Budapest, 6. Mai 2016
Es ist vier und halb Minuten nach halb acht. Im Studio anwesend ist Ministerpräsident Viktor Orbán. Ich wünsche Ihnen einen guten Morgen.
Viktor Orbán, Ministerpräsident: Ich wünsche einen guten Morgen!
Am Dienstag hat die Kurie entschieden, dass die Volksabstimmung in der Frage der Quote grünes Licht erhält, obwohl Menschenrechtsaktivisten und zivile Organisationen protestieren, jetzt auch schon wegen des Urteils der Kurie, nicht nur wegen der Volksabstimmung. Besitzen Sie eventuell eine Information darüber, ob sich diese Protestwelle auch auf Brüssel übertragen hätte? Sie erhalten auch von dort Kritik, zum Beispiel dass wir wegen eines internationalen Vertrages eine Volksabstimmung durchführen wollen?
Das ist keine juristische Diskussion. Es gibt in Ungarn Kräfte, die möchten, dass wir oder die Union in großer Zahl unter uns Migranten ansiedeln soll, und es gibt wiederum auch solche, die dies nicht wollen. Wir, die wir das nicht wollen, möchten eine Volksabstimmung. Und jene, die die Fremden hierher unter uns ansiedeln wollen, möchten dies verhindern. Brüssel gehört, selbstverständlich, auch zu ihnen, und auch die ungarischen Anhänger der Ansiedlung, die politische Linke und auch die Menschenrechtsorganisationen inbegriffen.
Möchten Sie, dass die Europäische Union auch ohne die Zustimmung des Ungarischen Parlaments die verpflichtende Ansiedlung nichtungarischer Staatsbürger in Ungarn vorschreiben darf? Dies ist die Frage.
Dies ist die Frage. Klar, einfach, verständlich.
Wenn die Nein-Stimmen gewinnen, dann – um einen Schritt weiter zu gehen – muss das Ungarische Parlament die Entscheidung der Volksabstimmung auf welche Weise umsetzen, was muss es tun?
Es muss allen Entscheidungen Brüssels widersprechen, auf Grund derer es hier unter uns, entgegen des Beschlusses des Parlaments, Migranten ansiedeln will.
Aber besitzt die ungarische Regierung, besitzen Sie, der Verhandlungsführer, derzeit keine Ermächtigung dieser Art?
Doch, ich besitze die Ermächtigung, nein zu sagen, doch so laut ich auch spreche, mein Wort ist nicht so viel wert wie das von zehn Millionen ungarischen Menschen.
Aber wird das Wort von zehn Millionen Ungarn ausreichen, um Brüssel in dieser Frage aufzuhalten?
Wir bemühen uns darum, dass es ausreicht. Wir führen diese Volksabstimmung durch, damit wir Brüssel aufhalten können.
Ist hierzu nicht jenes Zehnpunktevorschlagspaket notwendig? Müssen sich nicht mehr Menschen, mehrere Länder hinter das Zehnpunktevorschlagspaket aufstellen?
Nun, wir werden sehen, es wäre gut, wenn es mehrere wären, doch vorerst sind unsere Kräfte durch Ungarn vollständig gebunden. Ich bin persönlich, weder ich, noch Ungarn der Kraft nach in der Verfassung, ganz Europa zu einer Volksabstimmung zu veranlassen. Wir erfüllen unsere Aufgaben, Europa ist die Gemeinschaft der Nationen, jede Nation sieht, was geschieht. Früher oder später werden sie sehen, dass die Ungarn Recht haben, weil man Brüssel nicht anders aufhalten kann, nur durch eine Volksabstimmung. In Brüssel versteht man nichts anderes, nur die klare und eindeutige Äußerung des Volkswillens. Und wenn auch die anderen Länder es nicht wollen, dass Brüssel ihnen über den Kopf wächst, und sie den Erwartungen ihrer Bürger genügen wollen, das heißt, dass sie es nicht zulassen sollen, das Recht der Entscheidung in das Leben ihrer Nationen bestimmenden Fragen aus der Hand der eigenen Parlamente nehmen zu lassen, dann werden sich auch andere Länder anschließen. Dies können wir nicht ausschließen.
