Zusammenhang mit der Einschränkung der Waffen mit den Russen eine Übereinkunft treffen und es wird ein russisch-amerikanisches Abkommen geben, und sie werden Handelspositionen ausbilden, wenn es sein muss mit Sanktionen, auch in der Relation China-USA.
Ukraine
Was werden in dem kommenden Jahr die Russen machen, meine sehr geehrten Damen und Herren? Zum Verständnis dessen müssen wir wissen, dass Russland sich selbst als ein Land betrachtet, das sich in dem Fall nicht in Sicherheit befindet, wenn es nicht von Pufferzonen umgeben ist. Deshalb wird Russland nach der Etablierung von Pufferzonen streben, ebenso wie bisher. Ein Opfer dessen ist die Ukraine. Die Ukrainer haben beschlossen, dass sie von dieser Situation, die zur einen Hälfte auf westlichem und zur anderen Hälfte auf russischem Einfluss ruht, genug haben, und sie sich der westlichen Welt anschließen wollen, und sich deshalb von der russischen Zone losreißen. Sie kommen näher, vielleicht treten sie auch der NATO bei, der Europäischen Union und errichten die moderne Ukraine. Ich sehe keine NATO-Mitgliedschaft, die Realität für eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union ist beinahe gleich Null. Und anstelle des neuen ukrainischen Staates sehe ich eine ukrainische Wirtschaft, die in Richtung der Schuldknechtschaft abdriftet. Das Ziel der Russen, den früheren Zustand wieder herzustellen, scheint nicht irreal zu sein.
Das Verhältnis zwischen Europäischer Union und Russland
In diesem Zusammenhang müssen wir über das Verhältnis der Europäischen Union und Russland nachdenken. Und erlauben Sie mir, etwas vereinfacht, jedoch durchdacht zu sagen, dass die Europäische Union heute eine primitive Russlandpolitik, eine sich auf Sanktionen und Drohungen berufende Politik verfolgt. Sie ist nicht in der Lage, Distinktionen zu treffen. Das wäre notwendig, da es innerhalb der Europäischen Union Länder gibt, die sich tatsächlich bedroht fühlen können, die tatsächlich das Gefühl haben können, dass sie ihr Leben Tag für Tag neben einem Sicherheitsrisiko verleben. Dazu gehören die baltischen Staaten und so ist es auch im Fall von Polen. Dieses Gefühl wird sowohl durch die Geschichte als auch durch die geographischen Gegebenheiten begründet. Zugleich ist es vollkommen offensichtlich, dass Ungarn keine solche Bedrohung verspürt. Die Slowakei spürt keine solche Bedrohung, auch die Tschechen nicht und auch Westeuropa nicht – und auch wir haben unsere Gründe dafür, uns so zu fühlen, wie wir es tun. Offensichtlich gibt es keine Politik, die für alle gleichermaßen gut ist, deshalb wäre es richtiger, wenn die NATO und die Europäische Union den Polen und den baltischen Staaten extra, super Sicherheitsgarantien bieten würden, und gleichzeitig den anderen Teilen Europas gestatten würde, endlich Handel zu treiben, eine wirtschaftliche Kooperation auszubauen, die Rohstoffe, die Energie und die Handelsmöglichkeit in die Möglichkeiten der eigenen wirtschaftlichen Entwicklung zu integrieren. Statt einer primitiven Russlandpolitik bräuchten wir im Fall der Europäischen Union eine gegliederte Russlandpolitik.
Der Nahe Osten
Über noch eine Ländergruppe muss ich sprechen, die immer aus dem Zentrum unseres Interesses zurücktritt. Dies ist die Ländergruppe von der Türkei, Israel und Ägypten. Ich möchte jetzt nicht lange über sie sprechen, nur soviel sagen, dass es gut wäre, wenn man hier in Tusnádfürdő und auch im Szeklerland wüsste, dass die Sicherheit Ungarns, des Szeklerlandes, des Karpatenbeckens und ganz Europas heute davon abhängt, ob die Türkei, Israel und Ägypten ausreichend stabile Länder sind, um das von dort aus nach Europa erfolgende Heraufströmen von Muslimen zu bremsen und aufzuhalten. Wenn diese Länder, wenn irgendeines von diesen dreien seine Stabilität verliert, dann wird dies schwerwiegende Konsequenzen in der Sicherheit für ganz Europa haben. Erinnern Sie sich nur daran, als im Rahmen des Arabischen Frühlings Ägypten für einen kurzen Zeitraum seine Stabilität verloren hatte, welche Auswirkungen dies hatte. Doch dies gilt auch für die Türkei. Man kann den Präsidenten mögen oder nicht mögen, man kann mit seinem politischen System sympathisieren oder nicht sympathisieren, doch eine Sache ist gewiss: Wir brauchen eine stabile Türkei, die uns vor dem unkontrollierten Hereinströmen von Massen von Migranten beschützt. Das gleiche können wir über Israel sagen. Wenn es kein Israel gibt, dann entsteht jener radikale muslimische geographische Raum, von dem Europa nur eine Bedrohung erwarten kann. Unser Interesse ist also, dass diese Länder stabil bleiben sollen, dass sie ein stabiles politisches System und eine stabile politische Führung, stabile politische Führer haben.
