31. Juli 2020
Katalin Nagy: Es gibt bereits 17 Millionen durch das Virus infizierte Menschen weltweit, aber auch in der Gegend Ungarns scheint sich die Viruslage zu verschlechtern. Wenn wir nur die Ukraine, Rumänien oder Serbien betrachten, doch ist in den vergangenen Tagen die Zahl der Infizierten auch schon in Österreich, ja auch in Tschechien angestiegen. Ich begrüße im Studio Ministerpräsident Viktor Orbán! Wie lange kann man es noch durchhalten, wie lange kann man es noch abwehren, dass auch in Ungarn die Zahl der Infizierten erneut nach oben anzusteigen beginnt?
Guten Morgen! Das ist die Eine-Million-Dollar-Frage. Wenn ich das beantworten könnte, dann wäre ich nicht Ministerpräsident, sondern Wahrsager oder irgendeine Art von Orakel. Ich kann nicht voraussagen, was geschehen wird, ich kann nur sagen, was wir machen müssen. Erstens darf man die planmäßige, nüchterne und berechenbare Verteidigung nicht aufgeben. Uns darf der Elan, die Begeisterung, das Herz, der Sommer, der Plattensee, der Sommerurlaub nicht mit sich reißen, sondern wir sollten immer im Kopf haben, gut, im Hinterkopf, aber doch im Kopf, dass das Virus sich hier unter uns befindet. Es gibt noch keinen Impfstoff, wir können uns noch nicht von ihm befreien. Wir müssen mit ihm zusammenleben, und wenn wir falsch mit ihm zusammenleben, dann wird das Folgen haben.
Also wenn auch die Maske unbequem ist, sollte man sie dennoch tragen.
Und wir sollten auch die Distanz einhalten usw. Wie kann die Regierung helfen? Die Regierung versucht zunächst einmal berechenbare Entscheidungen zu treffen. Aus diesem Grund haben wir uns auf der Regierungssitzung am Mittwoch über lange Stunden hinweg uns mit der Seuchenlage beschäftigt. Und wir haben beschlossen, dass der Operative Stab, der ansonsten tätig ist, und wir haben auch eine Aktionsgruppe für Fragen des Seuchenschutzes, die Menschen wissen es nicht, denn sie sind im Sommerurlaub, sie beschäftigen sich mit ihren eigenen Dingen, doch im Hintergrund hinter dieser Ruhe oder dieser relativ guten Situation stehen ständig mehrere hundert Menschen in Bereitschaft. Sándor Pintér beginnt jeden Tag in der Früh genauso die Arbeit. Er berät sich mit den entsprechenden Teilen des Operativen Stabes. Miklós Kásler beobachtet die Gesundheitslage, er kommandiert die Truppen, die Krankenhäuser. Hier arbeitet also im Hintergrund ohne viel Aufhebens zu machen – denn jetzt haben wir den Gipfel der Epidemie hinter uns – mit der zuverlässigen, berechenbaren Präzision eines Maschinenraums ein Verteidigungssystem. Der Operative Stab hält seine Sitzungen ab. Am Dienstag werden sie, immer dienstags machen sie der Regierung Vorschläge, wenn irgendeine Modifizierung notwendig geworden ist. Die Regierung kann am Mittwoch darüber entscheiden. Und unsere Entscheidung werden dann am Freitag in Kraft treten. Das ist in erster Linie für jene wichtig, die die Landesgrenze überqueren, denn die Gefahr ist jetzt, dass sie, dass wir das Virus in das Land hereinschleppen. Ich bitte einen jeden, die Einteilung der Länder und Meldungen darüber zu verfolgen. Es gibt ja grüne, gelbe und rote Länder. Hier zu Hause ist es ja am sichersten, hier können wir aufeinander aufpassen. Wir sollten auch auf uns achtgeben, aber natürlich reist ein Teil der Menschen ins Ausland. Aber wenn man fährt, dann möchte ich einen jeden mit großem Respekt darum bitten, die grünen Länder, die mit Grün markierten Länder zu wählen, nicht die gelben, nicht die roten, denn damit kann er nicht nur sich selbst in Schwierigkeiten bringen, sondern auch im Übrigen die zu Hause bleibenden und sich diszipliniert verteidigenden Menschen. Wenn wir jetzt die Situation der uns umgebenden Welt betrachten, dann sehen wir, dass vielerorts die zweite Welle begonnen hat. In den uns umgebenden Ländern verschlechtert sich die Lage, so wie Sie das gesagt haben. Und sie verschlechtert sich auch in Westeuropa, die Lage ist zwar weniger dramatisch, jedoch eindeutig. Die ungarische Verteidigung hat sich bewährt. Ich habe jetzt das Gefühl, dass die Intensität, die Kraftaufwendung, die Reguliertheit der Verteidigung gut eingestellt ist. Wenn wir also das beibehalten, wie wir bisher gelebt haben und wie wir bisher mit dem Virus zusammengelebt haben, dann wird es keine Probleme geben.