Das Ergebnis der Volksabstimmung bezieht sich auf alles? Auf die gegenwärtig sich hier aufhaltenden Migranten oder auf jene, die in der Zukunft kommen werden, oder auf den neuen Verteilungsmechanismus, oder worauf?
Dies beinhaltet eine Verpflichtung hinsichtlich der Zukunft. Was die Vergangenheit angeht, da gibt es einen abschließenden Beschluss der Europäischen Union, den wir vor Gericht angefochten haben. Also die Vergangenheit, die versuchen wir vor Gericht in Ordnung zu bringen und zu verändern, und die Zukunft versuchen wir mit Hilfe der Volksabstimmung zu gestalten.
Die Situation wird dadurch komplizierter, dass bei alldem die Europäische Kommission einen neuen Vorschlag hat. Dieser spricht im Wesentlichen von einem ständigen und neuen Mechanismus.
Dies ist das, was ich schon immer gesagt habe. Was die Linke, die für die Ansiedlung ist, immer schon bestritten hat. Sie behaupteten, es gebe keinen Brüsseler Plan, also keinen Plan zur Zwangsansiedlung. Jetzt hat Brüssel selbst seine Pläne hierüber veröffentlicht. Es gibt so einen Plan. Also auch die Linke muss verstehen, dass es hier um keine Parteienfrage geht, hier nicht um Murmeln gespielt wird. Es geht darum, dass man den Ungarn das Recht nehmen will, dass wir sagen können, mit wem wir zusammenleben möchten und mit wem wir nicht zusammenleben möchten. Und dieses Recht soll irgendwohin, in ein fremdes Land, in eine Stadt namens Brüssel verpflanzt werden. Während es um unser Leben geht. Dies darf man nicht durch die Brille einer Partei betrachten. Ich bitte eindeutig darum, dass ein jeder, der es tun kann, sich gegen die Zwangsansiedlung einsetzt.
Besitzt der neue Vorschlag, den die Europäische Kommission jetzt angekündigt hat, Elemente, die Sie für akzeptabel halten? Zum Beispiel dieses zentralisierte System, das im Wesentlichen ein Institutionensystem zur Asylbeantragung ist?
Nun, zunächst einmal ist der vorgelegte Vorschlag an sich schon ein reiner Irrtum. Wenn man Herzschmerzen hat, dann muss nicht die Niere behandelt werden. Unser Problem ist nicht die Verteilung der Flüchtlinge, sondern der Schutz der Grenzen. Es wird also keine Sicherheit, keine Ruhe geben, wir können unsere Werte und wirtschaftlichen Ergebnisse nicht verteidigen, bis wir nicht in der Lage sind, unsere Grenzen zu schützen. Was also heute notwendig wäre und worüber man in Brüssel eine Entscheidung treffen müsste, ist das Prinzip und die Frage des Schutzes der Grenzen. Dies bedeutet zwei Dinge. Erstens muss der Grenzschutz verstärkt werden. Man darf niemanden ohne Kontrolle, Registration und die für ihn gültige individuelle Entscheidung hereinlassen. Die zweite Sache ist die Schaffung der Bedingungen dafür, dass im Falle eines jeden Menschen, der hierher nach Europa hereinkommen möchte, sein Antrag außerhalb des Gebietes der Union untersucht und entschieden werden kann. Man muss sie außerhalb halten. Man muss also Flüchtlingslager außerhalb der Europäischen Union aufstellen. Natürlich müssen die geleitet, finanziert werden, für die Sicherheit der dort sich aufhaltenden Menschen müssen