22 September 2017
Gábor István Kiss: Ich wünsche allen unseren Hörern einen guten Morgen! Sie hören „180 Minuten“, das Nachrichtenmagazin am Morgen auf Radio Kossuth. Hier neben mir sitzt Ministerpräsident Viktor Orbán. Auch Ihnen wünsche ich einen guten Morgen!
Guten Morgen!
Die letzte, nun sagen wir, vollwertige Sitzungsperiode des Parlaments vor den nächsten Wahlen hat diese Woche begonnen. Sie haben die Aufmerksamkeit der Abgeordneten auf die wirtschaftliche Leistung, auf die wirtschaftlichen Kennziffern hingewiesen. Sie konnten dies tun, denn dies sind ja tatsächlich imposante Zahlen, und es hat sich auch herausgestellt, dass anscheinend es auch weiterhin das strategische Ziel der Regierung ist, dass der durch Arbeit erreichbare Wachstum des Lebensniveaus die Grundlage für den Alltag in Ungarn sein soll. Es gibt eine allgemein verbreitete Annäherung an die wirtschaftliche Leistung des Landes. Vielleicht betrachten auch Sie es nicht als ungerecht, wenn wir unser Gespräch damit beginnen, denn Sie haben auch diese Relation genannt. Wann werden wir Österreich einholen?
Diese Frage kann ich nicht beantworten, aber wir sollten darauf noch zurückkommen. Tatsächlich pflegt das Parlament die neue Sitzungsreihe damit zu beginnen, dass der Ministerpräsident über den seit der letzten Sitzung vergangenen Zeitraum berichtet. Dies beinhaltet auch das zweite Vierteljahr, vierteljährlich werden die Wirtschaftsdaten veröffentlicht. Hier gibt es dann immer ein Spiel, in dem die Opposition so tut, als würde ich über die Ergebnisse der Regierung sprechen wollen, ich aber dies nicht im Geringsten im Sinn habe, da ich über die Situation des Landes reden möchte, und wenn ich über wirtschaftliche Ergebnisse oder hoffnungsvolle Tendenzen spreche, dann rede ich nicht über die Wirtschaftspolitik der Regierung – die auch eine Messe wert wäre –, sondern darüber, was für eine wirtschaftliche Leistung jene mehr als vier Millionen Menschen durch ihre Tätigkeit erschaffen, die arbeiten. Ich spreche also über die Leistung des Landes. Es kann nicht schaden, wenn ein Land eine Regierung hat, die eine sinnvolle Wirtschaftspolitik betreibt, jedoch hängt der Erfolg der Wirtschaft trotzdem davon ab, ob es die Menschen glauben, dass es sich für sie zu arbeiten, und immer weitere Kraftanstrengungen, zusätzliche Anstrengungen zu unternehmen lohnt. Wenn sie das glauben, wenn sie den Eindruck haben, dies sei die Situation, dann entwickelt sich die Wirtschaft, wenn sie aber den Eindruck haben, die Arbeit habe keinen Sinn, sie würden nicht angemessen bezahlt, sie nicht die Anerkennung erhielten, wenn sie den Eindruck hätten, dass ihnen das verdiente Geld zwischen den Fingern zerrinnt, weil es – sagen wir – von der Inflation aufgefressen wird, dann lassen die Lust zum Arbeiten, die Entschlossenheit, die Anstrengungen nach und in dem gleichen Moment wächst die Wirtschaftsleistung nicht mehr, sondern sie nimmt ab. Jetzt ist aber die Lage die, dass der Satz oder der Gedanke allgemeine Akzeptanz genießt, dass in diesem Land heute der, der arbeiten möchte, zwar vielleicht nicht gerade die Anstellung seiner Träume erhält, aber er bekommt Arbeit, kann Dank seiner eigenen Anstrengungen seine Familie ernähren und erhält auch die Wertschätzung und Anerkennung, denn seit fünfzig und einigen Monaten steigen auch die Löhne kontinuierlich.