Deshalb ist es auch notwendig, dass – wie Sie entschieden haben – man auch weiterhin, also auch nach dem 15. August keine musikalischen und Tanzveranstaltungen ausrichten darf, an denen mehr als 500 Personen teilnehmen?
Zuerst lassen Sie mich über die guten Nachrichten sprechen – wir sind ja jetzt nicht in der Situation, wie wir zur Zeit der ersten Welle der Epidemie waren. In Ungarn gibt es ja heute alles, was zur Verteidigung notwendig ist. Die Menschen hatten also gute Gründe für ihre über das Gewohnte hinausgehenden Befürchtungen, für ihre Angst um den März herum, als die ganze Welt so einer Seuche unvorbereitet gegenüberstand, Ungar hier mit inbegriffen. Im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass im Übrigen das ungarische Gesundheitssystem, das wir aus irgendeinem rätselhaften Grund ständig abqualifizieren, wir sprechen ständig herablassend darüber, und hier, in der Situation der Seuchenschutznotlage hat es sich herausgestellt, dass es eines der die besten Ergebnisse aufzeigenden Gesundheitssysteme Europas ist. Nicht einfach nur das Land hat eine gute Leistung gezeigt, sondern innerhalb dessen hat auch das Gesundheitssystem eine ausgezeichnete Leistung erbracht. Wir haben sehr gute Ärzte, wir haben sehr gute Pfleger, wir haben sehr gute Krankenschwestern. Mit der Verwaltung der Krankenhäuser ist zwar nicht alles in Ordnung, aber auch mit europäischem Maßstab gemessen arbeiten unsere Krankenhäuser auf verwaltete, geordnete Weise. Und auch der Umstand spielt eine Rolle, dass wir über eine Gesundheitsindustrie verfügen, der wir gerade jetzt viele Milliarden Forint gegeben haben, damit wir an den Punkt gelangen, dass wir im Übrigen langfristig eine möglichst breite Skala der im Gesundheitswesen benutzten Instrumente selber herstellen können. Alles, was zum Schutz gegen die Epidemie notwendig ist, und was unsere Einkäufer und Händler die Welt bereisend einkaufen mussten – die das im Übrigen auch mit Erfolg getan haben. Jetzt ist also demgegenüber die Situation, dass wir die zur Verteidigung notwendigen Mittel selber herstellen. Es gibt also Beatmungsgeräte in notwendiger Zahl und wir stellen sie her. Es gibt genügend Masken, und wir stellen so viele her, wie es notwendig ist. Von allen Schutzmitteln stellen wir so viele her, wie sie notwendig sind. Dies ist also schon eine andere Situation, eine viel sicherere Situation. Es steckt die Arbeit von vielen hundert, ja eher von mehreren tausend Menschen darin, dass wir heute selbstbewusst über diese Situation sprechen können. Aber die Instrumente sind nichts wert, wenn ansonsten die Regeln, die Regeln des Alltagslebens nicht gut, nicht genau sind bzw. die Menschen diese nicht einhalten. Deshalb ist auch gerade die Nationale Konsultation wichtig, damit wir auf die Weise die Verteidigung gegen die nächste Welle erreichen, dass es keine Diskussionen über irgendetwas gibt, da wir bereits alles besprochen, alle wichtigen Fragen entschieden haben. Die Regierung hat auf Grund dessen die Entscheidungen getroffen, und es gibt nur eine einzige Sache hinsichtlich der Regierung und auch der Staatsbürger, nämlich diese konsequent einzuhalten. Unserer Ansicht nach ist die gegenwärtige Situation gut, die Lage stagniert, und jede Veränderung, die wir eventuell vornehmen würden, kann das Risiko der Verschlechterung der Lage mit sich bringen – und das wollen wir