wir, Europäer, garantieren, jedoch darf meiner Ansicht nach niemand den Boden Europas betreten, bis nicht irgendein Land der Europäischen Union seinen Antrag bearbeitet und positiv beschieden hat. So lange müssen sie außerhalb bleiben. Dass sie jetzt innerhalb der Grenzen sind und hier auf die Entscheidung über ihren Fall warten, ist inakzeptabel. Nun, diese Frage müsste die Union lösen, ich habe dies vorgeschlagen, das war der Vorschlag Schengen 2.0, doch die Kommission beschäftigt sich nicht damit, sondern deutlich erkennbar mit einer Flüchtlingsfrage. Wie wir jene verteilen sollen, die sie hereingelassen haben? Im Übrigen nicht wir, sondern sie. Nun ist dies noch das kleinere Übel, weil früher oder später sich auch dort die Erkenntnis zeigen wird, dass man den Schutz der Grenzen an die erste Stelle setzen muss. Hierfür gab es übrigens Anzeichen, dass sie dies zu erkennen begannen. Was aber einem Schlag in den Magen gleichkommt, oder einem Pferdetritt, das, wofür man im Übrigen nur sehr schwer Worte findet – es fällt schwer, die Empörung jetzt hier in eine zivilisierte sprachliche Form zu bringen –, ist die Strafe. Sie wollen also 250 Tausend Euro pro jedem einzelnen Migranten jene Staaten zahlen lassen, die diese nicht aufnehmen. Nun habe ich nachgerechnet. Im Laufe von sieben Jahren erhält ein ungarischer Mensch aus den Brüsseler Quellen ungefähr viertausend Euro. Also ein ungarischer Mensch ist Brüssel im Laufe von sieben Jahren viertausend Euro wert. Und ein Migrant 250 Tausend Euro. Und ich habe ausgerechnet, dass ein ungarischer Durchschnittsbürger 250 Tausend Euro im Laufe von 39-39,5 Jahren verdient. Und da hat er noch nicht gegessen, nicht getrunken, hat noch kein Kind gehabt, keine Kleidung, wohnt nirgends. Man muss also 39 Jahre für so eine Summe arbeiten. Schauen Sie sich das an! Dies zeigt, dass jene, die unsere führenden Politiker in Brüssel sind, in einem Elfenbeinturm sitzen, isoliert von der Welt. Sie kennen die Wirklichkeit nicht einmal. Sie haben ja keine Ahnung, worüber sie reden. Wie kann man denn solch einen Vorschlag überhaupt formulieren? Was für eine Beleidigung ist das und was für eine Verachtung zeigt dies für die ärmeren europäischen Länder? Es handelt sich hier also um ein tieferes – wir sprechen jetzt über die Flüchtlings- und die Migrantenangelegenheit –, in Wirklichkeit aber um ein viel tieferes Problem. Dass Brüssel jene Welt nicht kennt, die es im Übrigen mit seinen Regeln beeinflussen müsste.
Brüssel bezeichnet diese Summe nicht unbedingt als Strafe, sondern sagt, gut, dann nehmt niemanden auf, das ist in Ordnung, wir nehmen das zur Kenntnis, aber irgendjemand muss die Kosten für den jeweiligen Migranten übernehmen, dann steigt hierbei mit ein!
Aber wollen wir für einen Migranten 250 Tausend Euro ausgeben? Was vierzig Jahre Durchschnittseinkommen in Ungarn ausmacht? Was ist denn das für eine Zahl oder wie kommt sie zustande? Das ist Unsinn!
Diese Summen, diese Vorschläge, diese Vorstellungen – es gab zahlreiche Sitzungen der führenden Politiker der Länder der Union – sind sie nie auf den Tisch gelegt worden?
