21. Juli 2017
Éva Kocsis: Es ist drei Minuten nach halb acht. Im Studio schon anwesend ist Ministerpräsident Viktor Orbán, guten Morgen!
Guten Morgen! Ich begrüße recht herzlich die Zuhörer.
Mehrere Tage lang war der israelische Ministerpräsident hier in Ungarn. Auf der Veranstaltung des Mazsihisz (Verband der Jüdischen Glaubensgemeinschaften Ungarns) hat der israelische Ministerpräsident im Grunde genommen auf jene Kritikpunkte, die der Vorsitzende des Mazsihisz ins Gespräch gebracht hat, mit keinem einzigen Wort geantwortet. Und dann haben im Grunde alle aufgeregt beobachtet, ob der israelische Ministerpräsident auch im Rahmen der Vieraugengespräche derart zurückhaltend sein wird im Zusammenhang mit der Situation in Ungarn und den Soros-Plakaten.
Der israelische Ministerpräsident hat öffentlich alles gesagt, was er sagen wollte, er ist nicht darauf angewiesen, dass ich das ergänze, was er sagen will. Man spricht auch dadurch, indem man auf etwas reagiert und auch indem man nicht reagiert.
Aber war er auch ansonsten während der hier verbrachten Tage derart vergnügt, wie, sagen wir, in dem Mazsihisz?
Eine große Sache ist geschehen, es lohnt sich also nicht, den Besuch in die gewohnte Kategorie des Typs „wir haben ein gutes Verhältnis” einzuordnen, da zweifelsohne zwischen uns und der israelischen Regierungspartei ein langer, mehr als zehn Jahre betragender Kontakt besteht. Das alles will ich jetzt nicht aufzählen, weil es vielleicht auch gar keine Bedeutung hat. Bedeutung besitzt, dass seit der Staat Israel existiert, kein Führer des jüdischen Staates jemals einen offiziellen Besuch in Ungarn absolviert hat. Dies war der erste Fall. Meiner Ansicht nach lohnt es sich also auf dieser Augenhöhe, auf diesem Horizont, das Treffen zu betrachten, und deshalb ist die häufig als etwas verbraucht erscheinende Wertung „historisch“ nicht unbegründet. Und auch das ist eine bedeutende Sache, dass der israelische Ministerpräsident – obwohl er deutlich gemacht hat, dass für den Staat Israel keinerlei antisemitische Äußerung, antisemitische Politik, jede Art von in diese Richtung zeigende Tendenz, wo immer sich dies auf der Welt ereignen sollte, unannehmbar ist, und Israel auch immer dagegen auftreten wird, aber – hierher kommt er nicht aus diesem Grunde, sondern wegen der Zukunft. Er suchte Möglichkeiten dafür, wie man mit Ungarn in den kommenden Jahrzehnten auf der Grundlage gemeinsamer Interessen zusammenarbeiten kann. Bei dem Treffen ging es um die Zukunft und wir haben auch einen Schlüssel für die Tür gefunden.
Wir sprechen vielleicht auch gleich über die konkreten Vereinbarungen. Sie haben betont, dass der ungarische Staat eine Schuld an der Deportation der Juden trägt. War dies bisher nicht eindeutig? Warum haben Sie das jetzt betont? War dies eine protokollarische Betonung?
Ich habe überhaupt nichts betont, denn dies ist eine evidente Tatsache, die wir alle kennen.
Warum wurde der Besuch jetzt angesetzt? Wegen der V4?
Die V4 stellten zweifelsohne ein gutes Apropos dar, aber das erstrangige Ereignis des Besuches war ein offizielles zwischenstaatliches Treffen zwischen Ungarn und Israel. Ich bin der Ansicht, dass das Treffen auch unabhängig von den V4 hätte zustandekommen können. Also muss ich wohl doch in die Vergangenheit zurückgehen. Ich kenne den Herrn Ministerpräsidenten bekanntlich gut, und obgleich jedwede solche Einordnung eine Vereinfachung darstellt, wofür ich Sie und auch die Zuhörer um Verzeihung bitte, aber es ist auch nicht einfach, eine komplizierte Welt zu beschreiben. Grundsätzlich gibt es aber heute zwei Arten von führenden Politikern in der Welt: Es gibt die Globalisten und die Patrioten, und es steht außer Zweifel, dass der gegenwärtige Ministerpräsident des Staates Israel zu dem Klub der Patrioten gehört. Diese Erfahrung habe ich im Laufe unserer langen Bekanntschaft häufig genug machen können, er ist ein harter Mann, so wie auch das Leben des Staates Israel nicht leicht und das Land selbst hart ist. Und da auch wir nicht gerade Balletttänzer sind, haben wir einander verstehen können.
