25. Januar 2019

Katalin Nagy: – Beinahe eine Million und vierhundert tausend Menschen haben die Fragebogen der Nationalen Konsultation über die Familie zurückgesandt. Die meiste Unterstützung erhielt die Frage zur Sicherheit der Kinder. Die Sicherheit, sei sie physische oder materielle, weist über die Eltern hinaus auch dem Staat Aufgaben zu. Im Studio begrüße ich Ministerpräsidenten Viktor Orbán. Welche Aufgaben hat der Staat, welche kann er in dieser Frage hinsichtlich der Sicherheit der Kinder haben?

– Sprechen wir vielleicht zuerst über die Konsultation, wenn Sie erlauben, denn tatsächlich hat die Frage nach der staatlichen Verpflichtung hinsichtlich der Sicherheit der Kinder die größte Unterstützung erhalten, doch ist an sich die Tatsache, dass eine Million dreihundertundachtzig tausend Menschen die Fragebogen zurückgesandt haben, dies ist eine derart hohe Zahl, die wir nicht unkommentiert lassen sollten. Also schon allein die Tatsache der Konsultation verdient unsere Aufmerksamkeit. Es haben sich ja doch in einer Million dreihundertundachtzig tausend Familien die Menschen an den Küchentisch gesetzt, haben einen Fragebogen hervorgenommen, den ihnen die Regierung in einer Angelegenheit zugesandt hat, und sie waren bereit, ihn zu lesen, sich vielleicht auch über ihn zu unterhalten, danach bestimmte Fragen zu verstehen, in diesen eine Entscheidung zu treffen, und danach diese Meinung auch niederzuschreiben. Wir pflegen so leicht über diese – wie soll ich es ausdrücken: – Umstände der Nationalen Konsultation hinwegzusehen, doch ist die Nationale Konsultation eine eigentümlich ungarische Erfindung. Es gibt sehr wenige Völker in der Welt, innerhalb derer ein so hoher Prozentsatz der erwachsenen Bevölkerung bereit wäre, auf die durch die Regierung in Form eines Fragebogens zugesandten Fragen in einem derart hohen Anteil zu antworten. Wenn wir also, wie wir das zu tun pflegen, denn wir denken ja immer kritisch, schließlich sind wir Ungarn, wir pflegen also kritisch über uns selbst, die ungarische Demokratie nachzudenken, darüber, in welchem Maße die Menschen das öffentliche Leben als ihr Eigen ansehen, denn darüber gibt es immer wieder solche Jeremiaden, vielleicht auch nicht unbegründet, doch sollten wir auch nicht an den guten Gegenbeispielen vorbeigehen, denn wenn es sich um eine wichtige Angelegenheit handelt, wenn man mit dem nötigen Respekt mit den Menschen spricht, wenn man auf ihre Meinung neugierig ist, wenn man sich ihnen zuwendet, und wenn dies für die Menschen tatsächlich wichtige Fragen sind, dann ist die ungarische Gesellschaft sehr wohl bereit, in einem derart großen Maße sich zu bewegen. Und dann entsteht tatsächlich etwas, auf das ich meine ganze Politik und die gesamte Regierungspolitik aufbaue, nämlich darauf, dass es Punkte in der ungarischen Gesellschaft geben soll, die man als Übereinstimmungspunkte bezeichnen kann. Denn man kann eine gute Politik auf die eine oder die andere Weise machen, doch ist das Kriterium für eine wirklich gute Politik, dass sie jene Fragen sucht, in denen die Meinung der großen Mehrheit übereinstimmt, und auf diese Übereinstimmungspunkte aufbauend sie dann die Regierungsbeschlüsse aufzubauen versucht. Dies bringt uns zum Zusammenwirken, zur nationalen Einheit, zur Zusammenarbeit, zur Kooperation, so kann also die Politik die überschüssige Energie zu der im Land auch im Übrigen vorhandenen Energie hinzugeben, denn hier haben wir ja die Energie von zehn Millionen Menschen. Wenn ich diese einfach nur addiere, dann ist es eben so viel wie alle Einzelteile zusammen. Wenn ich sie aber richtig addiere, dann ist das schon viel mehr, dann kann man daraus mehr herausholen, dann kommen auch die wirtschaftlichen Ergebnisse, die Ungarn in den vergangenen Jahren charakterisiert haben. Also um auf den Inhalt der Konsultation zurückzukommen, tatsächlich war der Kinderschutz am wichtigsten, dies ist eine Herzensangelegenheit – es gab also in der Konsultation Fragen für den Verstand und es gab in ihr Fragen für das Herz. Also dass die ungarischen Menschen die Kinder lieben und ihre Sicherheit für wichtiger als alles andere halten, ist kein Geheimnis, nicht zufällig werden die die Kinder misshandelnden Menschen am stärksten von der ungarischen Gesellschaft verachtet, das konnte man aus den Antworten deutlich herauslesen. Jetzt ist der Kinderschutz im ungarischen Rechtssystem mit Hilfe fragmentierter juristischer Lösungen geregelt, es gibt also hier und auch dort sowie auch anderswo Regelungen. Ich habe den die Staatskanzlei leitenden Minister gebeten, eine Konzeption zusammenzustellen, die die wichtigsten Herausforderungen des modernen Kinderschutzes und die darauf zu gebenden möglichen Antworten der Regierung in einem einheitlichen Rahmen zusammenzufassen versucht.

