11. September 2020, Lublin

Ich begrüße Sie recht herzlich. Der polnische Ministerpräsident hat alles gesagt, was wichtig ist. Aus ungarischer Perspektive füge ich zwei Bemerkungen hinzu.

Die erste ist, dass in der Frage von Belarus Ungarn die polnischen Anstrengungen unterstützt. Darüber sind wir bereits vor Wochen mit dem Herrn Ministerpräsidenten übereingekommen, und seitdem unterstützen auch wir kontinuierlich die polnische Annäherung an die Frage. Wir freuen uns über den heutigen Vorschlag von Herrn Ministerpräsident Morawiecki, der in Richtung Belarus eine strategische Annäherung anwendet. Die Demokratie ist wichtig, die Menschenrechte sind wichtig, doch diese zu fordern, wird nicht genug sein. Mehr ist notwendig, eine strategische Herangehensweise, und der polnische Vorschlag zielt heute darauf ab, er macht am ehesten den Vorschlag für einen wirtschaftlichen Pfeiler für die strategische Zusammenarbeit. Meiner Ansicht nach werden wir in einigen Wochen auch an dem Punkt ankommen, um nach der Wirtschaft auch das militärpolitische, das sicherheitspolitische Bein eines großen strategischen Vorschlags zu formulieren, doch dazu wird die Sitzung des Europäischen Rates notwendig sein, denn die Sicherheits- und geostrategischen Fragen überschreiten den Wirkungskreis auch der V4, sodass wir – ich sage es noch einmal – Polen in seiner Politik im Zusammenhang mit Belarus unterstützen.

Was die Epidemie angeht, so bedanke ich mich für die Kooperation, die die anderen Ministerpräsidenten gezeigt haben. Wir möchten ein Koordinierungssystem aufstellen, das selbst innerhalb einer Stunde Konsultationen im Kampf gegen die Epidemie ermöglicht. Ungarn teilt auch hier die polnische Annäherung. Bei der ersten Welle haben wir uns auf ein einziges Ziel konzentriert, das Virus um jeden Preis aufzuhalten. Auch jetzt ist es wichtig, Menschenleben zu retten, doch ist auch ein neuer Gesichtspunkt aufgetaucht, deshalb müssen wir jetzt bei der zweiten Welle eine neue Strategie anwenden. Und der neue Gesichtspunkt ist der, dass es nicht ausreicht, sich gut hinsichtlich der Zahl der Erkrankungen und der Todesfälle zu verteidigen, das reicht nicht aus, sondern man muss gleichzeitig auch die Funktionsfähigkeit der Länder und der Wirtschaften aufrechterhalten. Es ist also in unserem Interesse – Ungarn, aber auch den drei anderen Ländern geht es so –, dass die Funktionsfähigkeit der gesamten mitteleuropäischen Wirtschaft aufrechterhalten bleiben soll. Es reicht nicht aus, sich gut zu verteidigen, wir müssen uns auf die Weise gut verteidigen, dass dabei unsere Wirtschaften funktionieren. Das ist die Aufgabe, die wir lösen müssen. Diese Aufgabe muss ein jeder in erster Linie bei sich zu Hause lösen, doch danach wäre es auch im Rahmen der mitteleuropäischen wirtschaftlichen Zusammenarbeit lohnenswert, diese Linie zu verfolgen und einander dabei zu helfen. Jetzt, in den Zeiten der Pandemie, ebbt unsere Begeisterung ein bisschen ab, bei allen Zusammenkünften der V4 pflegen wir zu sagen, unsere Wirtschaften seien die Lokomotiven der europäischen Entwicklung, unser Wachstum übertreffe das der Westler bei weitem. Und ich wünschte mir, diese Erkenntnis, diese Begeisterung würde nicht verschwinden, denn jetzt leiden wir zwar unter der Epidemie, doch müssen wir das Potential, jene Entwicklungsmöglichkeit, die in unseren Wirtschaften steckt, auch weiter zur Geltung kommen lassen, damit jener historische Prozess, auf den wir und alle vier eingeschworen haben, weitergeht, nämlich unsere Länder und die gesamte Region zu den lebenswertesten Ländern und der lebenswertesten Region Europas zu machen, also unseren wegen des Kommunismus entstandenen Rückstand verschwinden zu lassen. Dieses Ziel wollen wir nicht einmal in der Zeit der Epidemie aufgeben. Ich freue mich, dass es heute auch in dieser Hinsicht Eintracht zwischen uns gab.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!