Die europäischen Streitkräfte
Hieraus ergibt sich eine einzige Schlussfolgerung für Europa. In einer derart komplizierten und sich verändernden internationalen Situation können wir nicht so weiterleben, wie wir das bisher getan haben. Es kann nicht sein, dass Europa nicht in der Lage ist, für sich selbst die zu seinem eigenen Schutz notwendigen Kräfte aufzustellen. Wir können nicht ständig auf Kosten der Amerikaner und unter dem amerikanischen Schutzschirm leben. Es ist gut, wenn sie hier sind, wir brauchen sie, wir brauchen die NATO, jedoch muss Europa über die Fähigkeit der eigenen Selbstverteidigung verfügen, weshalb wir eine europäische Streitkraft benötigen. Die finanziellen Grundlagen dafür sind vorhanden, die technologischen Grundlagen sind vorhanden, nur die politische Entschlossenheit fehlt. Diese müssen wir im kommenden Zeitraum erschaffen.
Der Niedergang der europäischen Zivilisation
Und schließlich möchte ich einige Sätze zu Europa sagen. Dies ist die holprigste Etappe – ich bitte Sie, sich anzuschnallen. Ich kann Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, für das nächste Jahr sagen, wenn wir Europa betrachten: Europa war einst eine große Zivilisation. Europa war einst ein die Welt formendes Kraftzentrum. Dies war so, weil es den Mut hatte, zu denken, den Mut hatte, zu handeln, weil es mutig war und sich große Sachen vornahm und diese verwirklichte. Wenn wir aus einer geistigen Perspektive die eine oder die andere Zivilisation betrachten, dann können wir die Feststellung treffen, dass dies seine eigene Literatur besitzt, nach der die Zivilisationen aus vier Dingen errichtet worden sind. Die Zivilisationen sind Dinge geistiger Natur. Sie bauen sich auf aus dem Geist der Religion, dem Geist der schöpferischen Kunst, dem Geist der Forschung und dem Geist der geschäftlichen Unternehmung. Hieraus kann eine Zivilisation aufgebaut werden. Wenn wir unser Europa betrachten, dann sehen wir hinsichtlich des Geistes der Religion, dass es seine christlichen Grundlagen verleugnet hat. Hinsichtlich des Geistes der Kunst sehen wir, dass es Zensur gibt und man uns die politische Korrektheit aufzwingt. Hinsichtlich des Geistes der Forschung können wir über unser Europa sagen, dass uns die USA überholt haben und es China auch bald tun wird. Und hinsichtlich des Geistes der geschäftlichen Unternehmung können wir über Europa sagen, dass anstelle des Geistes der geschäftlichen Unternehmung heute der Geist der Bürokratie Brüssel und die Wirtschaftsregelungen beherrscht. Diese Prozesse haben, meine sehr geehrten Damen und Herren, schon früher begonnen, jedoch zeigten sie sich besonders deutlich vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise von 2008.