Es gab ein gemeinsames Wirtschaftsforum, ein ungarisch-israelisches Wirtschaftsforum. Sind auch konkrete Vereinbarungen getroffen worden?
Ich habe die Leiter zahlreicher in Ungarn tätigen israelischen Firmen getroffen. Es gibt unter ihnen auch solche, über die wir kaum etwas wissen, die aber zu den besten Firmen der Welt gehören. Zum Beispiel werden von einer israelischen Firma innerhalb der Hi-Tech-Industrie – die Navigationssysteme entwickelt – in Ungarn mehrere hundert Entwicklungsingenieure beschäftigt, und die israelischen Firmeneigentümer haben nur mit der größten Anerkennung über die Tätigkeit der ungarischen Ingenieure und Entwickler gesprochen. In dieser Computerindustrie, in dieser Hi-Tech-Industrie betrachtet man Ungarn – es Goldgrube zu nennen, wäre übertrieben, aber – als ein Land, in dem sehr viele Talente zu finden sind, die Angehörigen der jungen Generation von Ingenieuren verstehen die moderne Welt und sind im weltweiten Vergleich wettbewerbsfähig. Ich muss also sagen, konkrete Abkommen haben miteinander die Geschäftsleute abgeschlossen, und nicht die Regierungschefs. Der Ministerpräsident, dem ich mehrere Vorschläge gemacht habe, sagte auch, dass er zu jenen gehört, die die Errichtung solcher Fonds sowie derartige, eine bürokratische Herangehensweise bedeutende Lösungen in Richtung auf die Wirtschaft kaum unterstützen, denn daraus wird dann Bürokratie und kein Geschäft. Und das Wesentliche der Wirtschaft ist das Geschäft. Also muss man konkrete Programme und Zusammenarbeit und Investitionen und Entwicklungen unterstützen, weshalb wir über sehr viel Geld gesprochen haben, das wir für diesen Zweck gebrauchen werden, jedoch nicht auf bürokratische Weise, sondern ausgesprochen zur Unterstützung der Programme. Er hat ein großzügiges Angebot gemacht, das ich auch angenommen habe, und das auch die drei anderen mitteleuropäischen Ministerpräsidenten angenommen haben. Dabei geht es darum, da wir in dieser Hi-Tech-Industrie über Israel behaupten können, dass es als Weltmacht gilt, oder zumindest unter den Größten in diesem ganzen Start-up-Business – das man langsam auch schon auf Ungarisch so nennen muss – zu finden ist. Also sind wir in dieser unternehmerischen Form des Typs „starten wir aus dem Nichts“, „denken wir uns neue Geschäftsformen aus”, im Rahmen dieser Gattung sind wir über eine derartige Kooperation übereingekommen, dass sie in ihren Firmen ungarische Ingenieure, Entwickler, Studenten aufnehmen, die später in diesem Industriezweig arbeiten möchten, und auf diese Weise, durch dieses Programm auch zu der modernsten israelischen Technologie Zugang erhalten.
Sie haben eine Arbeitsgruppe gegen den Terror aufgestellt. Wir wissen, dass Sie hierüber übereingekommen sind, aber was ist das Ziel, wer sind ihre Mitglieder? Was werden ihre Aufgaben sein?
Terroristische Aktionen ereignen sich heute an zahlreichen Punkten der Erde und im Nahen Osten sind sie alltäglich. Dies ist eines der großen Probleme des Staates Israel. Und jetzt, nachdem wir oder die führenden Politiker einzelner Staaten millionenfach Migranten nach Europa hineintransportiert haben, ereignen sich inzwischen – zum Glück noch nicht im Tagesrhythmus, aber wiederkehrend – auch in Europa Terrorattacken. Diese terroristischen Taten, die im Mittleren Osten sowie jene, die auf dem Gebiet Europas verübt werden, sind zum Teil organisatorisch und personell miteinander verbunden, deshalb ist es begründet, dass die Visegrád-Länder und der Staat Israel, ganz Europa und der Staat Israel eine Antiterrorzusammenarbeit etablieren. Hierzu haben wir jetzt eine Arbeitsgruppe aufgestellt, unsere Geheimdienste, unsere Einheiten der Terrorbekämpfung werden in der Zukunft zusammenarbeiten.
