Budapest, 9. November 2018

Katalin Nagy: – Die Spitzenkandidaten stehen fest. Die Europäische Volkspartei hat Manfred Weber, den bayerischen Politiker der CSU gewählt, der gesagt hatte, wir seien Brückenbauer. Auch der Fidesz hat für den Kandidaten gestimmt. Im Studio begrüße ich Ministerpräsidenten Viktor Orbán. Sollen wir vergessen, dass Herr Weber für den Sargentini-Bericht gestimmt hat?

Viktor Orbán: – Ich wünsche einen guten Morgen! Wir müssen alles in seinem Kontext bewerten. Man konnte unter zwei Kandidaten wählen; der eine war ein Kandidat, der auf extreme, also auf radikale Weise eine liberale und die Einwanderung unterstützende Politik propagiert, ein Mann aus Skandinavien, und der andere war ein bayerischer Christdemokrat. Es fiel nicht schwer, zu entscheiden, für wen wir stimmen sollten. Und andererseits müssen wir vielleicht nicht verheimlichen, dass die Ungarn in der Politik einige Erwägungen zur Geltung bringen wie auch im Alltagsleben. Herr Weber war im Rahmen des letzten Wahlkampfes vor den Parlamentswahlen nach Ungarn gekommen, er hat sich neben uns, auch neben mich gestellt, hat uns unterstützt, empfahl uns dem ungarischen Volk. Er sagte, er symbolisiere hier auch die hinter uns stehende europäische Unterstützung, er hat uns also geholfen, als wir dies nötig hatten, und man pflegt zwar zu sagen, die Politik sei eine andere Welt, aber dies ist nur zum Teil wahr, es gibt universale menschliche Gesetze, und wenn uns einmal jemand geholfen hat, dann gehört es sich, diese Hilfe auch zu erwidern, so wie man auch im Alltagsleben einander hilft.

– Was ist Ihr Eindruck, in welcher Verfassung befindet sich die Europäische Volkspartei? Ist sie bereit, um loszugehen, also natürlich im kommenden Frühjahr, aber ist sie bereit, ist sie derart geschlossen, dass sie jene Wahlen gewinnen kann?

– Meiner Ansicht nach sind wir noch nicht bereit. Die Wahlen werden im Mai abgehalten, doch war unser jetziger Kongress ein wichtiger Ausgangspunkt. Über die Volkspartei sollten die Zuhörer soviel wissen, dass dies die stärkste, einflussreichste, mächtigste politische Parteienfamilie Europas ist, auch in den vergangenen Jahren haben wir die führenden Politiker der Europäischen Union gestellt, wir haben sie delegiert. Wir pflegen die Wahlen zu gewinnen, das macht uns vielleicht auch etwas bequemlich. Die politische Linke befindet sich im Zustand der Ebbe, im Zusammenbrechen, und auch wenn wir nicht gerade in einem stählernen Zustand sind, so sind die anderen in noch schlechterer Verfassung. Der Kongress hatte den Zweck, dass wir uns festigen, dass wir nicht weiter zurückweichen, und in einer gemeinsamen großen europäischen Kampagne losmarschieren. Da wir in den vorhergehenden Jahren die Führung gestellt hatten, müssen wir auch die Verantwortung für das Ertragen der Probleme auf uns nehmen, man muss mit den Menschen geradeheraus sprechen. Wir haben zwei Niederlagen, wir konnten die Briten nicht innerhalb der EU halten, und wir konnten die Migranten nicht außerhalb Europas halten. Hinzu kommt noch, dass es Länder gibt, in denen Mitgliederparteien von uns eine bedeutende Rolle spielen, und in der Frage der Migration die Menschen nicht gefragt haben. Und in diesen Ländern haben sich die Menschen von uns entfernt, haben uns von sich gestoßen. Sie haben nicht das Gefühl, dass wir auf ihrer Seite stehen würden. In diesen Ländern muss das Vertrauen zurückgewonnen werden. Ungarn ist zum Glück keines dieser Länder, was in erster Linie dem Umstand zu verdanken ist, dass wir in den wichtigsten Fragen, wie zum Beispiel in der der Migration, die Menschen zu fragen pflegen. Unsere Auffassung nach ist es besser, mit den Menschen zu regieren als ohne die Menschen, und es ist viel besser, als dies gegen die Menschen zu tun. Es ist es also besser, wenn die Formen existieren, mit denen man auch zwischen zwei Wahlen die Meinung der Menschen erfahren kann. In der Sache der Migration haben wir dies getan, außer uns sonst niemand, und wo man dies nicht getan und die nationalen Regierungen eine die Migration unterstützende Politik verfolgten, war überall der Vertrauensverlust das Ergebnis davon. Das wirkt auf unsere europäische Parteienfamilie zurück. Jetzt muss man in eine andere Richtung losgehen.