Nun, Quatsch wird im politischen Raum nicht nur in Ungarn geredet, jedoch unterscheidet sich der Umstand, dass einzelne führende Politiker zeitweilig Dummheiten und Eseleien von sich geben davon, dass ein Bleistift genommen und ein Vorschlag geschrieben wird, seriöse Leute diskutieren sowie akzeptieren ihn und legen ihn der Welt vor. Nun, ich habe schon solche Eseleien gehört, aber dass dies der offizielle Standpunkt einer europäischen Körperschaft, einer Kommission sein soll, dies hat, ehrlich gesagt, selbst mich überrascht.
Dabei haben Sie sich vor zwei Wochen, als wir uns unterhielten, da haben Sie sich relativ optimistisch hinsichtlich der Richtung geäußert, die die mit der Migration zusammenhängenden Angelegenheiten in Europa genommen haben.
Nun ja, jetzt sprechen wir über die Kommission. Ich glaube also, die europäischen Völker bringen immer häufiger zum Ausdruck, dass der Schutz der Grenze das wichtigste ist. Ich hatte es so verstanden, dass auch die deutsche Bundeskanzlerin schon diese Richtung vorgegeben hatte. Es war mir gelungen, in mehreren Dokumenten des Europäischen Rates die Bedeutung des Schutzes der Grenzen an die erste Stelle setzen zu lassen, als wir die Rangfolge der Aufgaben aufstellten, also haben wir meiner Ansicht nach auch gute Entscheidungen gefällt, sind in die richtige Richtung losgegangen, und jetzt hat sich ein Bruch ergeben, weil die Kommission, die im Übrigen von Niemanden für etwas gewählt worden ist, sie sind also keine gewählten Amtsträger, sind nicht durch die europäischen Menschen gewählte Amtsträger der europäischen Welt, der europäischen Politik, sie vollführen auf einmal eine Wende und denken sich plötzlich diese Strafe von 250 Tausend Euro aus. Worüber ich nur sagen kann, dass es bisher eine stärkere Gegenpropaganda gegen den Gedanken der Europäischen Union noch nicht gegeben hat. Das heißt heute tritt am stärksten gegen Europa, gegen den Gedanken der europäischen Zusammenarbeit das den provokativen Vorschlag vorlegende Brüssel auf.
Der ehemalige NATO-Generalsekretär sagte, wenn Ungarn heute seine Aufnahme in die Europäische Union beantragte, würde es zurückgewiesen werden, obwohl seiner Ansicht nach nicht nur Ungarn, sondern auch Polen nationalistisch und antieuropäisch sei, wo unter dem Vorwand der nationalen Souveränität die demokratische Einrichtung und die Rechtsstaatlichkeit erodiert wird. Übrigens denkt nicht nur er dies in Europa, jetzt auf dem letzten, gestrigen, gerade auf dem gestern in Rom abgehaltenen Treffen sind zwar die Länder nicht benannt worden, haben aber eine Kritik erhalten, die die nationale Selbstbestimmung stärken. Der Präsident der Europäischen Kommission, der übrigens ein recht düsteres Bild der gegenwärtigen Situation der Europäischen Union malte, sagte, wir seien uns ziemlich plötzlich dessen bewusst geworden, dass nicht ein jeder den Ansichten der Union zustimmt oder diese teilt, es gebe Mitgliedsstaaten, die nicht im vollen Maße Europäer sind, wenn es darum geht, zu nehmen, jedoch wenn man geben muss, dann fühlen sie sich nur noch zum Teil als Europäer. Die NATO und auch andere Stimmen haben Ähnliches formuliert.