nicht eingehen. Ich beginne ja jeden Morgen meinen Tag damit, dass ich nachsehe, ob ein Ungar gestorben ist. Und danach schaue ich nach, ob ein ungarischer Mensch sich infiziert hat. Die Situation ist ja auch weiterhin die, dass die Alten in der größten Gefahr schweben, unsere Eltern und Großeltern. Achten wir auf sie, kümmern wir uns um sie, ihnen soll nichts zustoßen! Denn natürlich können auch die Jüngeren die Seuche erleiden, aber sie gesunden von ihr. Und die Alten kann sie mit sich nehmen. Es ist also sehr wichtig, dass unsere Liebe zu unseren Eltern und Großeltern sich jetzt nicht nur allgemein in schönen Worten artikuliert, sondern auch in diszipliniertem Verhalten. Ich möchte also in Ungarn keine Zustände erleben, in denen wir glauben, die Dinge würden gut laufen, wir führen Lockerungen ein, und gerade infolgedessen sterben dann Menschen, die ansonsten noch weiterleben könnten. Dementsprechend schlage ich vor und bitte einen jeden, dies zu akzeptieren, dass nachdem jetzt das Niveau der Verteidigung gut eingestellt ist und jede Veränderung ein Risiko bedeuten würde: Wir sollten nichts riskieren! Alles soll so bleiben, wie es ist! Das bedeutet natürlich für viele Menschen eine ernsthafte materielle, eine existenzielle Belastung. Besonders für jene, die davon leben, dass wir uns versammeln, damit sie uns Kultur, damit sie uns Kunst geben können, damit sie uns mit ihrer Kunst erheben. Hierfür wird es jetzt weniger Möglichkeiten geben, bzw. nur insofern wie auch bisher. Für die Gattung der ernsten Musik und die ernsten Genres haben wir bereits früher ein viele Milliarden umfassendes Paket an die Ungarische Akademie der Künste überwiesen. Soweit ich es sehe, sind da die Bedingungen für das Überleben gesichert. Und jetzt, es ist Sommer und die Zeit der Festivals, jetzt müssen wir uns um jene kümmern, die sich mit der Unterhaltungsmusik beschäftigen bzw. man muss mit ihnen irgendeine Form der Zusammenarbeit etablieren. Die Regierung hat auf ihrer Sitzung am Mittwoch mehr als fünf Milliarden Forint bereitgestellt und die Tourismus Agentur hat ein Programm ausgearbeitet, laut dem wir Garagenkonzerte empfehlen. Diese werden wir aufnehmen, später werden die ungarischen Medien diese vorstellen können. Man kann also schöpferisch tätig sein. Das ist aus dem Grund wichtig, da wir, wenn wir über die Unterhaltungsmusik sprechen, nur die auf der Bühne stehenden Menschen sehen. Auch ich war überrascht, als ich jetzt auf der Regierungssitzung die Vorlagen las, wie viele Dutzende von Menschen, die wir nicht kennen, sie auch gar nicht sehen, dazu notwendig sind, dass so eine Darbietung entstehen kann. Beleuchter, Toningenieure, Stallmeister, also da gibt es vieles im Hintergrund. So eine Reihe von Garagenkonzerten kann ihnen helfen. Und es gibt ein spezielles Genre, das dem Herzen vieler ungarischer Menschen nahesteht. Auch ich gehöre zu dem Lager der Bewunderer. Wir sind so einige, die die Liebhaber der Zigeunermusik sind. Und sie stecken ganz besonders in Problemen. Also haben wir innerhalb der vielen Milliarden von Forint eine Summe, so etwa 800 Millionen Forint ausgesprochen zur Unterstützung der Zigeunermusiker bereitgestellt bzw. damit wir ihnen helfen können, diese schwierige Zeit zu überstehen. Ich glaube also, die Regierung hat getan, was möglich war, und ich hoffe, dies wird für die Künstler eine Hilfe darstellen.