– Man muss in eine andere Richtung losgehen, doch wird es im Dezember noch die Unterzeichnung des Migrationspaktes der UNO geben. Wir wissen ja, dass nach den Vereinigten Staaten von Amerika Australien, danach Ungarn, jetzt Österreich gesagt haben, vielen Dank, sie möchten nichts von diesem Pakt wissen, und es gibt vielerorts hier in Europa eine Debatte darüber, ob man ihn akzeptieren soll oder nicht, ob man im Rahmen dieser Verhandlungsreihe verbleiben soll oder nicht, ob man den Pakt unterschreiben soll oder nicht?

– Ja, dies mit der Frage der gestrigen Wahl in der Volkspartei verbindend kann ich sagen, dass es unsere Sache ist – wir sind ja die Europäische Volkspartei, das ist auch unser Name –, auf der Seite der Menschen zu stehen. Dort, wo unsere Schwesterparteien dies zu tun versäumt haben, dort muss dies erneut getan werden, man muss sich auf die Seite der Menschen stellen, und man muss sie vor der illegalen Migration, dem Terrorismus, der Kriminalität und den wirtschaftlichen Problemen beschützen. Deshalb dürfen wir unserer Ansicht nach auch nicht die internationale Vereinbarung über das Migrationspaket der UNO unterzeichnen, da dies meiner Meinung nach dem Willen und den Interessen der überwiegenden Mehrheit der europäischen Menschen entgegengesetzt ist. Deshalb hat Ungarn in zeitlicher Folge als zweites Land nach den Vereinigten Staaten diesen in Anfertigung begriffenen Pakt lesend und analysierend ihn zurückgewiesen, denn wir haben gesehen, dass daraus nichts Gutes hervorgehen wird. Dies spricht im Übrigen für unseren Herrn Außenminister, Péter Szijjártó, dass wir zur richtigen Zeit, unter den ersten reagieren konnten. Jetzt sehen wir, dass immer mehr Länder unserem Beispiel folgen, nacheinander kündigen die Länder an, dass auch sie hieran nicht teilnehmen möchten. Ansonsten bin ich im Allgemeinen ein Befürworter internationaler Verträge, das sind in den meisten Fällen nützliche Dinge, jedoch haben wir es hier mit einer Ausnahme zu tun. Das ist ein schlechter Vertragsentwurf, das ist schlecht für die Menschen. Hier will man Dinge auf die Ebene der internationalen konsensuellen Unterstützung heben, die den Interessen der ungarischen Menschen entgegengesetzt sind, zum Beispiel, dass die Migration eine Art Menschenrecht sei, und wenn jemand losgeht und irgendwo ankommt, er dort die gleiche Versorgung erhalten muss, wie die dort vor Ort Lebenden. Das sind also alles Dinge, die – was ich nachvollziehen kann – von Afrika oder aus einigen Ländern Asiens aus gesehen als wünschenswert erscheinen, obwohl man auch gerade über diese Ansicht diskutieren könnte, warum es gut sei, wenn sie ihre agilsten, mutigsten, zum Risiko bereiten und arbeitsfähigsten Volksschichten verlieren – doch soll dies alles ihre Sache sein –, aber in der UNO befinden sich letztlich doch jene Länder in der überwiegenden Mehrheit, die Migranten aussenden. Und hier besteht ein offensichtlicher Interessengegensatz. Wir wollen keine Migranten aufnehmen, und deshalb können wir auch kein dieses Ziel als edel, erhaben und als das gemeinsame Ziel der Menschheit darstellendes Dokument akzeptieren.

– Es ist vielleicht auch kein Zufall, dass gerade jene Länder als erste ausgesprochen haben: „vielen Dank, das wollen wir nicht“, die sich bereits mit diesem Problem konfrontiert gesehen hatten. Sie wissen, was es bedeutet, wenn die illegalen Einwanderer ohne Papiere dort an der Grenze sind, und Drohungen aussprechen und Forderungen stellen.

