30. Oktober 2019, Budapest
Guten Tag meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich begrüße Russlands Präsidenten und seine Delegation respektvoll auch auf der Pressekonferenz. Die Praxis reicht lange Jahre zurück, dass wir jedes Jahr einmal ein russisch-ungarisches Treffen auf hoher Ebene durchführen, dessen Sinn darin besteht, den Stand der bilateralen Verbindungen zu überblicken. Als wir uns diese Methode ausgedacht hatten, setzten wir uns das Ziel, jedes Jahr einen Schritt vorwärts auf dem Gebiet der wirtschaftlichen und der politischen Zusammenarbeit zu machen. Zurückblickend muss ich sagen, es gab erfolgreichere und weniger erfolgreichere Jahre. Es kam vor, dass wir nur kleine Schritte wie ein Huhn nach vorne gemacht haben, und es kam vor, dass wir mit einem Siebenmeilenstiefel voranschritten. Das letzte Jahr gehört der letzteren Kategorie an. Wenn wir auf die vergangenen Jahre zurückblicken, dann können wir sehen, dass seit der Einführung der Sanktionen gegen Russland im Jahr 2018 dies das erste Jahr ist, in dem der Handelsverkehr zwischen den beiden Ländern erneut gestiegen ist. 2018 ist also ein äußerst wichtiges Jahr hinsichtlich der russisch-ungarischen wirtschaftlichen Verbindungen. Der Verkehr überstieg erneut die 6 Milliarden Dollar, und liegt irgendwo um 6,5 Milliarden Dollar. Wir haben aus der ungarischen Absicht nie einen Hehl gemacht. Über den gegenseitigen Respekt hinaus stellt die Ehrlichkeit die Grundlage für die Zusammenarbeit der beiden Länder dar, und die Fakten sind dergestalt, dass in diesem Handel Russland über einen riesigen Überschuss verfügt, der daraus entspringt, dass wir Öl, Gas, Energie kaufen. Das ist eine Situation im Ungleichgewicht, und wir arbeiten daran, sie ins Gleichgewicht zu bringen, und dazu gibt es zwei Methoden. Die eine ist, dass wir mit Russland darüber übereinzukommen versuchen, das Gebiet Russlands als Investitionszielpunkt ansehen zu dürfen, und dort Investitionen, Kapitalinvestitionen in Russland zu tätigen. Das andere Instrument ist, über ausreichend exportfähige Produkte zu verfügen, die der russische Markt aufnimmt. Wenn diese beiden Dinge funktionieren, dann verbessert sich das Gleichgewicht von unserem Gesichtspunkt aus, und wenn wir es gut machen, dann bringt dies auch Vorteile für die russische Wirtschaft mit sich. Das ist jene Position des gegenseitigen Gewinns, auf dessen Pfad wir voranzuschreiten versuchen.
Über die wirtschaftliche Zusammenarbeit hinaus gibt es zwischen den beiden Ländern auch eine politische Zusammenarbeit. Von ungarischer Seite ist die Grundlage dieser Zusammenarbeit die sehr einfache geographische Tatsache, dass kein einziges Land seine Hausnummer verändern kann, jedes Land liegt dort, wohin es der liebe Gott geschaffen hat. Dies bedeutet für Ungarn, dass wir unser Leben in den vergangenen 1.100 Jahren in einem Dreieck Moskau-Berlin-Istanbul gelebt haben und es heute auch dort leben, und das Ziel der ungarischen Politik ist, dass alle Großmächte der Welt am Erfolg Ungarns interessiert sein sollen, aber besonders interessiert sollen jene Länder sein, die in regionaler Hinsicht einen entscheidenden Einfluss auf unser Leben ausüben. In diese Reihe und dazu gehört auch die russisch-ungarische Zusammenarbeit. Ungarn ist natürlich Mitglied sowohl der NATO als auch der Europäischen Union, das wird es auch bleiben, doch schließt dies nicht aus, dass wir in bestimmten Fragen eine politische Zusammenarbeit mit Russland etablieren, und wir sind dies zu tun sowohl jetzt als auch in der Zukunft bestrebt.