Wenn ich die Ereignisse der vergangenen Monate überblicke, wenn ich betrachte, dass der amerikanische Präsident in Warschau Gespräche geführt hat, bevor er nach Westeuropa gereist wäre, wenn ich betrachte, dass die Drei-Meere-Initiative erneut an Bedeutung gewonnen hat und im Allgemeinbewusstsein erneut stärker präsent ist, wenn ich Ihre Treffen mit dem ägyptischen Präsidenten, dem türkischen Präsidenten und all das ergänzend mit den V4 betrachte, und jetzt, dass auch die V4 sich mit dem israelischen Ministerpräsidenten abgestimmt haben, dann entsteht berechtigterweise die Frage, ob diese Art der Kooperation, der Verstärkung irgendeine Art von Kräftedemonstration für Westeuropa sei?
Keine Kräftedemonstration, sondern Kraft, und nicht für Westeuropa, sondern für die mitteleuropäischen Bürger, darunter für die ungarischen. Die Aufgabe der Regierungen, die Aufgabe der ungarischen Regierung und auch des Ministerpräsidenten, auch meine, ist es, die ungarischen Menschen zu schützen. Da die Bedrohung von außen kommt, braucht Ungarn hierzu Partner. Ich suche diese, ich finde sie, mit ihnen komme ich überein. Sie haben richtig gesagt, dass es drei diplomatische Aktionen Ungarns gab, die man in dieser Logik sehen kann; so war es, deshalb habe ich an allen drei Orten verhandelt. Ich habe in Ankara mit dem türkischen Präsidenten, in Budapest mit dem ägyptischen Präsidenten und in Budapest auch mit dem Ministerpräsidenten von Israel Gespräche geführt. Diese Länder sind Schlüsselländer für die Europäische Union. Wenn diese Länder nicht in der Lage sind, die zur illegalen Migration führenden terroristischen Aktionen im Nahen Osten zu stoppen, wenn die Türkei die Migranten nicht aufhält, wenn sich die hundert Millionen Menschen betragende Bevölkerung Ägyptens aus irgendeinem Grund auf einmal losgeht, weil sie den Glauben daran verliert, dass es einen Sinn hat, Zuhause zu bleiben, und wenn Israel mit seiner militärischen Kraft nicht regelmäßig gegen die militanten terroristischen Gruppen vorgeht, dann wird immer wieder eine weitere Migrantenflut Richtung Europa losgehen, und dies wird auch Ungarn, auch die ungarischen Menschen betreffen. Wenn Sie so wollen, so habe ich mit diesen Menschen im Interesse des Aufbaus der äußeren Verteidigungslinie Ungarns verhandelt. Meiner Ansicht nach habe ich gute Abkommen abgeschlossen, und was man der Sicherheit Ungarns von außen, mit den Mitteln der Diplomatie hinzufügen konnte, das habe ich jetzt hinzugefügt.
Die V4 haben den Italienern auch einen Brief geschrieben, im Grunde genommen haben Sie Ihre Hilfe angeboten. Haben Sie ernsthaft gedacht, dass nach den im Übrigen durch die Italiener relativ viel kritisierten Plänen zum Umgang mit der ungarischen Migrationssituation die Italiener gerade Ihre Vorstellungen, Ihre Pläne beherzigen würden?