– Ja, aber es geht nicht nur darum, dass wir schon alles Mögliche erlebt haben – wobei auch das eine wichtige Sache ist –, jedoch ist es vielleicht noch wichtiger, dass internationale Vereinbarungen, Deklarationen dieser Art in Wirklichkeit – wie man in der Sprache Brüssels sagen würde: – eine Sogwirkung ausüben. Sie starten immer weitere Migrationswellen, denn es ist nicht möglich, dies in den Teilen der Welt, in denen schwierigere Lebensbedingungen herrschen, anders zu verstehen, die dort lebenden Menschen können Erklärungen diesen Typs nicht anders deuten, als dass es Orte auf der Welt gibt, an denen man sie erwartet. Denn die Migration sei ja ein Menschenrecht, und die Migration sei ja eine gute Sache, und die müsse man nicht aufhalten, sondern managen, wie man das ja auch in Brüssel zu sagen pflegt. Dann wird der, der in Afrika lebt und dem ein schweres Schicksal zuteil geworden ist, denken: „Es lohnt sich, den Versuch zu wagen, denn dort werden wir ja erwartet.“ Solche Dokumente lösen also immer weitere und weitere internationale Migrationswellen aus, deshalb muss man entschieden „nein“ sagen, und wenn schon die ganze Welt oder ein Großteil von ihr den gesunden Menschenverstand verloren hat und nicht auf die Meinung ihrer eigenen Menschen, ihrer Bürger neugierig ist, so sollte es doch einige Länder geben, unter ihnen Ungarn, die für einen jeden klarstellen wollen: „Kommt nicht hierher!“ Wir lassen im übrigen Flüchtlinge im Rahmen internationaler Verfahren – was kein einfaches und kein schnelles Verfahren ist – nach entsprechender Untersuchung selbstverständlich in unser Land, aber Migranten werden wir nicht hereinlassen, die in der Hoffnung auf ein besseres Leben Kommenden lassen wir nicht herein. Wir verfolgen eine Politik, die deutlich macht, wie viele Gastarbeiter wir in einem Jahr in wie vielen Berufen, in denen ein Mangel an Arbeitskräften herrscht, empfangen können, aber diese müssen danach wieder gehen und sie dürfen nur in diesen Berufen arbeiten, in denen ein Mangel herrscht. Wir verfügen also über ein gutes, auf Grundlage der nationalen Interessen ausgearbeitetes System von Regeln, wie wir uns gegenüber Fremden stellen sollen, wen wir hereinlassen, wen wir nicht hereinlassen, warum wir hereinlassen, wie lange man bleiben darf. Und dieses System von Regeln wollen wir nicht ändern, denn dieses Regelsystem geht nicht von abstrakten Prinzipien, sondern von den Interessen der ungarischen Menschen aus.

– Sie sagten, viele Länder seien nicht neugierig auf die Meinung ihrer eigenen Bürger – jetzt wird die ungarische Regierung erneut die ungarischen Bürger fragen. Die Fragen, die Fragebogen der Konsultation über den Schutz der Familie werden bereits auf dem Postweg versandt. Gleichzeitig kann man in der oppositionellen Presse lesen, dass wir gemessen am Nationaleinkommen schon gerade genug Geld für die Familien ausgeben. Warum muss man dies noch erhöhen?