Wenn wir die frischesten Zahlen betrachten, dann haben die sich dahingehend entwickelt, dass heute 4 Millionen 457 tausend Menschen arbeiten. Diese Zahl beträgt nur um 38 tausend weniger als vor der Epidemie.
Ja, aber sie ist geringer.
Dies zeigt, dass die Maßnahmen zum Schutz der Wirtschaft und der Neustart der Wirtschaft ihren Zweck erreicht haben?
Das ist die dritte Zahl, mit der ich nach dem Aufwachen meinen Tag beginne. Wie viele sind gestorben? Da stehen wir zum Glück gut da. Wie viele sind infiziert worden? Und wie viele Menschen arbeiten? Die ungarischen Beschäftigungsstatistiken ähneln einem Dschungel. Es gibt verschiedene Kennziffern, gerechnet auf unterschiedlicher Basis. Wenn man also einen Bericht in die Hand nimmt, dann erhält man Zahlen aus vier-fünf Perspektiven. Da muss man schon gut in Form sein, um sich auszukennen. Auch mir gelingt das nicht immer. Deshalb konzentriere ich mich auf eine einzige Zahl. Darauf, wie viele Menschen am gestrigen Tag, in der vorigen Woche – je nachdem, wie die Daten erhoben worden sind – gearbeitet haben. Und vor der Epidemie haben etwa 4,5 Millionen Menschen gearbeitet, jetzt sind es um 31 tausend und einige weniger. Übrigens arbeiten jetzt im Juli mehr Menschen als noch im Januar. Insgesamt ist also zwar unser Schwung hinsichtlich des Anwachsens in der Beschäftigung, also der arbeitenden Menschen erlahmt, doch ist es gelungen ihn wieder herzustellen. Und meiner Ansicht nach brauchen wir noch einige Wochen, und ich werde Ihnen sagen können: „Wir haben erfüllt, was wir versprochen hatten.“ Die Regierung hat etwas sehr Großes auf sich genommen, als sie sagte: „Wir werden so viele Arbeitsplätze schaffen, wie das Virus vernichtet.“ ich habe nichts davon gehört, dass irgendwo in Europa jemand dies in Aussicht gestellt hätte. Wir haben dies auf uns genommen, und zwar nicht, dass eines Tages so viele arbeiten werden, sondern bald, in absehbarer Zeit, und dazu wird es als Ergebnis unserer Maßnahmen kommen. Wir sind sehr nah daran, dass ich Ihnen und dem sich dafür interessierenden Teil der öffentlichen Meinung des Landes vermelden kann, dass dies eingetreten ist. Wir brauchen noch einige Wochen, aber wir werden uns selbst einholen.
Aber Herr Ministerpräsident, die Skeptiker sagen jetzt, im Sommer nehme doch mit den Saisonarbeitern die Zahl der Beschäftigten immer zu. Möglicherweise verbessert das die Statistik.
Zweifellos gibt es eine saisonale Veränderung innerhalb eines Jahres. Deshalb sagte ich, wie wir im Vergleich zum Januar dastehen. Natürlich muss man immer die Daten des einem Monats im Lichte der Daten des Vormonats betrachten, und man muss sie sich auch immer im Lichte der Daten des gleichen Monats im Vorjahr ansehen. So erhält man ein abgerundetes Bild. Doch sage ich es noch einmal, das Wesentliche ist, dass wir so viele Arbeitsplätze schaffen, wie das Virus kaputtgemacht hat, und dann ist es gleichgültig, aus welcher Perspektive wir es betrachten: Es wird auf jede Art und Weise gut aussehen.
Was geschieht, wenn die zweite Welle kommt? Muss man dann die Maßnahmen zum Schutz der Wirtschaft erneuern oder muss man neue treffen?