Schauen Sie, die Italiener haben zwei Möglichkeiten: Entweder sie schließen den Laden oder sie nehmen die Hilfe an. Nicht nur von uns, sondern von allen anderen. Italien hat also schwerwiegende Probleme. Wenn das so weitergeht, destabilisiert sich das ganze Land. Sie können, sie wollen die illegale Einwanderung nicht bremsen, sie sind dazu nicht in der Lage, zugleich reicht es den Österreichern und den Deutschen, beziehungsweise bei den Österreichern und den Deutschen ist das Fass übergelaufen. Sie werden jene Grenzen schließen. Ganz gleich, was die EU macht, sie kann das nicht ändern, ganz gleich, was in Brüssel die Bürokraten denken, man kann den Willen des österreichischen und des deutschen Volkes nicht überschreiben, und sie wollen nicht, dass die illegalen Migranten zu ihnen hineingehen. Hierfür gibt es eine einzige Möglichkeit, zum Erreichen dieses Ziels führt ein einziger Weg: Sie müssen die italienische Grenze sperren. Und wenn die Italiener nicht etwas machen, zum Beispiel nicht die Hilfe der Mitteleuropäer und die anderer Staaten akzeptieren, dann wird man ihnen ihre Nordgrenzen sperren und die Migranten werden alle dort bei ihnen bleiben. Dies bedeutet für Italien eine unüberschaubare Zukunft, voller Probleme, Schmerzen und Leiden. Das wünschen auch wir Italien nicht, denn Italien ist ja mit die wichtigste Wiege der europäischen Kultur, wir bewundern und respektieren es. Und andererseits ist es ein Schlüsselstaat in Richtung auf den Mittelmeerraum. Wir brauchen also ein stabiles und starkes Italien. Dass es auch in Italien noch Politiker gibt, die die im Übrigen offensichtlich gescheiterte Verteilungsquote forcieren, und ihre Probleme auf die Weise zu verringern versuchen, indem sie von diesen auch auf unseren Rücken ein-zwei „Buckel“ abladen und das Übel über Europa ausbreiten, zeugt von einem beschränkten Denkvermögen, und überhaupt nicht von gutem Willen. Jedoch ist dies keine Lösung für ihre Situation; auch sie wissen, dass dies nur in den Schlagzeilen der Zeitungen gut aussieht, aber niemanden der Wirklichkeit, der Lösung des Problems näherbringt. Irgendetwas müssen sie unternehmen. Es gibt auch eine Initiative in Italien, denn auch dort gibt es scharfsinnige Politiker, die der Volkspartei, das heißt der konservativen Parteienfamilie angehörenden deutschen und italienischen Außenminister haben schon mehrfach gemeinsam vorgeschlagen, dass die Migrantenflut in Libyen aufgehalten werden muss. Hieran schließt sich der Brief der V4 an, denn sowohl in Italien als auch in Deutschland gibt es innere Debatten darüber, ob dies ein guter Vorschlag sei, und die V4 wollten, indem sie zum Ausdruck brachten, dass sie sich an solch eine militärische, solch eine Polizeiaktion mit Geld, Personal, Technik, Wissen anschließen würden, in dieser inneren, in Deutschland und Italien geführten Diskussion ein Argument liefern. Wir Mitteleuropäer, die wir die Migrantenflut erfolgreich aufgehalten haben, über die ein jeder gesagt hatte, sie sei unaufhaltbar, wir aber, besonders wir Ungarn, bewiesen haben, dass man sie aufhalten kann, wir sind bereit, diese Hilfe und dieses Wissen Italien und Deutschland zu leisten und zu übergeben, und wir sollten gemeinsam hinunter nach Libyen gehen, um die Migrantenflut zu bremsen. Hierum geht es in unserem Brief, das sind ernsthafte Angebote.
Die Italiener wollen die Angelegenheit lösen, doch weder Frankreich noch das auf Seite der Quote stehende Spanien hat es ihnen erlaubt, die Migranten dorthin zu transportieren. Und andererseits unterhalten wir uns erneut darüber, dass wir bei der Lösung der libyschen Situation mithelfen sollen. Was macht denn die Frontex, die neue, ergänzte, ausgerüstete und ich weiß gar nicht mehr für wie viel Geld dorthin gebrachte neue Grenzschutzagentur? Was die europäischen Politiker schon tausendmal gesagt haben, dass sie verstärkt wurde, werden sie die Lage lösen?! Wo sind sie?