– Schauen Sie, das ist ein Einwurf seitens der Opposition, der es verdient, ernst genommen und untersucht zu werden, denn es stimmt tatsächlich, dass wir im europäischen Vergleich und nicht in absoluten Zahlen, sondern im Vergleich zu unserem Bruttoinlandsprodukt, also zu unserer Wirtschaftsleistung, wir, Ungarn, tatsächlich – soweit ich das sehe – die höchste Summe für die Unterstützung der Familien ausgeben. Doch dahinter steckt über die Emotionen hinaus, denn wir lieben die Kinder, wir lieben die Frauen, wir lieben die Familien, das ist eine gute Sache, also ist es auch eine gute Sache, so etwas zu unterstützen, doch steckt dahinter auch die Überlegung – und dies ist schon eine emotionsfreie, rationale Überlegung –, dass in Ungarn die Bevölkerung kontinuierlich abnimmt. Und es ist nur eine mathematische Formel und es Bedarf nur der Fähigkeit des Rechnens, um sehen zu können, dass wenn es so weitergeht, dann werden die Ungarn verschwinden. Dies hört sich zwar absurd an, denn auf der Straße sehen wir sehr viele Ungarn, aber wenn man ein Politiker ist, und man viele Jahre vorausdenken muss, und zwar nicht nur ein-zwei Jahre und nicht nur bis zu den nächsten Wahlen, sondern man auch eine langfristige Verantwortung für das Schicksal der Ungarn, das Schicksal der Gemeinschaft trägt – und das ist meine Aufgabe –, dann muss ich sehen, was in zehn Jahren sein wird, was in zwanzig Jahren sein wird, in dreißig Jahren, wenn die Dinge so weitergehen. Und das Gedicht von János Arany, laut dem der liebe Gott am Ende keinen weiteren Ungarn haben wird, ist kein absurder Gedanke, das ist ein mathematisch deutlich überschaubarer Prozess. Doch ist dies nicht eine Strafe Gottes, sondern dies ist deshalb so, weil wir, Ungarn, – ich weiß nicht genau warum, aber aus irgendeinem Grund – weniger Kinder in die Welt setzen als zur biologischen Erhaltung unserer Gemeinschaft nötig wären. Hieraus haben sich im Laufe der Geschichte immer Probleme ergeben. Es würde vermutlich den Rahmen der Sendung sprengen, wenn ich diese Beispiele hier ausführen würde, doch ist es uns immer schlecht ergangen, wenn wir das Leben, das Kind, die Familie nicht in genügendem Maße respektiert haben. Zugleich ersehe ich aus den Untersuchungen auch, dass wenn junge Leute sich über ihre zukünftige Familie Gedanken machen, sie im Allgemeinen mehrere Kinder möchten, jedoch wenn sie das Erwachsenenalter erreichen und mit den materiellen Problemen des Alltagslebens konfrontiert werden, dann geben sie ihre Pläne auf oder verringern sie, und am Ende – soweit ich das sehe – haben sie am Ende wegen der grundlegenden Probleme weniger Kinder, als sie dies noch einige Jahre zuvor geplant hatten. Und ich sage ehrlich, mir schwebt ein Ungarn vor, in dem kein einziger Jugendliche seine Pläne hinsichtlich seiner künftigen Kinder, hinsichtlich der Familiengründung nur aus dem Grund verändern muss, weil er sich an der Schwelle zum Erwachsenenalter materiellen Schwierigkeiten gegenübersieht. Ich muss also sagen, dass das, was wir vorschlagen, dass die Familienpolitik noch stärker sein soll, das ist gut für unsere Nation im historischen Zusammenhang, ist gut für die Jugendlichen, denn auch sie möchten dies, und ist insgesamt für uns alle gut, denn wir werden ein fröhlicheres, glücklicheres Land sein, wenn wir jünger sein werden. Und das Durchschnittsalter eines Landes wird durch die Zahl der Kinder bestimmt.

– Anscheinend findet diese Politik jetzt schon Nachahmer, denn in Italien liegen ja konkrete Maßnahmen vor der Regierung auf dem Tisch, auch dort möchte man den Familien helfen. Denn auch Italien ist der Ansicht, dass die abnehmende Bevölkerung nicht durch Migranten, sondern durch die einheimische Bevölkerung ersetzt werden soll.

– Dort gibt es jetzt eine neue Regierung, die familienfreundlich und migrationsfeindlich ist. Die führenden Politiker der westeuropäischen Länder hingegen sind – sagen wir entgegen meiner Position oder auf eine von uns abweichende Weise – der Ansicht, dass es eine einfachere Lösung gebe, und es sich lohne, diese zu wählen. Und die einfachere Lösung lautet, dass wir mindestens so viele Migranten hereinlassen sollen, wie Menschen fehlen, weil nicht genügend Kinder geboren werden, und dann werden die Zahlen in Ordnung sein, die Wirtschaft wird funktionieren. Doch der Ungar denkt anders, ich jedenfalls mit Sicherheit, wir brauchen keine Zahlen, sondern ungarische Kinder. Deshalb akzeptieren wir die Meinung nicht, dass die Migration unsere Bevölkerungsprobleme lösen würde – wir sind der Meinung, dass wir hierzu in der Lage sind, nur organisieren wir unser Leben nicht gut genug, damit dieser wichtige Gesichtspunkt zur Geltung kommen kann. Insoweit stimmen wir mit der italienischen Regierung überein.