– Nur ein kleiner Vergleich wegen der Zahlen: In Ungarn leben zehn Millionen, im Großen und Ganzen zehn Millionen Menschen, und eine Million dreihundertundachtzig tausend Menschen haben den Fragebogen zurückgeschickt. Wir haben davon gehört, dass sich auch die Europäische Kommission jetzt in der letzten Zeit an einer Konsultation versucht hat, in der es um die Zukunft Europas geht, und angeblich haben dort 70 tausend Menschen den Fragebogen zurückgesandt.

– Das stimmt.

– Aus der europäischen Bevölkerung von 500 Millionen Menschen 70 tausend, da gibt es noch die Möglichkeiten, aufzuschließen.

– Das ist eine schwierige Sache. Die europäischen Menschen, unter ihnen auch die Ungarn, waren daran gewohnt, alle vier Jahre einmal zu wählen, dadurch die gewählten Abgeordneten mit den wichtigeren Entscheidungen zu betrauen, diese bilden die Regierung, und dann nach vier Jahren äußern sie ihre Meinung darüber bei den Wahlen. So lange die Dinge gut gehen – und in Westeuropa sind die Dinge über eine lange Zeit hinweg gut gegangen –, denken die Menschen, dies funktioniere. Mich hat die Weltwirtschaftskrise von 2008 gelehrt, dass jetzt ein Abschnitt kommt, in dem die Dinge nicht gut gehen werden, oder wenn sie auch gut gehen sollten, dann wird das auf einem holprigen Weg geschehen. Und unter solchen Umständen reicht es nicht, alle vier Jahre den Kontakt mit den Wählern aufzunehmen, deshalb haben wir 2011 uns – wenn ich mich richtig erinnere – die Nationale Konsultation ausgedacht. Doch habe ich mehr als ein Jahr mit einem ernsthaften Stab von Fachleuten dafür verwandt, auszudenken, auf welche Weise man die Menschen in die politische Entscheidungsfindung über ihr alle vier Jahre erfolgendes Votum hinaus einbeziehen könnte. Und nicht nur auf die Weise, dass sie Ja oder Nein sagen konnten, sondern die Möglichkeit erhielten, auch ihre Meinung zu artikulieren. In dem gesamten Format der Nationalen Konsultation steckt eine einjährige – vielleicht ist es keine Übertreibung, wenn ich sage – geistige Arbeit darüber, wann, wie, in welchem Thema, auf welche Weise man sie durchführen muss. Und die Europäische Union hatte den Eindruck, sie werde auch eine starten und diese wird dann auch von selbst erfolgreich. Also ohne eine gut durchdachte Methodik funktioniert die Konsultation nicht.

– Gestern war der Leiter des Vereins der Ungarischen Großfamilien hier im Studio, der sagte, es wäre sehr gut, die Familienschutzmaßnahmen in einem eine Zweidrittelmehrheit benötigenden Gesetz festzulegen, denn dann könne man wirklich an die Zukunft der Familien denken.