Nun, das ist vor allem Öl ins Feuer. Dies ist noch mehr Öl ins Feuer, weil in der Flüchtlingsangelegenheit gerade wir Ungarn die größte Solidarität gezeigt haben. Nur habe ich mir nicht herausgenommen, Brüssel die Rechnung für die Registrationskosten von 175 Tausend Flüchtlingen auszustellen, ich habe Brüssel keine Rechnung für die Mehrkosten der zusätzlichen polizeilichen Tätigkeit ausgestellt, ich habe keine Rechnung über die Kosten der Errichtung des Zauns ausgestellt, weil wir Europäer sind. Wenn wir ein Schengen-Abkommen unterzeichnen, dann erledigen wir unsere Aufgaben und wälzen die Kosten dafür nicht auf sie ab. Wir verhalten uns also auf eine europäische Weise, sie aber verhalten sich nicht auf europäische Weise. Und was den Satz betrifft, dass nicht ein jeder mit der Europäischen Union übereinstimmt, dies beleuchtet die Ursache des Problems. Denn die Europäische Union hat keine Meinung. Die Meinung der Europäischen Union besteht aus der Gesamtheit der Meinung der Mitgliedsstaaten. Das zeigt sehr gut, dass sie glauben, sie würden unabhängig von uns existieren, doch dem ist nicht so. Sie sind aus dem Grunde dort in Brüssel, um uns, Nationalstaaten zu dienen. Wir bezahlen sie, wir geben ihrer Existenz einen Grund. Sie können nicht sagen, sie in Brüssel hätten eine Meinung, und die Mitgliedsstaaten sollen ihr zustimmen; es ist umgekehrt, die Mitgliedsstaaten haben Meinungen, diese stimmen manchmal überein, ein anderes Mal weichen sie voneinander ab. Wir führen die Debatten, und aus diesen entsteht die europäische Meinung. Der Gründungsvertrag legt klar fest, dass die Europäische Union aus Mitgliedsstaaten besteht, nicht aus Institutionen, der Kommission und dem Rat, sie besteht aus Mitgliedsstaaten, und jene Institutionen, deren Leiter derart schnoddrig über uns und das europäische Volk reden, sie sind da, um die Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten zu befördern. Es ist nicht unsere Aufgabe, ihnen zu dienen, sondern ihre ist es, uns zu dienen. Dieses grundlegende Missverständnis zeigt der von ihnen zitierte Gedanke sehr deutlich. Und da zitiere ich noch jemand zuerst, Verzeihung.
Ja, der frühere NATO-Generalsekretär, ich nehme an, Sie denken an dieses „Wenn Ungarn heute seine Aufnahme…“
Nun gut, wir kennen den ehemaligen NATO-Generalsekretär, nicht wahr? Wir sprechen über diesen spanischen Menschen.
Ja.
Das ist ein alter Kommunist.
Es gibt aber im Übrigen auch noch anderes, Donald Tusk und Martin Schulz sind auch nicht allzu optimistisch hinsichtlich Europas und der Zukunft. Aber wenn ich übrigens von ihren Worten ausgehe, dann ist das Bild über die Zukunft auch nicht allzu optimistisch. Wer ist es eigentlich, bei dem man auf den Tisch hauen muss und sagen, die Europäische Union muss von Grund auf reformiert werden? Sie haben dies einmal schon getan.
Ja, aber Verzeihung...
Die Briten haben das auch getan.
...ich habe nicht gesagt, dass ich nicht optimistisch sei.
Nun, in Ihren Worten steckt aber kein so großer Optimismus...
Nun, dass es Probleme gibt. Nein, aus meinen Worten geht hervor, dass es Probleme gibt, ungeklärte Angelegenheiten, und verrückte Vorschläge aus Brüssel. So etwas gibt es, aber...
Dies gibt, sagen wir Mal, keinen Grund zum Optimismus.
Nun, nicht dies gibt einen Grund zum Optimismus, aber dies ist nur ein Umstand, und kein entscheidender Umstand. Das Wesentliche...
Was gibt dann Grund dazu?