Zunächst einmal lassen Sie mich sagen, dass wir eine spezielle Form der Verteidigung, also der wirtschaftlichen Verteidigung ausgeformt haben. Während der Schlacht pflegt man ja nicht darüber zu reden, wie die Geschichte der Schlacht geschrieben werden wird. Das kommt erst danach. Doch soviel kann ich verraten, man beobachtet, welche Instrumente die anderen anwenden und wie sie arbeiten. Unser Metier, also das Regieren und die Staatsführung, ist ein internationales Metier. Das verleiht ihm eine ihrer Schönheiten und auch ihren intellektuellen Horizont. Das ist also eine schöne schöpferische Arbeit, denn alles, was du heute machst, hat jemand schon am Vortag, in der vorigen Woche oder vor vielen Jahren schon getan, du musst es nur finden und verstehen, musst es lesen, musst es auffassen, musst es für Ungarn adaptieren. Dies beinhaltet zweifellos auch eine intellektuelle Tiefe und auch Schönheit. Und ich beobachte auch, wer welche Instrumente benutzt. Und es ist sehr wichtig, welches Ziel wir uns stecken. Mir pflegt György Matolcsy viel zu helfen, mit dem ich regelmäßig über die Lage der europäischen Wirtschaft und der ungarischen Wirtschaft zu konsultieren pflege, da er ein mutiger, geistig ein sehr mutiger Mensch ist, und er hat ja diesen Satz sich ausgedacht oder ihn formuliert, den ich hier in meiner Westentasche mit mir herumtrage. Er sagte: „Man muss in der Kurve überholen.“ Ich soll mich also nicht damit zufriedengeben, die erfolgreichen Maßnahmen, die unsere Nachbarn oder die in Größe uns übertreffenden Wirtschaften, die Wirtschaften, die auf eine glücklichere Vergangenheit als die unsrige zurückblicken können, anwenden, zu übernehmen, sondern wir sollten uns auch Maßnahmen ausdenken, solche besonderen ungarischen speziellen die Krise behandelnden Maßnahmen, mit deren Hilfe wir in der Zeit der Krise einen Vorsprung erlangen können, das heißt mit denen wir in der Kurve überholen können. Und unser Instrumentarium zum Umgang mit der Krise ist nicht vollkommen identisch mit dem der anderen Länder. Es gibt Abweichungen. An sehr wichtigen Punkten gibt es Abweichungen. Und am wichtigsten ist, ich werde jetzt die Zuhörer nicht mit der gesamten Bandbreite dessen langweilen, aber die wichtigste Abweichung besteht darin, dass wir sehr große Summen, Regelmodifizierungen auf dem Gebiet der Investitionen vorgenommen haben. Die Folgen dessen sieht jetzt noch außer uns niemand, es ist ja unsere Aufgabe, vorauszusehen, dass dies im kommenden Jahr fantastische Ergebnisse mit sich bringen wird. Hier haben also mehrere hundert ungarische Unternehmer während der Krise keine Entlassungen vorgenommen, nicht zugeschlossen, sondern haben es auf sich genommen – wenn der Staat ihnen eine Unterstützung leistet –, aus ihrem ersparten Geld auch Summen zu mobilisieren und Maschinen zu kaufen, zu investieren, Arbeitsplätze zu schaffen. Wir haben eine enge zeitliche Grenze gesetzt, auch das ist eine ungarische Spezialität. Innerhalb eines Jahres müssen die Investitionen beginnen, sie müssen also produzieren. Dort werden Menschen arbeiten. Im Jahr 2021 wird sich also in der ungarischen Wirtschaft ein Investitionsboom zeigen, für den es seit langem kein Beispiel mehr gab und wir werden in einem besseren Zustand aus der Epidemie herauskommen, als wir in sie hineingegangen sind. Dies kann natürlich durch einen Unsicherheitsfaktor in Klammern gesetzt werden, wenn es eine zweite Welle gibt und die uns in die Knie zwingt. Deshalb bitte ich einen jeden, nicht nur wegen der Gesundheit, sondern auch wegen des allgemeinen Zustandes des Landes, der Leistung seiner Wirtschaft, die grundlegenden Regeln einzuhalten.
Gerade gestern habe ich ein Interview mit einem Firmenchef gelesen, und er formulierte dahingehend, dass er früher, in den vorhergehenden zwei Jahren nicht soviel investiert hat wie in den vergangenen beiden Monaten. Und er sprach hierüber, worüber auch Sie gesprochen haben.