– Das ist eine sehr schwierige Frage. Auch aus der Konsultation hat sich herausgestellt, die Menschen denken ebenso, wie das der Leiter des Vereins der Großfamilien hier, bei Ihnen, ausgeführt hat. Auch ich neige dazu, dass es bestimmte Elemente der Familienpolitik gibt, die es sich lohnt, auf der Ebene der Verfassung festzuhalten, doch würde ich nicht allzu tief gehen, und würde auch keinesfalls allzu viele Details festhalten, denn wir unterscheiden uns zwar, es können andere Regierungen kommen, und wenn eine andere Regierung in eine andere Richtung, mit anderen Methoden arbeiten möchte, und sie durch das Volk darin unterstützt wird, dann ist es nicht gut, wenn wir ihren Bewegungsspielraum, die Verfassung, allzu eng festlegen. Also auch meiner Ansicht nach lohnt es sich, grundlegende Dinge festzuschreiben, damit es auch langfristig garantiert eine nationale Einheit gibt, doch wäre ich mit dem Umfang dessen vorsichtig. Ein wichtiger Gedanke ist auf jeden Fall zum Beispiel der, was meiner Ansicht nach eine bestimmende Entscheidung, eine – wenn Sie wollen – historische Entscheidung der Nationalen Konsultation war, als die Menschen sagten, selbst wenn wir demografische Sorgen haben, und wir haben welche, dann soll man diese nicht mit Hilfe der Migration und der Einwanderung lösen. Die Ungarn sagen also, wenn wir Menschen brauchen, da unsere Zahl abnimmt, wir wenige sind, es mehr Begräbnisse gibt als Taufen, dann muss man mit Hilfe der Familienpolitik erreichen, dass die jungen Leute zu mehr Kindern bereit sind, und diese Frage soll nicht durch die Einwanderung gelöst werden. Das ist ein sehr starker Satz, so einen starken Satz hat man in Westeuropa beinahe nirgendwo ausgesprochen, dort ist die Gesellschaft in dieser Frage geteilt, die Politiker verfolgen eine die Einwanderung fördernde Politik. Sie haben zwar die Menschen nicht gefragt – nicht so wie wir –, doch sind sie trotzdem aus irgendeinem Grund zu dem Ergebnis gekommen, dass dies ihre Gesellschaften akzeptieren werden oder vielleicht sogar auch unterstützen, und sie werden ihre demografischen Sorgen durch die Einwanderung lösen. Die ungarischen Menschen haben sehr eindeutig den Ton angeschlagen, nach dem davon keine Rede sein darf, dass wir unsere Schwierigkeiten durch Einwanderer lösen. Sagen wir, dies ist ein Grundsatz, der den Ausgangspunkt für jedwede Familienpolitik darstellt, ich freue mich also, dass in dieser Hinsicht Klarheit herrscht.

– Sie erwähnten, auf dem Gebiet des Kinderschutzes wird eine ernsthafte Veränderung geschehen, oder zumindest scheint es so, eine in ein System gefasste Veränderung werde geschehen. Sagen wir zum Beispiel auf die Frage danach, die jungen Leute beim Start ins Leben zu unterstützen, haben sehr viele mit Ja geantwortet, wann ist hier mit einer konkreten Maßnahme oder einem Vorschlag zu rechnen?

– Die Situation ist ja die, dass wir das zum Zweck der Unterstützung der Familien ausgegebene staatliche Geld, das die Steuerforints der Menschen bedeutet, nach der konstitutionellen Revolution von 2010 verdoppelt haben, wenn ich so formulieren darf. Das war der eine Sinn der konstitutionellen Revolution in Ungarn, dass endlich die Familien unterstützt werden sollten. Wir haben die Unterstützung auch verdoppelt, doch deutlich erkennbar ist dies noch immer zu wenig. Zum Teil werden auch weniger Kinder geboren als zu unserer natürlichen biologischen Selbsterhaltung notwendig wären, zum anderen Teil denken auch die Menschen, dass man noch mehr machen muss. Und sie setzen die Frage der Unterstützung der jungen Ehepaare an die erste Stelle. Auf der Regierungssitzung am Mittwoch haben wir uns mit der Angelegenheit beschäftigt, denn wir haben den Konsultationsfragebogen ausgewertet. Ich habe den Finanzminister angewiesen, die notwendigen Berechnungen durchzuführen, Frau Staatssekretärin Katalin Novák hat auf Grund der Konsultation einen konkreten Vorschlag für Regierungsmaßnahmen zusammengestellt, eine Art „Familienschutzaktionsplan“. Die Frau Staatssekretärin hat einen langen und sehr teuren Aktionsplan zusammengestellt, diesen kann man nur schrittweise verwirklichen, doch haben wir auf Grund eines Regierungsbeschlusses die die jungen Familien unterstützenden Regierungsmaßnahmen an die erste Stelle gesetzt. Die Analyse und die Berechnung der Ausgaben hierfür werden gerade jetzt durchgeführt. Ich hätte es gerne, wenn ich um den 10. Februar herum schon darüber sprechen könnte, was für ein neues, über eine große Durchschlagskraft verfügendes System der Unterstützung wir einführen können. Es wird nicht billig werden, man muss es auch durchdenken, doch ist es nicht unmöglich. Die Einführung eines starken, die Mitglieder junger Familien unterstützenden, in der ungarischen sozialen Familienpolitik bisher unbekannten neuen Elements ist nicht unmöglich, ja ich würde heute vielmehr sagen, wir werden dies lösen. Doch darüber werden wir dann im Februar sprechen können.