Nun, die europäischen Nationen. Sehr viele der europäischen Nationen sind in einem guten Zustand. In immer mehr Ländern werden vernünftige Standpunkte formuliert. Die europäischen Nationen lassen grüßen, ihnen geht es gut. Nur Brüssel funktioniert schlecht. Doch das werden wir dann reparieren, denn Brüssel muss uns, den europäischen Völkern dienen. Ich bin hierin optimistisch, nur geht das nicht so, dass man dies als Wunsch formuliert, und sich dann die Welt so gestaltet, wie wir das uns wünschen. Dafür muss man arbeiten, streiten, kämpfen, von Zeit zu Zeit „volksabstimmen“, wir müssen unsere Arbeit verrichten. Man muss also Anstrengungen unternehmen, und die Dinge werden in die gute Richtung gehen. Wir Mitteleuropäer haben keinen Grund, pessimistisch zu sein. Der Motor der europäischen Wirtschaft befindet sich in Mitteleuropa, Polen, die Slowakei, Tschechien, Ungarn bringen gute Leistungen. Die Bürger dieser Länder, so auch wir Ungarn, können jedes Jahr zumindest einen Schritt nach vorne tun. Also können wir Mitteleuropäer auch begründet optimistisch an die Zukunft glauben.
Wir setzen im Übrigen gleich mit diesen Wirtschafts- und Haushaltsangelegenheiten fort, doch wenn jetzt ein Zuhörer unserem Gespräch folgt, diesen Optimismus hört, dann kann es sein, er denkt, ich bin zwar optimistisch, wenn es um die Durchsetzung meiner Interessen in der Migrationsangelegenheit geht, nur lehrt die Erfahrung der vergangenen Jahre, dass die Kraft Brüssels relativ größer war als die der Mitgliedsstaaten.
Doch sollten wir dabei auch in die Waagschale legen, dass wir Ungarn verteidigt haben, ganz gleich, wer was gesagt hat. Brüssel hat uns nicht verteidigt, ja, es wollte uns sogar in eine ausgelieferte Situation drängen. Wir haben erkannt, dass wir uns selbst verteidigen müssen. Wir haben uns verteidigt. Wir haben dem Hereinströmen ein Ende gesetzt, wir haben den Zaun errichtet, wir halten die Ereignisse unter Kontrolle. Dies erfordert kontinuierlich Arbeit, aber wir halten sie unter Kontrolle. Wir garantieren hier den ungarischen Menschen ihre Sicherheit. Hier stimmen wir dem nicht zu, dass unser kulturelles Erbe von einem Augenblick zum anderen verschwindet, hier werden keine Parallelgesellschaften entstehen, wir sind Herr der Lage. In ganz Mitteleuropa, so auch in Ungarn. Es ist also eine Sache, was Brüssel sagt, doch die andere ist, was in Ungarn geschieht. Und wenn wir betrachten, was im Land sagen wir in der Angelegenheit der Migranten geschieht, dann zeigt dies letztlich doch, dass wir, als ungarische Nation, in der Lage sind, unseren eigenen Interessen Geltung zu verschaffen.
Verzeihen Sie, kehren wir noch einmal kurz zu dem Vorschlag der Kommission von dieser Woche zurück. Was wird im Grunde hierauf die Antwort der ungarischen Regierung sein? Was wird mit ihr geschehen?
Wir werden versuchen, die Stimmung des ungarischen Volkes in die möglichst höflichsten sprachlichen Formen zu kleiden.
Setzen wir mit dem Haushalt fort. Über den wir schon das letzte Mal zu sprechen begonnen hatten, und wir sehen schon viele Einzelheiten. Die Kritiker sagen, sie würden anerkennen, dass einige Bereiche mehr erhalten, doch betrachten sie das als ein Ausblutenlassen, was mit den Kommunen geschieht, indem sie sagen, im Wesentlichen erhalten diese im kommenden Jahr genauso viel wie sie heuer erhalten haben. Und dass nicht genügend Prioritäten zum Beispiel in Hinblick auf das Leben der Rentner vorkommen.