Aber sie haben es bisher noch nie gelöst. Das ist eine interessante Frage, die Forscher der Archive werden Ihnen eines Tages Ihre Frage beantworten können, wir haben hierfür keine Zeit. Wir müssen jetzt, morgen Früh die Migrantenflut aufhalten. Wer was in Brüssel sagt, welche papierene, in der Wirklichkeit im Übrigen nicht funktionierende Vorschläge ausgearbeitet werden, was geäußert wird, um in der Rolle der humansten Führer zu posieren, ist egal – während im Übrigen gerade als Ergebnis ihrer Politik Menschen zu hunderten im Wasser ertrinken, die hereinkommenden Migranten die Terrorgefahr in Europa erhöhen, die Zahl der Straftaten ansteigen lassen. Es gibt einen offensichtlichen Zusammenhang zwischen der Migration und der Verschlechterung der Situation der öffentlichen Sicherheit. Wenn wir schon über den israelischen Ministerpräsidenten gesprochen haben, dann muss gesagt werden: Es gibt einen offensichtlichen Zusammenhang zwischen dem Hereintransportieren der Migranten nach Europa und dem Anwachsen des Antisemitismus in Europa. Wem nützt das alles? Wir haben also keine Zeit auf die Frontex, auf europäische Lösungen zu warten. Ich kann allen nur die ungarische Erfahrung in Erinnerung rufen: Als die Migrantenflut auf dem Balkan losging, sagte man in Brüssel auf dem Gipfel der Ministerpräsidenten, es werde eine europäische Lösung geben. Damals hat die ungarisch Regierung beschlossen, drei Monate zu warten, damit es sich herausstellt, ob es eine europäische Lösung gibt. Und wenn es keine gibt, dann werden wir das Problem lösen. Denn das geht nicht, dass man in Europa, in Brüssel über eine Lösung predigt, wir hier aber die Migration erleiden. Drei Monate später gab es keinerlei europäische Lösung, Ungarn hat seine Grenzen geschlossen, hat die notwendigen Gesetze modifiziert, wir haben den Zaun errichtet und die Migrantenflut aufgehalten. Das empfehle ich allen: Nicht auf Brüssel zu warten, der Schutz der Grenze ist eine nationale Aufgabe. Das Land, das seine Grenze nicht verteidigen kann, das Land existiert nicht. Die Nation, die ihre Interessen nicht verteidigen kann, jene Nation existiert nicht, und wenn es sie auch jetzt noch gibt, so wird sie verschwinden.
Ist das jetzt ein Ultimatum?
Das ist kein Ultimatum, das ist die Wirklichkeit.
Ich frage das nur, weil jene, die Sie kritisiert haben, dass man nicht auf sie warten kann, das sind jene, die Entscheidungsträger in Europa sind, und...
Nicht sie sind die Entscheidungsträger, weil wir die Entscheidungsträger sind. Siehe, auch in Ungarn...
In Italien zum Beispiel teilen die Entscheidungsträger nicht diese Vorstellung.
Ja, aber in Ungarn teilen sie sie. Jede Nation trägt ihren Marschallstab in der eigenen Tasche. Das Land, das auf Brüssel wartet, verdient sein Schicksal. Mitteleuropa zeugt gerade davon, dass es Dinge gibt, die wir gemeinsam von Brüssel aus gut lösen können, und es gibt Dinge, bei denen dies nicht geht, deshalb muss eine sinnvolle Arbeitsteilung gefunden werden zwischen Brüssel und den Nationalstaaten. Zum Beispiel die Angelegenheit der Migration kann man nicht von Brüssel aus lösen. Man kann die Flut nicht von Brüssel aus aufhalten, und man kann auch keine gute Migrationspolitik von Brüssel aus gestalten. Dies gehört in die Zuständigkeit der Nationalstaaten, es hat auch immer dorthin gehört, man darf sie nicht nach Brüssel verlagern. Wir brauchen keine gemeinsame europäische Flüchtlingspolitik und wir benötigen keine gemeinsame europäische Flüchtlingsagentur, daraus wird nur Chaos, Übel und Leiden an den Außengrenzen Europas. Hier, in Ungarn, wäre es auch so. Hier wäre das, was jetzt in Italien ist, wenn ich auf Brüssel gewartet hätte.
Ein jeder, auch Sie, nennt immer wieder Libyen, dass man die Situation dort lösen müsse. Nur konnte bisher noch niemand genau erklären, was das praktisch bedeutet. Libyen ist ein zerstückelter, durch Stammes-, ethnische und terroristische Unruhen, durch innere Kämpfe zerschnittenes Land. Die Menschenschmuggler bedanken sich, sie leben und blühen geradezu, der Europäischen Union ist auf diesem Gebiet nicht gelungen, auch nur das Geringste zu erreichen.
Aber soviel ist „gelungen“, dass sie die NROs genannten Organisationen unterstützt, die dann wiederum mit den Menschenschmugglerm kooperieren, mit ihnen zusammenarbeiten. Das...
Ich nehme an, das „gelungen“ meinen Sie in Anführungszeichen.
Ja. Darüber wird in Italien schon offen gesprochen, die italienische Presse ist schon voll mit Beweisen dafür, dass die durch George Soros unterstützten NROs und die Menschenschmuggler zusammenarbeiten, damit sie aus Europa einen Kontinent mit gemischter Bevölkerung erschaffen, und mit gemeinsamer Kraft diese Migranten auf den europäischen Kontinent hineinbringen.