– Sie haben dahingehend formuliert, dass die ungarischen Menschen, die ungarischen Familien an die Familienpolitik glauben, Brüssel aber zugleich auch weiterhin die Einwanderung unterstützt. Es kann auch eigentlich der Niederschlag oder die Folge dessen sein, dass es in der kommenden Woche erneut eine Debatte im Europäischen Parlament geben wird, erneut wird die Lage Ungarns auf der Tagesordnung stehen. Dies konnte Judith Sargentini erreichen. Zugleich haben wir auf der Regierungsinfo gehört, dass eine Entscheidung gefällt worden ist, nach der die ungarische Regierung jetzt nicht dort sein wird. Warum werden wir nicht dort sein? Bis jetzt waren wir doch immer anwesend, entweder Sie oder Péter Szijjártó hat die ungarische Regierung vertreten.

– Ich sage Ihnen ganz ehrlich, ich gehe immer dorthin, wo man für die ungarischen nationalen Interessen oder eben für die Ehre der Ungarn kämpfen muss, schließlich ist auch dies ein Teil der Arbeit des Ministerpräsidenten, und ich pflege mich nicht vor meinem eigenen Schatten zu erschrecken, ich habe also nicht das erste Mal so etwas erlebt, dass drei-vierhundert Menschen, solche auf der Seite der Einwanderung stehenden Parlamentsabgeordneten mit voller Lautstärke versucht haben, mich mundtot zu machen – in der ungarischen Geschichte hat es auch schon ein schlechteres Zahlenverhältnis gegeben, als man kämpfen musste. Man kann sich zu dem nur so stellen, dass wenn du Ungar bist, dann ist dir dieses Schicksal beschieden. Ich werde also auch in der Zukunft wieder und immer wieder hingehen, wenn dies notwendig ist. Obwohl es am besten ist, wenn das Land nicht attackiert wird, und ich keine solchen Besuche im Europäischen Parlament absolvieren muss, doch jetzt steht eine Debatte bevor, die ein Wahlkampfevent sein wird. Wenn es also keinen Sinn hat, zu debattieren, dann muss man nicht debattieren, wenn es bei einer Diskussion um nichts geht, dann ist es vielleicht besser, an dieser lieber nicht teilzunehmen. Das jetzt wird so eine George Sorossche Seance, so eine Wahlversammlung, auf der die die Einwanderung unterstützenden Abgeordneten der Europäischen Union zu einem kleinen Autodafé zusammenkommen, um dort das ihnen missfallende Land – das ist jetzt gerade Ungarn – dann gründlich zu verurteilen, ihr Urteil aus der Sicht der Sorosschen offenen Gesellschaft formulierend. Jetzt hat es keinen Sinn, an dieser Debatte teilzunehmen, und zwar aus zwei Gründen: Da es ein Wahlkampfevent ist, und zweitens, da diese Menschen in fünf Monaten nirgendwo mehr sein werden, dies ist ein Auslaufmodell, ein neues Parlament kommt. Ich unterstütze keine Wahlveranstaltung von ihnen. Wenn ich dort hinginge, würde ich – davon bin ich überzeugt –, eher nur den Wahlkampf der die Einwanderung befürwortenden europäischen Abgeordneten unterstützen, und dies steht im Gegensatz zu den Interessen Ungarns.

– Zugleich ist es auch eine Nachricht vom gestrigen Tag, dass die Europäische Kommission das Pflichtverletzungsverfahren gegen Ungarn wegen „Stop Soros“ in eine neue Phase eingeleitet hat.