Wir geben dazu Instrumente, und zwar einfache Instrumente, die man schnell in Anspruch nehmen kann. Ich bin stolz auf meine Mitarbeiter, der Herr Minister Szijjártó ackert bereits mit dem von ihm bekannten Elan die ungarische Provinz durch und schließt Verträge ab und schließt mit den Akteuren der Wirtschaft Vereinbarungen ab, die Großen, die Verhandlungen mit den großen internationalen Firmen haben wir ausgesprochen Herrn Minister Palkovics anvertraut, und Frau Minister Mager versucht die ungarischen staatlichen Firmen nachzujustieren oder ein Facelifting vorzunehmen, sie versucht also sie durch alle möglichen Umorganisierungen und Entwicklungen dazu zu bringen, eine größere Kraftanstrengung zu unternehmen, damit sie wettbewerbsfähiger werden. Und sie kommen gut voran. Diese drei Menschen machen das hervorragend. Und Herr Vizeministerpräsident Mihály Varga fasst diese Arbeit zusammen, und dabei bombardiert uns Herr Matolcsy, der Vorsitzende der Notenbank mit seinen innovativen Ideen. Das muss ich zu einer Wirtschaftspolitik ordnen. Ich glaube – doch kommen wir darauf 2021 zurück –, dass es gelingen wird.
Dem Schwung ist es auch zu verdanken, dass Sie auf der Regierungssitzung darüber gesprochen haben, ob neue Investitionen in Veszprém getätigt werden sollen, der Stadt, die ja Kulturhauptstadt Europas sein wird.
Die Ungarn sind ja überzeugt davon, dass unser Land das schönte auf der Welt ist. Meiner Ansicht nach irren wir uns auch gar nicht, auch ich gehöre zu denen, die das so meinen. Wir haben andere schöne Länder gesehen, aber ein so schönes wie das unsere, das haben wir nicht gesehen. Uns stört es ein bisschen, dass dies unser kleines Geheimnis ist. Aber auch das ist nicht wenig, dass wenigstens wir es kennen. Besonders jetzt, wo viele den Sommer zu Hause verbringen, jetzt wissen es immer mehr, was für ein schönes Land wir haben, denn sie gelangen jetzt an Orte, die sie ansonsten vielleicht nicht aufgesucht hätten, wenn es nicht diese einschränkende Konstellation der Sterne gegeben hätte. Die Kulturhauptstadt Europas, deren Titel also Veszprém 2023 tragen wird, ist eine Möglichkeit, dieses fantastische Land der Welt zu präsentieren. Nur darf das dann nicht schmutzig sein, es darf nicht vernachlässigt sein, es darf nicht windgebeutelt sein, es darf keinen Zores geben – Verzeihung, dass ich diesen Ausdruck gebrauche. Dann muss man es in seiner eigenen Schönheit vorstellen, was natürlich auch die Geschichtlichkeit umfasst. Hier ist nicht alles brandneu in diesem Land. Ja, es ist sogar gut, dass nicht alles brandneu ist. Veszprém ist die Stadt der Königin Gisella. Wir sprechen über viele hundert Jahre. Es ist also kein Problem, wenn die Stadt alt und durch die Geschichte gekennzeichnet ist, doch soll sie würdevoll, soll sie großzügig sein und irgendeine Art eigentümlichen ungarischen Gefühls, ungarischer Ästhetik zeigen, die man anderswo nicht finden kann. Nun, jetzt ist Veszprém dazu geeignet. Veszprém ist eine fantastische Stadt, eine Schatztruhe. Hinzu kommt noch, dass zu seinen Füßen dort noch der Plattensee ist. Das Ganze ist wirklich, wenn man dort in der Gegend ist, ich bin schon über 57 Jahre alt, aber mir verschlägt seine Schönheit immer wieder den Atem. Und jetzt wissen wir das ganze Programm in guten Händen. Es ist mir bereits gelungen, mit dem ehemaligen Herrn Vizeministerpräsidenten Tibor Navracsics darüber übereinzukommen, dass er das ganze Programm in die Hände nehmen wird. Und er hat uns auch eine ausgezeichnete Vorlage angefertigt. Das war nicht billig, das ist eine Summe von gut vierzig Milliarden Forint, und zugleich werden wir für die Restaurierung der kirchlichen Immobilien, der Bewahrung unserer kirchlichen Denkmäler und deren Umwandlung zu touristischen Attraktionen, deren partielle Umwandlung in touristische Attraktionen noch weitere vierzig-fünfzig Milliarden Forint aufwenden. Insgesamt gehen beinahe hundert Milliarden Forint in diese Region, und ich hoffe, dass wird man ihr auch ansehen können. Und ich freue mich, dass dies Tibor Navracsics macht, der ein sehr erfahrenes, gutes Regierungsmitglied war, denn wir haben ja zwischen 2010 und 2014 ihm zu verdanken, dass das neue Regierungssystem entstanden ist, er hat es ausgearbeitet, eingeführt, zusammengehalten und am Laufen gehalten. Auch meine Arbeit als Ministerpräsident hätte ohne seine Hilfe nicht halb so erfolgreich sein können. Er hat jetzt erneut eine der wichtigsten Missionen in der ungarischen Innenpolitik übernommen und er nimmt diese Arbeiten in die Hand, er hat die Leitung übernommen. Auf die Veszprémer warten also schöne Zeiten.