Die herausragenden Gebiete der politischen Zusammenarbeit sind die folgenden: Am heutigen Tag werden wir noch ein Treffen mit verfolgten christlichen Kirchenführern haben. Dies zeigt, dass ein Gebiet der politischen Zusammenarbeit der Schutz der christlichen Gemeinschaften weltweit ist. Dies ist von ungarischer Seite die Fortsetzung der Traditionen des Heiligen Stephan. Eine politische Zusammenarbeit gibt es zwischen uns hinsichtlich der Migration. Wir beide kennen die Gefahren, die darin liegen. Auch heute befinden sich auf der Balkanroute, also zwischen der Türkei und Ungarn 96 tausend Migranten, die sich Richtung Norden bewegen. Dies erfüllt uns mit Sorge, und zwingt uns zum Schutz der Grenze. In anderen Dimensionen hat aber auch Russland Probleme des Grenzschutzes und der Migration. Es gibt eine politische Zusammenarbeit zwischen uns hinsichtlich der Stabilität des Nahen Ostens. Ungarn ist sich selbstverständlich genau seiner Ausmaße, seiner Bedeutung und seiner Stellung bewusst, doch kennt es auch seine Interessen sehr genau. Und heute ist die Welt derart, dass es im Nahen Osten ungarische Interessen gibt, denn wenn sich jene Region destabilisiert, dann kommen von dort in steigender Zahl Migranten Richtung Europa, die dann über Ungarn auf den Kontinent gelangen wollen. Deshalb sind wir daran interessiert, dass im Nahen Osten, auch in Syrien möglichst militärische und politische Stabilität herrschen soll. Die Presse pflegt im Allgemeinen nicht darauf zu achten, aber ich würde an dieser Stelle erwähnen, dass sich unsere Zusammenarbeit auch auf die im Irak lebenden Kurden erstreckt, die kurdische Regierung von Erbil wird seitens Ungarns durch militärische Ausbildung, Soldaten und auch finanziell unterstützt. In den Bereich der politischen Zusammenarbeit gehört auch, dass Ungarn an der Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen der NATO und Russland interessiert ist. Es gibt eine ungarische Erfahrung, die eine historische und politische Erfahrung zugleich ist: Wenn die Beziehungen zwischen der westlichen und der östlichen Hälfte Europas, also zwischen der NATO und Russland schlecht sind, wenn das Verhältnis gespannt ist, dann verliert dadurch Ungarn immer nur. Wenn die Beziehungen gut sind, dann gewinnt Ungarn daran immer. Deshalb sind wir daran interessiert und werden es auch in Zukunft sein, dass sich die Zusammenarbeit zwischen den westlichen Strukturen und Russland so gut wie möglich entwickelt.
Abschließend möchte ich Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, noch so viel sagen, dass nach der Pressekonferenz jene Listen zugänglich sein werden, in denen es um die Investitionen geht. Jetzt möchte ich nur so viel sagen, dass wir auf dem Gebiet Russlands erfolgreich Investitionen im Bereich der Fleischindustrie getätigt haben, mit Erfolg haben wir auch Investitionen im Bereich der Humanmedizin und der Arzneimittelherstellung vorgenommen. In den vergangenen Jahren hat Ungarn also dank der Zusammenarbeit mit der russischen Regierung nicht nur seinen Export nach Russland erhöhen können – hinsichtlich von Saatgut nehmen wir zum Beispiel einen recht vornehmen Platz ein –, sondern wir konnten auch die Zahl der in Russland geschaffenen ungarischen Fabriken und deren Kapazität erhöhen. Insgesamt entwickelten sich die Beziehungen zwischen den beiden Ländern vom ungarischen Gesichtspunkt aus gesehen auf erfreuliche Weise, und deshalb möchte ich Russlands Präsidenten und der Regierung Russlands meinen Dank aussprechen.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!