– Schauen Sie, George Soros verfügt über eine sehr starke Vertretung im Europäischen Parlament. Am meisten spricht jene Tatsache für sich selbst, dass die Linke, die die Hauptkraft der Anhänger im Europäischen Parlament und auch in der Kommission darstellt, also diese Linke hat als Spitzenkandidaten für die europäischen Wahlen einen Holländer namens Timmermans, der ein Mann von George Soros ist – hierbei lohnt es sich nicht, dies in Abrede zu stellen. Die Linke hat also beschlossen, an die Spitze der Europäischen Kommission, die vielleicht das wichtigste Organ der Europäischen Union ist, diesen Menschen setzen zu wollen. Es ist offensichtlich, dass George Soros – jetzt bereits offen – die europäischen Institutionen besetzen möchte. Auch bisher hat er schon einen riesigen Einfluss gehabt, mehrere hundert Abgeordnete unter den europäischen Abgeordneten stehen auf seiner Liste, auch mehrere Kommissare, die in der Europäischen Kommission sitzen, sind eindeutig seine Leute. Doch indem Herr Timmermans der Spitzenkandidat der Linken, der Präsidentschaftskandidat für die Kommission geworden ist, der eindeutig ein Mann von George Soros ist, was – wie soll ich es ausdrücken? – eine derart allgemein bekannte Tatsache darstellt, die keiner Beweisführung bedarf, höchstens wieder und immer wieder in Erinnerung gerufen werden sollte, bedeutet dies, dass George Soros seinen Anspruch auf die offene Besetzung und Beherrschung der europäischen Institutionen angemeldet hat. Nun hat von hieraus gesehen diese Kommission beschlossen, die Verfahren gegen Ungarn in eine weitere Phase zu leiten, jene Kommission, deren Vizepräsident jener Mensch ist, der jetzt der oberste Leitende dieser Kommission sein möchte, wir müssen also hier in der Weiterführung der Pflichtverletzungsverfahren gegen Ungarn sehen, wie gewaltig der Einfluss von George Soros ist. Aber noch schlimmer als dies – denn ein Übel ist es an sich, aber ein größeres Übel – ist, dass er einen noch größeren Einfluss gewinnen möchte, hinzu kommt noch, dass er dies offen machen und durch die europäischen Wahlen legalisieren möchte. Das müssen wir auf jeden Fall bei den Wahlen zum Europäischen Parlament verhindern, denn wir möchten, dass im Europäischen Parlament die auf der Seite der Einwanderung stehenden Abgeordneten in die Minderheiten geraten sollen, und die die Einwanderung ablehnenden Abgeordneten, solche wie wir, in der Mehrheit sein sollen.

– Auslaufmodell, wie Sie sagten, ist das Europäische Parlament. Jedoch fällt es Entscheidungen, fasst Beschlüsse. Muss man dann diese auch nicht wirklich ernst nehmen? Ich denke also daran, dass sie einen Vorschlag, einen Beschluss in Bezug darauf haben, dass im nächsten siebenjährigen Haushaltszyklus, zwischen 2021 und 2027 auf Grund dessen den Mitgliedsstaaten ihr Anteil ausgezahlt werden muss, ob jener Mitgliedsstaat bestimmten Voraussetzungen der Rechtsstaatlichkeit – wir wissen aber noch nicht, wer diese Voraussetzungen festlegen wird – entspricht.

– In der Tat haben hier die europäischen Abgeordneten – bereits mit einem Bein außerhalb der Tür – in den vergangenen Tagen noch zwei bedeutende Beschlüsse gefasst. Der Fidesz hat diese abgelehnt; die ungarische Opposition hat sie im Übrigen unterstützt, was ich für ein ernsthaftes Problem halte, denn die in Brüssel arbeitenden Abgeordneten der ungarischen Opposition fassen letztlich doch regelmäßig Beschlüsse, die den Interessen Ungarns entgegengesetzt sind. Hier geht es um zwei Beschlüsse, die gefasst worden sind. In dem einen Beschluss geht es darum, dass im kommenden Zeitraum den Sorosschen NROs dreimal soviel Geld gegeben werden soll als früher. Vielleicht erinnern Sie sich noch, als vor vier Jahren, als vor drei Jahren George Soros den Soros-Plan veröffentlichte, den er selbst publizierte, dann war dies ein aus sechs Punkten bestehender Aktionsplan, dessen deklariertes Ziel es war, so viele Migranten wie möglich nach Europa hereinzubringen, dies war also ein Programm mit dem Titel „Wie formen wir Europa mit Hilfe der Einwanderung um”, es bestand aus sechs Punkten, George Soros hat es selbst geschrieben, dessen sechster Punkt lautete, man müsse die NROs in diese Arbeit miteinbeziehen, man müsse ihnen viel mehr Geld geben und über die müsse man die Einwanderung in Europa unterstützen. Also ist dieser Beschluss des Europäischen Parlaments nichts anderes als ein dem sechsten Punkt des Planes von George Soros dienender, diesen vollstreckender Beschluss. Und es gab einen anderen Beschluss, der besagte, in Zukunft müsse man die Regeln auf die Weise aufstellen, dass es eine Körperschaft geben soll, in der alle möglichen, von außen einbezogenen, auch NROs vertretende Personen sitzen sollen, die regelmäßig beurteilen, wie in den einzelnen europäischen Mitgliedsstaaten es um den Rechtsstaat steht, und wenn die Körperschaft den Eindruck haben sollte, es stehe um ihn nicht gut, dann wird von ihnen das Geld weggenommen. Dieser Vorschlag ist ziemlich primitiv, zum Glück läuft die Gesetzgebung in Brüssel nicht so wie in Budapest, indem das Parlament das Gesetz annimmt, und dann ist es Gesetz, sondern dort müssen auch die Nationalstaaten zustimmen, es muss die Ausschüsse passieren, das ist ein komplizierterer Prozess, so dass dies hier eine Initiative ist, die das Parlament eingeleitet hat, aus der aber nie Wirklichkeit werden wird, vor allen Dingen aus dem Grund, da dies den heute bestehenden Regeln der Europäischen Union entgegengesetzt ist. Denn die heutigen Regeln der Europäische Union besagen, man kann den Haushalt nur auf die Weise annehmen, wenn dieser im Übrigen durch die Mitgliedsstaaten einstimmig angenommen wird. Also kann man zum Beispiel auch die Regeln über den Entzug der Haushaltsgelder nur auf die Weise annehmen, wenn dies alle akzeptieren. So lange ich aber Ungarns Ministerpräsident bin, werden wir diese Regel niemals annehmen.