Es ist kaum zwei Wochen her, dass der Europäische Rat eine sehr wichtige Entscheidung gefällt hat. Seitdem erscheinen immer neue Schriften, Analysen, in denen es darum geht, wer vorteilhaft und wer nachteilig aus den Verhandlungen hervorgegangen ist. Manchmal sind diese Meinungen einander auch entgegengesetzt. Doch lese ich hier unter Bezugnahme auf einen Brüsseler Analysten, dass im Grunde von den V4-Ländern wir, Ungarn, das meiste Geld erhalten. Aber es sind ja sehr viele Fragen noch nicht geklärt. Zum Beispiel die, in welchem Verhältnis in jenem ominösen siebenjährigen Haushalt bzw. in dem Wiederaufbaufonds dieses Geld, diese insgesamt beinahe sechzig Milliarden Euro verteilt werden müssen. Und das ist ja auch eine neue Sache, oder wir haben darüber erst wenig gesprochen, ob man in dem Wiederaufbaufonds die Unterstützung, die ja der kleinere Teil ist, sagen wir die sechs Milliarden, im Laufe von zwei Jahren ausgeben muss. Ja, man muss die Pläne schon jetzt im Oktober einreichen. Wissen wir also zum Beispiel, ob wir den Kredit werden aufnehmen können?
Nun, also…
Ich habe vieles auf einmal gesagt, nicht wahr?
Ja, Sie haben vieles gefragt, etwa fünf Dinge in einem Satz. Wenn wir also diese Dinge, die Fragen und die Antworten anordnen, dann kann ich Ihnen das Folgende sagen. Die erste Sache: Obwohl die ungarische Sprache aus irgendeinem Grund es so festgehalten hat, dass wir Geld von der Europäischen Union erhalten. Gar nicht! Wir bekommen kein Geld von der Europäischen Union. Wir haben einen Teil des von hier, durch die Westler hinausgenommenen Geldes zurückerlangt. Ich möchte also nicht, dass die Ungarn an die Quellen der Europäischen Union auf die Weise denken würden, als etwas, das wir von jemandem anderen erhalten, der reicher und stärker ist als wir, sondern so an diese Sache denken würden, dass wir mit vierzig Jahren Kommunismus hinter uns, uns mit den glücklicheren Ländern assoziieren. Wir erlauben ihnen, ihre Waren ohne Schutzzölle hierher zu bringen. Wir erlauben ihnen, zu investieren und uns zum Wettbewerb zu zwingen, obwohl wir mit einem Rückstand von einer Runde an den Start gehen. Das alles nehmen wir auf uns, und im Gegenzug erwarten wir aber, dass sie aus dem auf diese Weise entstehenden wirtschaftlichen Gewinn, dem Profit, einen bestimmten angemessenen Teil hierher zurücksenden, denn das gehört uns, dafür haben wir gearbeitet. Wir haben in einem ungleichen Wettbewerb den Wettbewerb mit Bedingungen akzeptiert, und deshalb steht uns irgendeine finanzielle Rückvergütung zu, die Chancengleichheit schafft. Das muss man so auffassen. Es gibt dafür auch eine Daumenregel. Man stellt deren zahlenmäßige Genauigkeit in Frage, aber ein sich mit wirtschaftlichen Angelegenheiten beschäftigender früherer europäischer Kommissar hat ausgerechnet, dass siebzig bis achtzig Prozent des Geldes, das uns die Europäische Union zurückerstattet, für den Kauf von Produkten westlicher Firmen, für durch die westlichen Firmen verwirklichte Investitionen aufgewendet wird. Davon haben auch wir einen Vorteil, denn diese Investitionen bleiben hier. Eine Brücke und eine Straße kann man nicht zusammenpacken wie ein Bündel, sich über den Rücken hängen und mitnehmen. Also auch wir haben einen Vorteil davon, und die Ungarn arbeiten hier in der Zwischenzeit, aber auch sie