Und fügen wir noch hinzu, dass die libysche Regierung, die eine Regierung – weil es mehr als eine gibt – schön grüßen lässt, aber von der Europäischen Union keine Hilfe haben möchte. Wie sieht also hier die Hunderttausenddollarlösung aus?
Ich würde jetzt nicht ins Detail gehen wollen, dort müssen militärische Aktionen durchgeführt werden. Und zu deren Wesen gehört, dass man sie nicht im Rahmen von Radiointerviews zu erörtern pflegt. Sie müssen organisiert werden, ein Aktionsplan muss aufgestellt und durchgeführt werden.
Reden wir noch ein bisschen über die NROs. Kann dies eine Lösung sein? Die italienische Regierung möchte doch eine recht starke Regelung ins Leben rufen. Wer im Wesentlichen nicht angibt, woher er sein Geld hat, keinen Soldaten auf sein Schiff setzt, über den man nicht weiß, wer da noch ist und die aufgenommenen Migranten an die italienische Küste bringt – ich habe jetzt nur einige Dinge genannt – der darf letztlich nicht mehr im Land anlegen?
Die erste Sache, die getan werden muss, ist das, was wir auch in Ungarn tun. Die NROs möchten, während sie entgegen dem Willen der Mehrheit des ungarischen Volkes oder des europäischen Volkes Migranten nach Europa transportieren und diese unterstützen, so erscheinen, als ob sie gute Menschen wären, ja sogar als ob sie die guten Menschen wären. Und wir, die wir die Migranten aufhalten, wir wären die schlechten Menschen. Man muss es offensichtlich machen, dass dem nicht so ist. Die NROs stehen im Sold, sie werden von außen bezahlt, sie bekommen aus dem Ausland ein Gehalt, sie sind Aktivisten. Diese Tatsache muss an die Öffentlichkeit gebracht werden, damit die ungarischen Menschen und auch die europäischen Menschen sehen können, wer hier in Wirklichkeit auf der Seite der guten Sache steht, wer den Volkswillen befolgt, also ein Demokrat ist, und wer jene sind, die auf der Seite einer schlechten Sache stehen, die die europäische Kultur auflockern möchten, die eine gemischte Bevölkerung in Europa haben wollen, einer schlechten Sache dienen und dem Willen der Mehrheit des europäischen und ungarischen Volkes gegenüberstehen, das heißt Antidemokraten sind. Die NROs sind antidemokratisch, sie gefährden die nationale Sicherheit Ungarns und wollen den ungarischen Menschen nichts Gutes. Das muss man klarstellen. Die erste Sache in jeder Auseinandersetzung ist, klarzustellen, wer wer ist. Ungarn macht genau dies durch solch ein Transparenzgesetz.
Im Grunde ist im vergangenen Zeitraum zu sehen, dass die führenden Politiker der einzelnen Mitgliedsstaaten aufeinander losgehen. Österreich mal auf das eine, dann auf das andere Land, manchmal auf Italien, ein anderes Mal auf Ungarn, und dann sind da noch die äußeren Länder, die Türkei, also im Wesentlichen ist schon ein jeder auf den anderen losgegangen. Was stellt im Grunde die größere Gefahr dar, wenn wir Europa betrachten, die hier ankommenden Migranten, oder die miteinander im Streit liegenden Staatschefs, Regierungschefs?
Was Ungarn angeht, so sind wir auf niemanden losgegangen, und soweit ich sehe...
Aber nicht doch. Ungarn ist doch von so vielen Pflichtverletzungsverfahren und von Kritik betroffen.