– Diese Woche begann und dauert auch heute noch an in Davos das Weltwirtschaftsforum, und dort hat man schon am ersten Tag formuliert, die europäische Wirtschaft sei in Gefahr. Zugleich spricht die ungarische Regierung darüber, dass das Wachstum der ungarischen Wirtschaft von 4 Prozent gehalten werden kann und gehalten werden muss, und die Situation derart gut sei und man danach streben müsse, dass bis 2021 das Defizit 1,2 Prozent betragen soll, derzeit hat es sich 2018 um 2 Prozent gestaltet, beziehungsweise dass auch die Staatsverschuldung in bedeutendem Maße, von 70 auf 62,7 Prozent sinken soll.

– Es lohnt sich vielleicht, einen guten Ausgangspunkt auszuwählen. Für mich ist es ein guter Ausgangspunkt, dass Ungarn von sehr Weitem und aus sehr großer Tiefe gestartet ist. Wir schreiben jetzt 2019, nur wenige erinnern sich daran, wie dies 2008 und 2009 war, und wie viel Kraft wir haben aufwenden müssen, und wie viel Schweiß es gekostet hat, um von 2010 bis 2012 das uns hier als Erbe hinterlassene Tohuwabohu und die Wirtschaftskrise zu säubern und in Ordnung zu bringen. Doch ist dies gelungen, die Ungarn haben riesige Opfer gebracht, wenn ich diese jetzt in Erinnerung rufen würde, würde dies allein die Sendezeit beanspruchen, also mache ich es nicht. Aber wenn wir sie in Erinnerung rufen würden. Die Ungarn haben fundamentale Veränderungen riskiert und auf sich genommen, und wir haben 2010 ein ganz neues Wirtschafts- und Gesellschaftssystem aufzubauen begonnen, was keinen Spaziergang darstellte, das war eine schwierige Angelegenheit. Es musste viel gearbeitet werden, damit dies verwirklicht werden konnte, nicht die Politiker (aber wir auch, aber dies ist, sagen wir, natürlich), sondern die Menschen selbst, damit eine auf Arbeit basierende Gesellschaft entsteht – denn früher lebten wir in einer auf Hilfen basierenden Gesellschaft, und von dieser mussten wir uns auf eine auf Arbeit aufgebaute Wirtschaft umstellen. Dies war schmerzhaft, und auch schwierig, doch die Ungarn haben dies auf sich genommen und wir haben es geschafft. Jetzt kann man darüber reden, wer sich in welcher Rangliste an welcher Stelle unter den europäischen Wirtschaften oder den Ländern der Weltwirtschaft befindet, doch ich habe es immer als das wichtigste angesehen, wohin die Investoren das eine und das andere Land einordnen. Ungarn gehört heute unter dem Gesichtspunkt der Investitionen zu den zehn besten Ländern der Erde. Investition bedeutet, wenn irgendwohin ein Betrieb oder eine Fabrik hingebaut wird, dann heißt das, dort werden diese noch über Jahre arbeiten, die Investition ist also keine Kinderei, keine aus einer plötzlichen impulsiven Gefühlsregung heraus erfolgte Sympathieabstimmung, sondern eine durchdachte, geschäftliche, wirtschaftliche Entscheidung. Und wenn heute in der Welt Investoren Fabriken, Betriebe errichten wollen und nach einem Ort für diese suchen, dann nimmt Ungarn einen Platz unter den zehn besten Möglichkeiten ein. Dies haben nicht Wissenschaftler so geformt, nicht Politiker, sondern jenes Wirtschaftsleben selbst, das tatsächlich die Wirtschaften der Nationalstaaten am Laufen hält. Meine zweite Bemerkung lautet: Selbstverständlich wächst die ungarische Wirtschaft, so wie jedwede Wirtschaft der Welt, nicht von alleine, dazu ist eine Wirtschaftspolitik notwendig, die das Wachstum befeuert. Wenn ein Land eine schlechte Wirtschaftspolitik verfolgt, dann gibt es kein Wachstum. Zum Wachstum ist vieles nötig, Arbeitende, Arbeiter, Investoren und gute Wirtschaftspolitik. Aber selbst wenn alle Konditionen, Voraussetzungen vorhanden sind, jedoch die