profitieren davon. Jene Darstellung der Gelder der Europäischen Union, nach der sie sich bequemen, uns, armen Osteuropäern ein bisschen Geld herüberwachsen zu lassen, ist erniedrigend und entspricht nicht der Wahrheit. Wir haben im vergangenen Jahr eine fantastische Leistung gezeigt. Die Ungarn haben gut gearbeitet, die ungarischen Arbeiter gehören zu den besten Arbeitern in der Welt. Die ungarischen Ingenieure gehören zu den besten Ingenieuren der Welt. Diese Fabriken, die modernsten Fabriken der Welt, werden durch ungarische Arbeiter und ungarische Ingenieure betrieben. Diese Arbeiter wurden durch ungarische Lehrer in der Volksschule, in der Mittelschule ausgebildet und auch den Beruf haben sie ihnen gelehrt. Ich wünschte mir also, dass wir Ungarn ein viel stärkeres Selbstwertgefühl hätten, das verdeutlicht, dass wir natürlich mit einem großen Rückstand losgehen, aus dem Zores, und die Kommunisten haben hier alles umgestürzt und das Land ausgeplündert und haben den Menschen in den fünfziger Jahren das genommen, womit man im Übrigen die Zukunft hätte aufbauen können. Doch sind wir trotzdem auf die Beine gekommen, und sind jetzt wettbewerbsfähig. Nicht zufällig kommen diese Fabriken gerade hierher. Die zweite Sache: natürlich muss man, wenn es die Möglichkeit gibt, dass aus Brüssel Rückerstattungen nach Ungarn kommen, dann muss man sie schnell nutzen. In der Wirtschaft zählt die Zeit, und besonders in der Zeit der Epidemie zählt sie. Nun hat die Regierung schon jene großen Programme angenommen, wir haben mehr als 120 Programme identifiziert, die geeignet sind, schnell verwirklicht zu werden. Ich treibe von diesen drei-vier voran, ich versuche Herrn Minister Palkovics, der die Angelegenheit in den Händen hält, zu überzeugen, diese nach vorne zu nehmen. Ich halte die Erneuerung des gesamten ungarischen Wassersystems für eine solche Sache, ich halte die Umformung unseres Naturschutzsystems für so eine Sache und auch die Umformung unseres Energiesystems. Das sind Posten der Größenordnung von tausend Milliarden Forint. Wenn wir also im gesamten Land, sagen wir, das Wasserleitungssystem erneuern oder in den kleinen Siedlungen das Kanalisationsnetz ausbauen möchten, weil das heute noch nicht vorhanden ist, und ich möchte, dass dies geschieht, dann sind hierfür Hundert- und Tausendmilliarden notwendig. Und diese haben wir jetzt errungen. In der Brüsseler Schlacht, wie ich für mich selbst diese Verhandlungen nenne, in der allerletzten Brüsseler Schlacht haben wir im Laufe von vier Tagen jene Summe doch um drei Milliarden Euro, um mehr als tausend Milliarden Forint erhöht, die wir in die ungarische Wirtschaft einbeziehen können. Von hier an geht es schon um fachliche Detailfragen, Kredit, Unterstützung, rückzahlbar, nicht rückzahlbar, projektgebundene Unterstützung, frei verwendbare Summe. Das ist eine große Wissenschaft, die Verwendung der aus Brüssel zurückgeforderten Gelder erfolgt in einem Labyrinthsystem. Der Mensch ist glücklich, der sich da auskennt. Wir sind ein glückliches Land, denn wir haben einige Menschen, die sich darin zurechtfinden, und wir verstehen, was geschieht. Ich mache mir also keine Sorgen darüber, ob wir diese Quellen nicht optimal in die Textur der ungarischen Wirtschaft einbauen können.
Vielen Dank! Sie hörten Ministerpräsidenten Viktor Orbán.