– Deshalb sind also die Nationale Konsultation und jene zehn Fragen, die sie gestellt haben, wichtig.

– Schauen Sie, wir haben schon vieles getan. Natürlich hat es ein jeder gern, wenn man seine Arbeit anerkennt, und man freut sich, wenn man auch selbst auf den einen oder anderen Aspekt der eigenen Arbeit zumindest so blicken kann, als etwas, worauf man stolz sein darf, da bin auch ich keine Ausnahme von der Regel. Und wenn wir zurückblicken, wie die Unterstützung der Familien 2010 aussah und wie sie heute aussieht, dann haben wir allen Grund, stolz zu sein. Selbstverständlich habe nicht nur ich allen Grund dazu, sondern das ganze Land, denn das Land hat die Möglichkeit erarbeitet, dass wir mehr für die Familien aufwenden können. Wir haben die Steuervergünstigungen für Familien eingeführt, dann haben wir die Kinderbetreuungspauschale und die Kinderbetreuungshilfe zurückgebracht, haben die Kinderbetreuungspauschale Extra ins Leben gerufen, dann haben wir die Unterstützung zur Schaffung einer Wohnung und eines Eigenheimes zurückgebracht bzw. ausgedacht und eingeführt. Gerade jetzt hatte ich nachgesehen, in der letzten Zeit sind die Plätze in den Kindergärten um etwa zehntausend und die in den Kinderkrippen um etwa zwölftausend angestiegen, und wir werden weitere Kindergärten und Krippen bauen. Noch nie haben so viele Kinder umsonst ihre Schulbücher erhalten und konnten umsonst in der Schule die Verpflegung erhalten. Die Situation ist aber trotzdem die, dass dies noch immer nicht genug ist. Jetzt wird es, soweit ich das sehe, möglich sein, die Wirtschaft vorerst auf dieser, den Durchschnitt der Europäischen Union übertreffenden Bahn zu halten, es lohnt sich also darüber zu sprechen, was man noch auf rationale Weise im Interesse der Kinder und Familien tun könnte, und darum geht es in der Konsultation, in deren Rahmen wir von den Bürgern nicht in Detailfragen eine Wegweisung erwarten, und wenn sie gelingt, dann werden wir im kommenden Zeitraum manch eine Entscheidung im Geiste der jetzigen Konsultation fällen können. Ich weiß, ein jeder hat viel zu tun, doch bitte ich die Ungarn, besonders die Damen, die Frauen, dass sie eine halbe Stunde ihres Lebens zum Ausfüllen dieses Fragebogens aufwenden und ihn ausfüllen, denn damit unterstützen sie unsere Arbeit. Und wenn sie unsere Arbeit unterstützen, dann unterstützen sie auch die ungarischen Familien.

– Der Zustand der ungarischen Wirtschaft erlaubt es, dass die ungarische Regierung die Familien besonders unterstütze. Gerade jetzt hat auch die Europäische Kommission die Aussichten, die Aussichten auf die Entwicklung der ungarischen Wirtschaft für dieses und das kommende Jahr modifiziert, nach oben hin modifiziert, den internationalen Organisationen hierin folgend. Also sind auch sie optimistisch in dieser Hinsicht. Nun, darin, dass die Wirtschaft gut funktioniert und gut produziert, das Nationaleinkommen steigt, spielt der Handel eine Rolle. Sie waren jetzt vor Helsinki zwei Tage in Schanghai auf einer Weltausstellung.

– Ja, ich bin aus Schanghai nach Finnland zurückgekommen.

– Nur soviel: Die Ausmaße Ungarns begründen eigentlich nicht die besondere Rolle, die wir dort in Schanghai erhalten haben. Wodurch haben wir dies erreicht?