Wirtschaftspolitik nicht gut ist, dann gibt es kein Wachstum. Ungarn betreibt eine das Wachstum ankurbelnde Wirtschaftspolitik, und dieser haben wir unsere Ergebnisse zu verdanken. Was nun die Frage „Welche Ziele sollen wir uns setzen?” angeht: Ich würde gar nicht von den 4 Prozent reden, obwohl wir im Großen und Ganzen darüber sprechen, über ein Wirtschaftswachstum um 4 Prozent, sondern ich würde dahingehend formulieren, wir müssen bestrebt sein, damit das ungarische Wirtschaftswachstum das in der Europäischen Union festgehaltene, gemessene, erfahrene Wirtschaftswachstum in jedem Jahr um mindestens 2 Prozent übertreffen soll. Wenn wir den europäischen Durchschnitt um 2 Prozent übertreffen, bedeutet dies, dass wir uns deutlich schneller entwickeln als die anderen Länder, mit anderen Worten wächst auch Ungarns Wettbewerbsvorteil und die Möglichkeit des dem entspringenden Wohlstands, der Prosperität, eines glücklicheren Lebens. Ich pflege also dieses Ziel der Regierung zu setzen. Da es in Europa im Allgemeinen ein Wirtschaftswachstum von 1-1,5-2 Prozent gibt, können wir dieses Ziel auch mit 4 benennen, aber das ist nicht das Wesentliche, sondern dass es um zwei mehr ist als der Durchschnitt der EU.

– Und die Staatsverschuldung wird als Ergebnis einer solchen Wirtschaftspolitik ausbalanciert und dann verschwindet diese.

– Schauen Sie, mein größtes Dilemma ist, wenn ich den Fachleuten zuhöre, denn – nicht wahr – wir verfügen über hervorragende Wirtschaftsexperten, wir haben einen phantastischen Notenbankpräsidenten, unser Finanzminister ist ein Vorbild der Zuverlässigkeit, eine herausragende Wirtschaftsexpertin leitet die für den staatlichen Eigentum verantwortliche Politik, und Herr Palkovics kam aus einer hinsichtlich der Innovation zu den führenden in der Welt gehörenden Firma in die Regierung, wir verfügen also über ausgezeichnete Leute, aber natürlich verfolgt jeder andere Gesichtspunkte, deshalb muss ich am Ende diese in Einklang bringen, oder es ist meine Verantwortung, diese auf irgendeine Weise zu koordinieren. Und ich muss sagen, dies ist heute das schwierigste Dilemma. Heute wäre die ungarische Wirtschaft dazu in der Lage, eine radikale, schnelle Senkung der Staatsverschuldung vorzunehmen. Wir könnten von den gegenwärtigen 71 Prozent selbst auf unter 50 Prozent innerhalb von ein-zwei Jahren hinuntergehen, doch dann könnte der Haushalt weniger für die Entwicklung der Wirtschaft aufwenden. Wenn wir aber alles nur für die Wirtschaftsentwicklung verwenden, dann nimmt die Staatsverschuldung nicht ab, sondern sie wächst sogar. Deshalb muss ich jenes Gleichgewicht finden, dass es eine Senkung der Staatsverschuldung, und zwar möglichst eine schnelle, gibt, doch sollen zugleich jene Quellen zur Verfügung stehen, die zur Entwicklung der Wirtschaft notwendig sind, also soll der Haushalt in einem großen Maße auch ein Kapitel mit dem Ziel der Entwicklung der Wirtschaft, derartige Ausgaben beinhalten. Die kontinuierliche Messung, das Festschrauben und das Einhalten dieser Balance stellt eine der ernsthaftesten Herausforderungen für eine Regierung dar, im Übrigen ist es eine schöne Arbeit, also eine auch intellektuell spannende Arbeit. Jetzt konnten wir vorerst dieses Gemisch ausarbeiten, das Sie jetzt sehen. Es gibt ein Wirtschaftswachstum von um 4 Prozent, das sich im vergangenen Jahr sogar den 5 Prozent angenähert hat, und es gibt jährlich eine Abnahme der Staatsverschuldung von 1-2 Prozent. Dies könnte auch anders sein, doch schätzen wir die Situation dahingehend ein, dass für das Land diese Kombination die am ehesten zuträgliche ist.