Nun, zuerst haben wir ja noch im Jahre 2010 mit den Rentnern einen Vertrag geschlossen, in dem wir es übernommen hatten, den Wert der Renten zu bewahren. Dies schien damals ein großes Versprechen zu sein, denn wir sollten nicht vergessen, vor 2010 sind die Rentner ständig „amputiert“ worden, also ihren Lohn oder ihre Rente, der Wert ihrer Rente wurde ständig verringert. Man hat ihnen die 13. Monatsrente genommen und da die Inflation höher lag als das Maß der Rentenerhöhung, so hat auch die Rente kontinuierlich an Wert verloren. Diesen Prozess wollten wir anhalten. Hierüber haben wir einen Vertrag geschlossen. Dies ist auch gelungen. Nun wird natürlich in Ungarn niemand jemals das Gefühl haben, er hätte etwas, das ihm genommen worden war, zurückbekommen, weil dies nicht das Land ist, wo dieses Gefühl einfach so entsteht. Unsere Sinnesorgane sind nicht darauf eingestellt. Jedoch zeigen die kalten statistischen Zahlen, dass es mit der Senkung der Nebenkosten und der Erhöhung der Renten im Wesentlichen gelungen ist, die früheren Verluste auszugleichen. Dies ist auch dann so, wenn die Menschen das nicht glauben, doch ist dies eher eine Frage der Tatsachen als die der Meinungen. Jetzt geschieht aber, dass es uns gelungen ist, die Inflation zu bremsen, seit Jahren ist das schon so. Der Wert der Renten darf nicht abnehmen, und über die Rentenerhöhung hinaus, die der Haushalt beinhaltet, gibt es auch eine zweite Rentenerhöhung im Budget. Dies ist die Minderung der Lebenshaltungskosten, der Nebenkosten. Dies bedeutet, nachdem wir im Falle der wichtigsten Lebensmittel die Mehrwertsteuer in einem bedeutenden Maß senken, und die Rentner von diesen viel konsumieren, dass sich im Budget praktisch auch eine zweite Rentenerhöhung findet, die in Form der Senkung der Mehrwertsteuer erscheint. Man kann diesen Haushalt auch vom Gesichtspunkt der Rentner aus unterstützen, und von unserem Gesichtspunkt aus die Verantwortung für ihn übernehmen.
Der Haushaltsrat sagt, es handele sich dabei um einen Haushalt, der einhaltbar, jedoch sehr eng sei. Das strukturelle Defizit wird vom Haushaltsrat kritisiert, übrigens auch von der Europäischen Kommission. Sie sagen, ihrer Ansicht nach unternehme die ungarische Regierung, obwohl es positive Anzeichen in der ungarischen Wirtschaft gebe, keine zu großen Anstrengungen, um das Defizit zu verringern. Besteht eine reale Chance dafür, dass zum Beispiel wegen des strukturellen Defizites Brüssel um bestimmte Korrektionen bitten wird? Ich glaube übrigens, dies muss gerade in diesem Monat geschehen.
Ich glaube nicht. Dieser Haushalt ist der Haushalt der Steuersenkung und der Schaffung von Familienheimen. Hierzu ist Geld notwendig. Wenn wir die Steuern nicht senken und die Schaffung von Familienheimen nicht mit Volldampf unterstützen würden, damit besonders den jungen Familien helfend, dann könnte natürlich auch das Defizit niedriger sein. Die gemeinsam mit Brüssel festgelegte Obergrenze des Defizits beträgt 3%, das Maß des Haushaltsdefizits 3% des Bruttoinlandsprodukts, und unser wird im kommenden Jahr 2,4% betragen, wir bleiben also reichlich innerhalb des mit der Union etablierten Einverständnisses.
Die Gewinner des Haushalts vom kommenden Jahr sind die Familien. Wer sind die Verlierer? Die Kommunen?