Der Bankrott der europäischen Elite
Wie schwerwiegend die Situation der europäischen Zivilisation ist, dies hat die Migrantenkrise gezeigt. Ich vereinfache den komplizierten Gedanken: Wir müssen der Situation ins Auge blicken, dass die führenden Politiker Europas ungeeignet sind, sie haben Europa nicht vor der Einwanderung beschützen können. Die europäische Elite hat versagt, und das Symbol dieses Versagens ist die Europäische Kommission. Das ist die schlechte Nachricht. Die gute Nachricht ist, dass die Tage der Europäischen Kommission gezählt sind. Ich selbst habe sie auch gezählt, sie haben noch etwa dreihundert Tage und dann läuft ihr Mandat ab. Die Kommission ist eine wichtige Körperschaft in der Europäischen Union und ihre Beschlüsse haben ernsthafte Folgen für die Mitgliedsstaaten, so auch für Ungarn. Die Sache ist die, dass die Kommission laut des Grundvertrages die Wächterin des Vertrages, also des die Europäische Union erschaffenden Vertrages, genauer: der Verträge, ist. Deshalb muss sie unparteiisch, unvoreingenommen sein und die vier Freiheiten garantieren. Stattdessen ist die Europäische Kommission heute parteiisch, denn sie steht auf der Seite der Liberalen. Sie ist voreingenommen, denn sie arbeitet gegen Mitteleuropa, und sie ist kein Freund der Freiheit, denn sie arbeitet statt dem Ausbau der Freiheit an dem Aufbau eines europäischen Sozialismus. Wir sollten uns freuen, dass ihre Tage gezählt sind. Hiernach sollten wir uns die Frage stellen, warum die europäische Elite versagt hat, die heute eine ausschließlich liberale Elite ist?
Das Europa der offenen Gesellschaft
Hierauf können wir die Antwort geben – ich suche zumindest dort die Antwort –, dass sie zunächst ihre eigenen Wurzeln verleugnet hat und anstelle eines auf christlichen Grundlagen beruhenden Europas das Europa der offenen Gesellschaft errichtet. In dem christlichen Europa wurde die Arbeit anerkannt, besaß der Mensch eine Würde, waren Mann und Frau gleichberechtigt, war die Familie die Grundlage der Nation, war die Nation die Grundlage Europas und die Staaten garantierten die Sicherheit. In dem heutigen Europa der offenen Gesellschaft gibt es keine Grenzen, die europäischen Menschen kann man durch Einwanderer ablösen, die Familie ist zu einer je nach Gutdünken variierbaren Form des Zusammenlebens geworden, die Nation, das nationale Selbstbewusstsein und das Nationalgefühl gelten als negativ und überholt, und der Staat garantiert nicht mehr die Sicherheit in Europa. Im liberalen Europa bedeutet in Wirklichkeit Europäer zu sein, rein gar nichts. Das hat keine Richtung, das ist nur eine Form ohne Inhalt. Hinzu kommt noch, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass sich die liberale Demokratie in – und jetzt leiste ich der Provokation von László Tőkés in dem Moment Genüge, in dem ich etwas über den Illiberalismus sagen muss – hinzu kommt also noch, dass sich die liberale Demokratie in eine liberale Nichtdemokratie entwickelt hat. Die Situation im Westen ist die, dass es Liberalismus gibt, aber keine Demokratie.
Zensur im Westen
Den Mangel an Demokratie können wir mit dem Argument unterstützen, dass in Westeuropa die Begrenzung der Redefreiheit und die Zensur allgemein geworden sind. Die für die liberale Elite unangenehmen Nachrichten werden von den führenden Politikern der Staaten und den Technologieriesen gemeinsam kontrolliert. Wer dies nicht glaubt, der sollte diese Homepages besuchen, soll in das Netz der sozialen Medien gehen und sich anschauen, mit welchen raffinierten, listigen Methoden die Zugangsmöglichkeiten zu Nachrichten über Migranten, Einwanderer und andere in diesem Themenkreis entstandenen negativen Nachrichten verschlossen werden und auf welche Weise man die europäischen Bürger von der Möglichkeit abschneidet, mit der Wirklichkeit konfrontiert zu werden. Die liberale Konzeption der Meinungsfreiheit hat sich dahin entwickelt, dass die Liberalen die Verschiedenheit der Meinungen bis zu dem Punkt für wichtig halten, bis sie nicht erschüttert feststellen müssen, dass es auch andere Meinungen gibt. Die liberale Pressefreiheit erinnert uns an den alten sowjetischen Witz, der da lautet: Wo immer ich auch das Produkt der Fahrradfabrik zusammensetze, es wird immer ein Maschinengewehr daraus. Wie auch immer ich diese liberale Pressefreiheit zusammensetze, am Ende wird daraus Zensur und politische Korrektheit.