– Im Allgemeinen können wir eine Aufwertung im Fall Ungarns beobachten. Dies ist meiner Ansicht nach zwei Dingen zuzuschreiben. Wenn Sie sich jetzt in Europa umschauen, dann werden Sie sehen, dass die Zahl der über einen stabilen Hintergrund verfügenden Regierungen immer weiter abnimmt. Schweden hat bereits seit ich weiß gar nicht wie vielen Monaten keine Regierung. Die Deutschen haben auf eine für sie unübliche Weise ein halbes Jahr gelitten, bis sie ihre gegenwärtige Regierung aufstellen konnten, um die herum sich erneut alle möglichen Vibrationen gezeigt haben. Wir kennen die Umstände und die Schwierigkeiten im Zusammenhang damit, wie die italienische Regierung aufgestellt werden konnte. In Spanien gibt es schließlich eine Minderheitenregierung. Man kann also deutlich sehen, dass die politische Stabilität einen großen Wert darstellt. Und in Mitteleuropa, innerhalb dessen auch besonders in Ungarn, vor allem auch nachdem es bei den dritten Wahlen gelang, die Arbeit der gegenwärtigen Regierung aufrechtzuerhalten, da die Menschen uns ihr Vertrauen ausgesprochen haben, entfaltet sich ein Bild über Ungarn, dass einen ernsthaften Vorteil bedeutet und zu einer Aufwertung führt; ein politisch stabiles, berechenbares Land. Man kann planen, man kann wissen, was geschehen wird. Die ausländischen Investoren, die mit uns Handel treibenden Partner wissen genau, wen sie vor sich haben. Denn langsam stehen ihnen seit zehn Jahren die gleichen Menschen gegenüber. Es gibt auch eine personelle Kontinuität, es gibt politische Kontinuität, auch die Person des Ministerpräsidenten ist unverändert. Hinzu kommt noch die Aufwertung Mitteleuropas und Ungarn ist Teil dieser Region. Die Polen, die Tschechen, die Slowaken, wir, von Zeit zu Zeit auch die Rumänen weisen das Doppelte hinsichtlich ihres Wachstums auf wie der Durchschnitt der Europäischen Union. Und es gibt einen breiten fachlichen Konsens in ganz Europa. Das pflegen die Ungarn im Allgemeinen nicht zu glauben, denn wir sind ein argwöhnisches Volk, aber glauben Sie mir, es existiert ein breiter fachlicher Konsens darüber, dass in den kommenden fünf bis zehn Jahren der Motor der europäischen Wirtschaft, die Quelle des Wachstums Mitteleuropa sein wird, Ungarn mit inbegriffen. Dies sehen die Chinesen deutlich. Deshalb haben sie eine Form der Zusammenarbeit ausgedacht, an deren Ersinnen auch wir beteiligt waren, diese Form ist in Budapest zustande gekommen, man nennt sie 16+1, sie umfasst die Zusammenarbeit von 16 Ländern Mitteleuropas sowie des Balkan mit China. Übrigens werde ich nach dem Gespräch mit Ihnen zur Nationalbank gehen, denn dort wird es zu dem Treffen der Präsidenten der Notenbanken der 16 Länder plus des chinesischen Notenbankpräsidenten kommen, und diese Konferenz muss ich eröffnen. Das zeigt sehr gut, wie sich die Zusammenarbeit bereits auch auf derart heikle, empfindliche Bereiche erstreckt wie die Finanzen, wie Fragen der Notenbank. Damit möchte ich also sagen, dass es die langfristige Zusammenarbeit Chinas – das in einem Maße wächst, das über den Durchschnitt der Weltwirtschaft liegt – und des in einem den Durchschnitt der europäischen Wirtschaft übertreffenden Tempo wachsenden Mitteleuropas ist, die wir uns vor Augen halten. Und in diesem Zusammenhang muss man es deuten, warum man Ungarn in einem Land wie China, das hundertmal größer ist als unser Land, Gewicht, Ansehen und Anerkennung verleiht.

– Es gibt aber viele Mitbewerber, die auf den chinesischen Markt wollen. Wie können wir dort Erfolg haben?