Das ist ein interessanter Gedanke. Dies ist aber kein Fußballspiel oder keine Schlacht, in der es Sieger und Verlierer gibt, sondern das ist der Lebensplan für das kommende Jahr, und er muss auf die Weise angefertigt werden, und dies ist auch mein Gedanke, dass möglichst ein jeder einen Schritt nach vorne machen kann. Dies ist ein Haushalt, der in Richtung auf eine bürgerliche Einrichtung zeigt, und ein jeder kann einen Schritt nach vorne machen. Nun gibt es Menschen, deren Lohn vom ungarischen Staat ausbezahlt wird. Sie fallen immer besonders schwer ins Gewicht, denn ihr Leben wird vom Haushalt nicht durch die Steuerregulierungen beeinflusst, sondern durch den Staat, auch als Arbeitgeber, durch seine eigenen Entscheidungen. Hier haben wir das Laufbahnmodell eingeführt und bei den Polizisten sowie den Soldaten eine bedeutende Lohnerhöhung durchgeführt, da die Sicherheit zuerst kommt. Im folgenden Jahr haben wir das gleiche im Falle der Pädagogen unternommen, denn an zweiter Stelle kommt die Zukunft. Danach machen wir das im Falle derer, die in der öffentlichen Verwaltung arbeiten, denn die drittwichtigste Sache ist die Ordnung, und die Geordnetheit in unserem Leben schaffen jene, die in der öffentlichen Verwaltung arbeiten. Dann kommen jetzt die im Gesundheitswesen Arbeitenden. Wir werden jetzt also die Löhne derer in Ordnung bringen, die in der Lage sind, uns von Krankheiten zu heilen, die der Fachpfleger und der Ärzte. Und auch in diesem Jahr unternehmen wir Schritte in der sozialen Sphäre, und auch im Falle derer, die auf kulturellem Gebiet arbeiten. Also manifestiert sich das, was ich versprochen hatte, dass ein jeder in jedem Jahr einen Schritt nach vorne wird machen können, im Haushalt des nächsten Jahres.
Sie haben hier in den vergangenen Minuten über große Systeme, große Strukturen gesprochen, die Geld kosten. Gerade am heutigen Tag oder jetzt hat der Staatliche Rechnungshof eine Zusammenfassung über das Gesundheitswesen veröffentlicht. Darin geht es auch um schwerwiegende Mängel der Wirtschaftsführung, um Anomalien bei öffentlichen Ausschreibungen. Wenn man in diesen großen Systemen Geld in die Strukturen investiert, dann hofft man, dass irgendjemand sie in Ordnung bringen wird, damit das investierte Geld einen Sinn hat.
Diese Woche hatte ich eine ernsthafte halbtägige Fachkonsultation mit dem für das Gesundheitswesen verantwortlichen Staatssekretär und Minister, in deren Rahmen wir auch diese Fragen angeschnitten haben. Mein Denken ist in dieser Frage etwas weiter als das der Fachleute des Gesundheitswesens, denn der Haushalt für das Gesundheitswesen ist eigentlich nicht der Haushalt des Gesundheitswesens, sondern der Haushalt des Heilens. Ich vermische die Angelegenheit der Gesundheit nicht mit der Angelegenheit der Heilung der kranken Menschen. Diese beiden Dinge überschneiden sich, doch die eine Sache ist größer als die andere. Wir geben also für unsere Gesundheit mehr aus als die einzelnen Posten der Ausgaben des Gesundheitswesens, weil das in Wirklichkeit der Posten für die Heilung der Kranken ist. Der Sport, der tägliche Sportunterricht, unsere diese Lebensweise unterstützenden Investitionen dienen alle auch der Erhaltung der Gesundheit, also können wir sie im Falle einer umfassenderen Sichtweise ruhig zu den Ausgaben des Gesundheitswesens hinzurechnen. Im Allgemeinen rechnen wir in Ungarn nicht auf diese Weise, jedoch versuche ich immer das Budget so zusammenzustellen.
In der vergangenen halben Stunde hörten Sie Ministerpräsidenten Viktor Orbán.