Ja, aber das ist Rache, kein Streit. Hier geht es also darum, dass Ungarn seinen Pflichten nachkommt, seine Grenzen und seine Bürger schützt, und währenddessen wollen die Brüsseler Bürokraten Rache an Ungarn nehmen. Sie spielen die Partitur, die George Soros geschrieben hat. Es gibt einen Soros-Plan. Wir sollten also auch darüber sprechen. Es gibt also einen Soros-Plan, diesen hat er geschrieben, also nicht wir haben uns ihn ausgedacht, nein, wir sind nicht über das Weissagen aus Innereien zu diesem Ergebnis gekommen, sondern der Vater des Planes hat ihn selbst veröffentlicht. Er besteht aus klaren Punkten. Jährlich müssen mindestens eine Million von Migranten nach Europa gebracht werden, besagt er. Das ist der erste Punkt des Soros-Plans. Der zweite Punkt lautet: Wir sollen ihnen im ersten Jahr, jedem Migranten etwa 4,5 Millionen Forint geben, nur so, weil sie hierhergekommen sind, als Belohnung. Das ist soviel wie ein ungarisches Durchschnittsgehalt. Danach, sagt er, sollen wir ein obligatorisches, die Migranten in Europa verteilendes Regelsystem schaffen. Und der vierte Teil des Soros-Planes sagt, wir sollen eine gemeinsame europäische Flüchtlingsagentur errichten, die das ganze auf gerechte Weise abwickelt. Dies nennt man den Soros-Plan. Das muss man verhindern. Jene Länder, die dem entgegenwirken, wie wir, sind nicht frustriert. Deshalb gehen wir auch auf niemanden los. Jene aber, die ihre Grenzen nicht verteidigen, nur über das Problem reden, dort wo die Menschen inzwischen angefangen mit Italien – ich könnte noch eine ganze Reihe anderer Länder erwähnen – bis einschließlich Österreich sehen, das das, was geschieht, für sie schlecht ist, die Führer ihre Grenzen nicht beschützen, dort wird es Frustrationen geben. Und aus den Frustrationen wird Streit, Aufeinanderlosgehen, wie Sie es formuliert hatten. Aber es gibt hier auch besonnene Länder. Wir sind nicht frustriert, wir gehen nicht aufeinander los. Wir machen, was zu tun ist. Wir wissen genau, was es ist, was die Verfassung vorschreibt: Die Sicherheit Ungarns und der ungarischen Menschen muss verteidigt werden. Im Interesse dessen gestalten wir unsere internationale Politik, und gleichzeitig gibt es eine Front, einen Kampf in Brüssel, wo die Brüsseler Bürokraten den Soros-Plan in den Rang einer europäischen Rechtsvorschrift erheben wollen. Und wir müssen dies verhindern, besonnen, ruhig, so wie man solch eine Aktion planen und durchführen muss.
Als Sie als Einführung oder, in Anführungszeichen gesagt, als „Vorbote“ dessen in Tusnádfürdő über die illiberale Demokratie gesprochen hatten, ging es in der halben Welt in den Nachrichten um Ungarn. Von hier aus fahren Sie im Prinzip direkt nach Tusnádfürdő. Wird es morgen Nachmittag in den Nachrichten wieder um uns gehen?
Man ist nicht immer Herr der Zukunft, man kann es also nie genau wissen.
Sie werden eine Rede halten, ich bin nur neugierig, ob sie solche Gedanken beinhalten wird?
Ja, aber ich habe nicht gedacht… Ja, Gedanken werden in ihr sein, das ist der Plan. Was für welche es sein werden, das werden wir noch sehen. Dass sich aber auf Grund des Ausdrucks „illiberal“ in Europa so ein Pressedauerfeuer oder wer weiß, was das war, solch ein liberaler Gegenangriff entfalten würde, das konnte man sich denken. Die Bedeutung dessen würde ich nicht überschätzen. Die Westler müssen verstehen, dass hier bei uns liberal soviel bedeutet, wie dass wenn nicht die Liberalen die Wahlen gewinnen, dann gibt es keine Demokratie mehr. Das dürfen wir nicht akzeptieren, das müssen wir zurückweisen. Wir sind Anhänger der illiberalen Annäherung, die Demokratie ist die Demokratie, man muss ihr keine Adjektive hinzufügen. Wenn man unbedingt etwas sagen muss, dann würde ich sagen, in Ungarn ist eine christdemokratisch inspirierte Regierung am Werke, jedoch ist die Demokratie Demokratie, und deren Wesen ist, dass man in die Entscheidung der wichtigen Fragen auch die Menschen miteinbeziehen muss. Solch eine Sache ist die Nationale Konsultation als eine Methode. In wichtigen Fragen muss man die Stimme der Menschen auch zwischen zwei Wahlen anhören. Und bei den Wahlen muss man die Entscheidung der Menschen auch dann akzeptieren, wenn die Liberalen bei der Wahl nach Hause zurückgeschickt werden. Auch ich habe in Ungarn oft Wahlen verloren, die Wahlergebnisse haben wir akzeptiert. Jahrelang haben wir in der Opposition gearbeitet. Ich war 16 Jahre in der Opposition, und jetzt bin ich das zwölfte Jahr Politiker der Regierungspartei. Wir hatten niemals gedacht, mit der Demokratie sei es bloß deshalb vorbei, weil nicht unsere politische Gemeinschaft die Mehrheit der Stimmen der Menschen erhalten hat. Das hatten wir schon immer gedacht, dass dies für das Land nicht gut sein würde, wir hatten schon immer gedacht, dass daraus sich Probleme ergeben würden, wir hatten schon immer gedacht, dass die Sozialisten früher oder später wieder die Wirtschaft kaputtmachen würden, wir hatten gedacht, sie werden früher oder später das Land in die Verschuldung treiben, aber man kann nichts tun: Wenn das Volk sich dahingehend entschieden hat, ihnen das Vertrauen auszusprechen, dann müssen sie auch die damit verbundene Macht und die Rechte zur Entscheidung ausüben. Man kann sich nicht so aufführen, wie es die Liberalen überall in Mitteleuropa tun, wenn sie eine Niederlage erleiden. Von Polen bis Ungarn ist ihr erster Reflex, dass sie erklären, von jetzt ab hat die Demokratie aufgehört in Mitteleuropa zu existieren. Dies ist lächerlich, beleidigend, verletzend, man muss es zurückweisen.