– Da ist nun wirklich Platz genug! Ich war schon mehrfach dort. Die Wahrheit ist, dass jedes Land seinen eigenen Schlachtplan besitzt, wir auch. Ungarn kann ja schon auf Grund seiner Ausmaße in der Massenproduktion keine führende Rolle spielen, doch sind wir gut in Qualitätsprodukten bestimmter Marktsegmente. Auch jetzt haben dort ungarische Firmen vier oder fünf Verträge unterzeichnet. Es war eine Expo, eine internationale Ausstellung, an der ich teilgenommen hatte. Es gab einen ungarischen Pavillon, ungarische Firmen waren vertreten, ich habe diese ungarischen Groß-, Mittel- und Kleinunternehmen getroffen, die gerade mit ihren chinesischen Partnern verhandelten, und wir verkaufen dort angefangen mit, sagen wir, dem Tokajer Wein, was wir alle für selbstverständlich halten, bis hin zu sagen wir mit Gänsedaunendecken alles, was eine gute Qualität besitzt. Und die Ungarn sind talentiert, diese Unternehmen haben vor einigen Jahren – übrigens auch mit Hilfe der Regierung – sich auf dieses Abenteuer eingelassen und haben ihre Erwartungen erfüllt gesehen. Und es wird immer größer, jedes Jahr brechen wir den Rekord, jetzt liegt unser Export, den wir nach China liefern, schon irgendwo zwischen zwei, zwei und halb Milliarden Dollar. Über die Staaten der Europäische Union hinaus, also außer ihnen ist unser Partner Nummer eins China, und dies beinhaltet auch einen Handel, der Jahr für Jahr einen Zuwachs von 10-15-18 Prozent zeigt. Es gibt also eine Perspektive in dieser Zusammenarbeit. Es gibt zwar immer wieder Nachrichten darüber, die aber wohl eher hier, im Westen, Wunschträume sind, wie die chinesische Wirtschaft schwach werden wird, aber ich habe sie gesehen, und sie machen nicht den Eindruck, als ob sie sich darauf vorbereiten würden, schwach zu werden. Dort gibt es einen großen Markt, es gibt große Möglichkeiten, nur wir müssen chinesisch sprechen, wir müssen uns hierauf in unserem Denken einstellen, wir müssen unsere Fachleute ausbilden, und wir können dort zurechtkommen, wenn auch nicht im Bereich der Massenproduktion, jedoch eindeutig im Bereich der Qualitätsprodukte. Und natürlich gibt es von Zeit zu Zeit Störungen, diese müssen behoben werden, das war auch das Ziel meiner Reise, denn wegen der Vogelgrippe haben sie unseren, den einen bedeutenden Handelsposten darstellenden Geflügelexport gestoppt, eingefroren, und man musste erreichen, da hier Zuhause die allgemeine Hygienelage sich verändert hat, dass sie dies aufheben. Es gelang auch, dies zu erreichen, so dass dies erneut die Möglichkeit eines Geschäfts in der Höhe von vielen hundert Millionen Dollar in China eröffnet hat.

– Am Ende des Gesprächs gibt es hier noch ein Problem, die Angelegenheit der CEU. Die Universität behauptet ja fest und steif, dass sie den gesetzlichen Vorschriften entspreche, zugleich gibt der Prorektor zu, dass sie im Grunde genommen keine Ausbildung, keine Heimatinstitution in Amerika besitzen, wie es das ungarische Gesetz vorschreibt, und es verleiht nur eine Urkunde, gibt aber kein Diplom. Wir sehen in dieser Angelegenheit nicht klar.

– Das ist auch schwer. Die Angelegenheit der Soros-Universität ist eine alte Angelegenheit der ungarischen Politik, und seitdem sie hier in Ungarn sind, gibt es ständig Hysterie um sie herum. Im Übrigen wissen auch die Menschen kaum etwas über die Soros-Universität. Das ist keine große Universität, nicht einmal im ungarischen Maßstab. Das ist im Übrigen eine Privatuniversität mit etwa 1.700 Studenten, und ich glaube, 80 Prozent von ihnen dürften Ausländer sein. Es gibt eindeutige Gesetze in Ungarn, die für alle gültig sind, ein jeder muss sie einhalten, und man weckt vergeblich Hysterie um die eine oder die andere Universität, ich bin nicht dazu bereit, jemanden von der Geltung des Gesetzes zu befreien. Die Gesetze müssen also eingehalten werden. Und die Aussage, nach der die Universität aus Ungarn weggehen würde, reihe ich in die Kategorie des Bluffs ein. Alle gesetzlichen Voraussetzungen für ihr Wirken in Ungarn sind gegeben, die Gesetze garantieren ihre Tätigkeit, ich wage es, einen hohen Einsatz darauf zu setzen, dass wir sie noch in Budapest sehen werden.

– Weil sie sagen, sie würden keine Genehmigung für Ungarn erhalten, das ist es, was sie befürchten.

– Ich sage es noch einmal: Das Gesetz ist die klare Rede.

– Vielen Dank! Sie hörten Ministerpräsident Viktor Orbán.