Die Wahlen zum Europäischen Parlament 2019
Dies ist die Diagnose, die ich Ihnen geben kann. Schauen wir, worauf wir hiernach hoffen können, was wir tun müssen, was wir tun können? Ich empfehle uns allen, liebe Freunde, dass wir all unsere Kräfte auf die 2019er europäischen Wahlen konzentrieren. Sicherlich gibt es hier viele, die sich daran erinnern, dass die alle fünf Jahre abzuhaltenden europäischen Wahlen im Allgemeinen mit einem Abwinken erledigt werden, wir sie mit einem Abwinken erledigen. Wir verspüren nicht wirklich, dass sie eine Bedeutung hätten. Hier möchte ich auch anführen, dass die europäische Elite zu beklagen pflegt, wie schade es doch sei, dass alle europäischen Wahlen in Wirklichkeit Wahlen über nationale Angelegenheiten seien und es kein Thema gebe, das eine große gesamteuropäische Frage wäre und in der die europäischen Bürger gemeinsam entscheiden könnten. Ich melde gehorsamst, diese Situation ist zu Ende gegangen, es gibt eine gesamteuropäische ernsthafte Frage, zu der man die Menschen bisher – abgesehen von Ungarn – nirgendwo befragt hat. Bei uns gab es eine Volksabstimmung über die Einwanderung. Es ist an der Zeit, dass es bei den europäischen Wahlen tatsächlich um eine große ernsthafte gemeinsame europäische Frage, um die Einwanderung und die mit ihr zusammenhängende Zukunft gehen soll, und deshalb empfehle ich auch, dass wir im kommenden Jahr all unsere Kräfte auf diese große und eine entscheidende Bedeutung besitzende Wahl konzentrieren. Wenn Europa über die Einwanderung entscheidet, dann entscheidet es natürlich auch darüber, was wir als „europäische Elite“ bezeichnen, und beantwortet die Frage, ob die europäische Elite die Frage der Einwanderung richtig gehandhabt hat. Die europäische Elite ist sichtlich nervös. Sie ist nervös, denn durch die vor uns stehenden europäischen Wahlen, durch das eventuelle, unserer Einstellung nach vorteilhafte Ergebnis könnte die großangelegte Umformung Europas, die wir nur als Soros-Plan bezeichnen, ins Stocken geraten. Das große Ziel, Europa umzuformen und Europa in das postchristliche Zeitalter zu führen und Europa in die postnationale Periode treten zu lassen, dieser Prozess kann an den europäischen Wahlen steckenbleiben, meine sehr geehrten Damen und Herren, und es ist in unserem elementaren Interesse, ihn auch aufzuhalten.
Das Unmöglichwerden der christlichen Merheitspolitik
Unsere Gegner sind schon sehr nahe am Erfolg angekommen. Wir verspüren es gar nicht, wie nah sie ihm schon sind. Und wir verspüren auch gar nicht, welche Bedeutung diese Tatsache besitzt. Ohne weitere Erklärungen möchte ich nur einen kurzen Ausblick geben. Wenn Sie an die vergangenen hundert und einige Jahre der europäischen Demokratie zurückdenken, dann können Sie jene Struktur erkennen, dass in Europa über sie im Wesentlichen der Wettbewerb zwischen den auf innerhalb der christlichen Traditionen verbliebene Grundlagen sich organisierenden Gemeinschaften, nennen wir sie christdemokratische Parteien, sowie jenen, diese Tradition in Zweifel ziehenden, aus ihr ausgetretenen Gemeinschaften vertretenden Organisationen, nennen wir sie linke liberale Parteien, entschieden hat. Europa schritt auf die Weise voran, indem diese beiden Kräfte miteinander im Wettbewerb standen. Manchmal gewann die eine, dann die andere. Dieser Wettbewerb hatte auch eine gute Wirkung. Er hat auch Energien, geistige Kräfte freigesetzt. Im Grunde genommen garantierte dieser Wettlauf die Entwicklung Europas, dies war zugleich ein politischer und ein geistiger Wettbewerb. Das war Europa bisher, das war die europäische Politik, auf diese Weise wurde die Machtfrage in Europa entschieden. Aber, meine lieben Freunde, wenn sich jene Situation herausbildet, dass es in den verschiedenen Ländern jeweils eine die zehn Prozent erreichende oder sie übersteigende muslimische Bevölkerung geben wird, über die wir mit Sicherheit wissen, dass sie niemals ihre Stimme einer christlichen Partei geben wird, und wenn wir dies zu den die christlichen Traditionen bereits aufgegebenen europäischen Ureinwohnern hinzurechnen, dann muss ich sagen, wenn die Situation diese sein wird, dann wird man in Europa auf christlicher Grundlage nie mehr eine Wahl gewinnen können, und die die christlichen Traditionen bewahrenden Gruppen und die christliche Tradition wird aus der Sphäre der Macht verdrängt werden und man wird ohne sie über das Schicksal Europas entscheiden. Das ist hier die Situation und das ist hier das Ziel, und wir sind so nah daran, dass dies eintritt, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Christdemokratie