In zweierlei Hinsicht interessiert mich Ihre Meinung im Zusammenhang mit den Schwimmweltmeisterschaften. Einerseits im Zusammenhang mit der Organisierung, dem Ergebnis; es interessiert mich, ob Sie zufrieden sind? Und andererseits inwieweit sich das Sicherheitsrisiko in Ungarn während solch eines prestigeträchtigen Ereignisses erhöht hat, um wie viel es größer geworden ist?
Was die Organisierung angeht, da müssen wir den freiwilligen Helfern unseren Dank aussprechen. Wir haben etwa 3.500 Freiwillige. Das sind prächtige Jungen und Mädchen, Männer und Frauen, die eine ausgezeichnete Arbeit geleistet haben. Das ist der Schlüssel einer jeden solchen großen Veranstaltung. Es gibt auch offizielle Organisatoren, doch ist die Frage die, wie viele Freiwillige bereit sind, Energie, Aufmerksamkeit, Zeit im Interesse eines gemeinsamen Erfolges zu opfern. Und in Ungarn, ich sage es ja gerade, muss man sich bei 3.500 Menschen bedanken, und auch die professionellen Organisatoren machen einen guten Job. Jede Veranstaltung bedeutet ein Sicherheitsrisiko, das muss man zuvor erfassen, man muss die wichtigsten Punkte identifizieren, und danach müssen diese Risiken neutralisiert werden. Das ist bisher gut gelungen, toi, toi, toi. Die Ergebnisse werden dann die Sportexperten analysieren. Was ich sagen kann, ist, dass es unser Programm und mein persönliches Engagement ist, Ungarn zu einem starken Land zu machen. Hierüber werde ich auch in Tusnádfürdő sprechen. Die FINA, also die Schwimmweltmeisterschaften, haben insofern damit zu tun, als dass Ungarn dann ein starkes Land sein wird, wenn Budapest, das eine außergewöhnliche kulturelle Schöpfung ist, zwischen Wien und Istanbul findet sich nichts Vergleichbares, wenn diese phantastische Stadt in der Lage sein wird, jedwede Veranstaltung der Welt zu beherbergen und jedwedes Ereignis zu organisieren. Ich sage Ihnen jetzt im vollen Bewusstsein meiner Verantwortung, dass es keine Veranstaltung der Welt gibt, Eucharistischer Weltkongress, Schwimmweltmeisterschaften, Athletik, was auch immer, es gibt keine Veranstaltung, die Budapest heute nicht organisieren könnte. Ich hatte schon immer gedacht, dass wir hierzu in der Lage sind, aber ob dem so ist, das muss bewiesen werden. Die Schwimmweltmeisterschaften sind ein Beweis dafür, dass dem so ist. Wenn das Puskás-Stadion aufgebaut sein wird, dann wird das, was ich sage, selbst für die großen Rockkonzerte der Welt zutreffen. Es gibt eine Art von Veranstaltung, die Ungarn nicht durchführen kann, und das ist die Fußballweltmeisterschaft, denn dazu verfügen wir nicht über die Anlagen, und es wäre auch nicht rational, wenn wir in ihrem Interesse solche errichten würden, aber als Gastgeber für alles andere, was man in der modernen Welt, der modernen westlichen Welt als Veranstaltung erschaffen kann, darf sich Budapest ruhig melden. Das ist eine große Kraft, das ist ein großes Wissen, und kann Anlass geben, stolz zu sein.
Sie hörten Ministerpräsidenten Viktor Orbán.