– Am Ende des Gesprächs haben wir noch eine Minute. Andy Vajna ist gestorben. Nachdem dies bekannt geworden war, haben die Weltstars sich sofort zu Wort gemeldet, mit denen er gearbeitet hatte, dann hat auch die Welt des ungarischen Films ein-zwei Tage später bekundet, was für ein großartiger Mensch Andy Vajna war und dass er die Filmindustrie in Ordnung gebracht hat. Dabei ist mir eingefallen, wie vor acht Jahren, als Sie Andy Vajna zum Kommissar für die Angelegenheiten des Films ernannt haben, zum Teil die gleichen Leute vom Film hier in Ungarn gegen ihn protestiert, Unterschriften gesammelt und sogar noch europäische Filmemacher davon überzeugt haben, diese ablehnende Liste zu unterschreiben. Mir ist jetzt eingefallen, dass es jetzt niemandem eingefallen ist, soviel zu sagen: „Verzeihung, wir haben uns damals geirrt, Andy Vajna verstand doch etwas von dem, was er tat“. Was ist Ihre Meinung über diese Leute vom Film?

– Ich äußere keine Meinung über die Leute vom Film. Lieber würde ich etwas über uns, Ungarn, sagen. Unser Volk ist ein schwieriges Volk. Es ist also keine einfache Sache, in Ungarn erfolgreich zu sein, und man hat nicht nur damit zu kämpfen, dass zum Erfolg Leistung notwendig ist, sondern auch mit dem Umfeld. In Ungarn inspiriert uns leider das Umfeld nur sehr selten zum Erfolg, zu einer herausragenden Leistung. Dass unser beliebtestes Kartenspiel das sogenannte „Ulti“ ist, in dem es darum geht, dass wenn du etwas machen willst, dann musst du dich allein gegen zwei andere Menschen durchsetzen, die sich gegen dich verbünden, damit das nicht gelingt, was du willst – dies verrät sehr viel über uns. Es ist also sehr schwer, in diesem Land etwas schöpferisch zu leisten, doch gab es immer wieder Menschen, die dies auf sich genommen haben. Andy Vajna nun war so ein Mensch. Im Übrigen hat sich Andy Vajna nicht im Geringsten um die Politik gekümmert. Andy Vajna hat seine Heimat sehr geliebt, er war ein aus einer Familie mit einem sehr schweren Schicksal, einer gepeinigten Familie stammender ungarischer Mensch. Die Parteipolitik interessierte ihn nur in der Hinsicht, damit die Voraussetzungen für die schöpferische Arbeit gegeben sein sollen. Und es sagt viel aus, dass gerade er unseren am meisten zu Herzen gehenden Film über 1956 geschaffen hat, den nicht nur ein enges, die Sprache des Films verstehendes Publikum als ihm nahestehend empfindet, sondern alle ungarischen Menschen, die ihn sich ansehen, den Film „Children of Glory”. Er war also ein hervorragender Mensch und sein Dahinscheiden ein ernsthafter Verlust. Wir haben also einen Ungarn leidenschaftlich liebenden Menschen verloren, der im Übrigen sich – von Ungarn ausgehend – auf einem Gebiet zum Weltruhm durchkämpfen konnte, das in der modernen Zeit äußerst sensibel ist: auf dem Gebiet des Films. Wer wann, was gegen oder für ihn getan hat, das wird dann ein jeder für sich selbst klären, ich glaube nicht, dass dies die Aufgabe des Ministerpräsidenten wäre.

– Vielen Dank. Sie hörten Ministerpräsidenten Viktor Orbán.