Deshalb sind die vor uns stehenden Wahlen von entscheidender Bedeutung, bei diesen Wahlen müssen wir zeigen, dass es eine Alternative zur liberalen Demokratie gibt. Diese heißt Christdemokratie, und man kann auch die liberale Elite durch eine christdemokratische Elite ablösen. Im Zusammenhang zwischen Christentum und Politik gibt es natürlich zahlreiche Zusammenhänge in Mitteleuropa, auch an dieser Stelle muss ich eine Anmerkung in Klammern machen. Bei der Christdemokratie geht es nicht darum, dass wir Glaubenssätze, in diesem Fall christliche Glaubenssätze verteidigen müssen. In der Frage von Verdammnis und Erlösung sind weder die Staaten noch die Regierungen zuständig. Die christdemokratische Politik bedeutet, dass man die aus der christlichen Kultur emporgewachsenen Daseinsformen verteidigen muss. Nicht die Glaubenssätze, sondern die aus ihnen hervorgegangenen Lebensformen. So eine ist die Würde des Menschen, so etwas ist die Familie, so etwas ist die Nation, denn das Christentum will nicht auf dem Weg der Liquidierung der Nationen zur Universalität gelangen, sondern über die Bewahrung der Nationen, und solche sind auch unsere Glaubensgemeinschaften – dies alles muss man schützen und stärken, das ist die Sache der Christdemokratie und nicht die Verteidigung der Glaubenssätze.
Illiberale Demokratie
Wenn wir bis an diesen Punkt angelangt sind, dann müssen wir nur noch eine Falle umgehen, eine einzige geistige, natürliche Falle, denn der Mensch ist ja nun mal so, dass er seine Komfortzone nicht gern verlässt, seinen Diskussionspartnern gegenüber gerne Konzessionen macht, doch in Fragen geistiger Natur ist dies eher schädlich als vorteilhaft. Hier hängt, hier tanzt ein Köder vor unserer Nase. Und dieser ist nichts anderes als der Satz, laut dem in der Wirklichkeit auch die Christdemokratie liberal sein könne. Ich empfehle uns allen, nicht zu hastig zu sein, damit wir nicht zufällig am Angelhaken hängen bleiben, denn wenn wir dies akzeptieren, dann verliert jener Kampf, verliert jene Auseinandersetzung, die wir bisher geführt haben, ihren Sinn, und dann haben wir vergebens gearbeitet. Sprechen wir es ruhig aus, dass die Christdemokratie nicht liberal ist. Die liberale Demokratie ist liberal, die Christdemokratie ist per definitionem nicht liberal, sie ist, sozusagen, illiberal. Und das können wir in einigen wichtigen Angelegenheiten, sagen wir in drei großen Angelegenheiten konkret auch formulieren. Die liberale Demokratie steht auf der Seite des Mulitkulti, während die Christdemokratie den Vorrang der christlichen Kultur einräumt, was ein illiberaler Gedanke ist. Die liberale Demokratie befürwortet die Einwanderung, die Christdemokratie ist gegen die Einwanderung, was ein echter illiberaler Gedanke ist. Und die liberale Demokratie steht auf der Seite der variierbaren Familienmodelle, während die Christdemokratie auf der Grundlage des christlichen Familienmodells steht, was ebenfalls ein illiberaler Gedanke ist.
Die 68er Elite
Meine sehr geehrten Damen und Herren, überwinden wir uns also, gehen wir auf diese geistige Diskussion ein und wappnen wir uns auf diese Weise für die Wahlen zum Europäischen Parlament! Wir stehen vor einem großen Moment, wir werden sehen, ob er eintritt. Die Chance ist vorhanden, doch werden wir im Mai des kommenden Jahres uns nicht einfach nur von der liberalen Demokratie, den darauf errichteten liberalen undemokratischen politischen Systemen verabschieden können, sondern auch von der '68er Elite, so wie sie ist.
Die 90er
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn die '68er Elite geht, dann müssen wir nur noch eine einzige Frage beantworten: Wer kommt? Und hierauf müssen wir die bescheidene Antwort geben, dass wir kommen. Nüchtern, ruhig, zurückhaltend müssen wir sagen, dass die '90er kommen. An die Stelle der '68er kommen die '90er. Die antikommunistische, christlich verpflichtete, über Nationalgefühl verfügende Generation kommt jetzt in der europäischen Politik. Vor dreißig Jahren haben wir noch gedacht, Europa sei unsere Zukunft, und heute denken wir, dass wir die Zukunft Europas sind. Vorwärts! Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!