21. Februar 2020. Brüssel (Bruxelles/ Brussel)
Ich versuche die Dinge zusammenzufassen. Seit gestern Nachmittag werden hier im Wesentlichen – mit kurzen Schlafunterbrechungen – pausenlos Verhandlungen in den verschiedenen Formationen geführt. Manchmal verhandeln wir mit dem Ratspräsidenten, dann verhandeln die V4, dann die „Freunde der Kohäsion,” manchmal gibt es verschiedene Gespräche zwischen zwei Seiten. Ich bin gerade jetzt von den V4 gekommen, und werde gleich zu dem Treffen zwischen den V4 sowie Macron–Merkel gehen. An Ereignissen haben sich die Dinge derart gestaltet, dass der Präsident des Rates, Charles Michel, einen Vorschlag darüber gemacht hat, wie viel die Mitgliedsstaaten jeweils einzeln für sich und gemeinsam einzahlen müssen, damit der Haushalt über die notwendige Einnahmeseite verfügt. Diesen Vorschlag haben vier Länder, die sich jetzt gegründet haben – man nennt sie F4, das sind die reichen Länder: Österreich, Schweden, Dänemark und die Niederlande –, zurückgewiesen, und sie sagten, sie seien nur zur Einzahlung von 1 Prozent in den Haushalt bereit. Das 1 Prozent bedeutet, dass sie 1 Prozent ihres Bruttonationaleinkommens, des GNI, also ihrer Wirtschaftsleistung anbieten. Hierauf hat sich heute früh die Gruppe „Freunde der Kohäsion” mit siebzehn Ministerpräsidenten zusammengesetzt und wir haben einen Gegenvorschlag gemacht. Wir sagten, das sei inakzeptabel, wir haben ein Gegenangebot, und wir sagten, man müsse alles in eine Relation zu der durch das Parlament vorgeschlagenen Summe setzen, und das Parlament hat eine 1,3 prozentige Einzahlung im Verhältnis zum GNI vorgeschlagen, und wir haben beschlossen – denn der Appetit kommt während des Essens, und wir dachten, siebzehn ist mehr als vier –, dass wir uns auch von der Gruppe „Freunde der Kohäsion” in die Gruppe „Haushalt des Ambitionierten Europa” umwandeln können und wir den Standpunkt einnehmen, wenn wir ein ambitioniertes Europa wollen, dann ist dafür auch ein ambitionierter Haushalt notwendig, er muss nah an den 1,3 Prozent, an der durch das Parlament vorgeschlagenen Summe liegen. Jetzt stehen wir hier. Meiner Ansicht nach gibt es keine Möglichkeit für einen Kompromiss zwischen den beiden Standpunkten, und wenn es keine Vereinbarung darüber gibt, wie groß die Einzahlungsseite des Haushaltes sein wird, also über wie viel Geld wir diskutieren, dann können wir auch nicht darüber sprechen, wie wir es verteilen sollen. In diesem Augenblick sind wir also sehr weit von einer Vereinbarung entfernt, es gibt zwei voneinander weit entfernte Standpunkte, und wir werden irgendwann in der Zukunft die Gespräche fortsetzen. Jetzt wird es noch einen verzweifelten Versuch des Ratspräsidenten geben, irgendeine Vereinbarung zu schaffen, aber die Entfernung zwischen dem 1 und den 1,3 Prozent ist derart groß, dass man sie nicht überbrücken kann, heute wird es also auch keine Vereinbarung geben. Das ist die ungarische Bewertung der Lage.