Ja, diese Erhöhung des Reallohnes, auf die auch sie hingewiesen haben, kann tatsächlich das gesamte Jahr hindurch zweistellig sein, was ein ernsthafter Erfolg ist. Wenn wir uns zum Beispiel eine Familie mit drei Kindern anschauen, dann hat sich deren Reallohn, also das Nettoeinkommen in diesem Kreis seit 2010 beinahe verdoppelt.
Das ist aus dem Grund so, da wir im Fall der Familien mit zwei Kindern das Maß der nach zwei Kindern beanspruchbaren Familiensteuer, die Summe, die sie von ihrer Steuer abschreiben können, jedes Jahr bedeutend anheben, und so ist im Vergleich zur Bruttolohnerhöhung bei einzelnen Familien die Nettolohnerhöhung noch höher, was in einer Wirtschaft eine ungewöhnliche Erscheinung darstellt.
Die Steuer der Arbeitgeber wird aus dem gleichen Grund geringer, da in Ungarn die Reallöhne auf Grund des Lohnabkommens steigen. Gestern hat der Wirtschaftsminister angekündigt, dass ab Januar die Steuerbelastung der Arbeitgeber geringer werden könne. Haben wir oder hat die Regierung die Hoffnung aufgegeben, dass es eine einstellige Einkommenssteuer geben soll, wenn die Wirtschaftsleistung des Landes so ist, wie dies aus diesen Zahlen hervorzugehen scheint?
Schauen Sie, am besten wäre die Null. Die beste Steuer ist die, die man nicht zahlen muss. Das weiß ein jeder, der in seinem Leben schon einmal eine Steuer bezahlt hat. Leider ist dies nicht möglich, da wir auf irgendeine Weise die gemeinsamen Ausgaben, sei es das Schulwesen, die öffentliche Sicherheit, die Landesverteidigung, das Gesundheitswesen, also diese Dienstleistungen, die wir alle erhalten wollen, zugleich auf irgendeine Weise finanzieren müssen. Deshalb muss es Steuern, muss es immer irgendeine Steuer geben, es wird Steuern geben. Ich bin ein Anhänger der Auffassung, dass wir die die Arbeit belastenden Steuern kontinuierlich senken sollten, denn dies kann den Gedanken glaubwürdig machen, dass es sich lohnt zu arbeiten und zwar möglichst viel zu arbeiten, denn der Staat ermuntert ja auch mit den niedrigen Steuersätzen dazu, möglichst viel Geld zu verdienen. Und deshalb bin ich ein Anhänger dessen, dass wir lieber bei dem Ausgeben des Geldes die Steuer anwenden, deshalb ist die Mehrwertsteuer in Ungarn höher als die Einkommenssteuer, da ich der Ansicht bin, dass der Staat dann mit Sicherheit zu seinen Einnahmen kommen kann, wenn die Menschen das Geld ausgeben, und das ist meiner Ansicht nach auch noch gerechter, als die häufig leicht versteckbaren Einkommen zu besteuern. Wir erinnern uns noch alle, dass bevor es uns gelungen wäre, die ungarische Wirtschaft in eine auf Arbeit basierende Wirtschaft umzuwandeln, der Einkommenssteuersatz hoch lag, und die Geschickteren, die Gescheiteren und Reicheren haben einen Teil ihres Einkommens auch regelmäßig versteckt, den konnte der Staat nicht besteuern. Hieraus haben die Ärmeren die Schlussfolgerung gezogen, dass die Reicheren das Steuersystem immer austricksen können, weshalb es nur gerecht sei, wenn auch sie das versuchen. Und daraus ergab sich ein schlechtes gesamtungarisches Spiel, in dem auch der Gesichtspunkt der Gerechtigkeit verloren ging, und schließlich begann die Wirtschaft gelähmt zu werden. Ich möchte einen jeden daran erinnern, dass im Jahre 2010 in Ungarn 3 Millionen 700 tausend Menschen arbeiteten, und ungefähr 1 Million 800 tausend Menschen bezahlten Steuern. Es ist geradezu ein Wunder, dass wir überlebt haben. Jetzt arbeiten mehr als 4 Millionen 400 tausend Menschen, und jeder zahlt Steuern.
Inzwischen gibt es ein Nachdenken darüber, an welcher Stelle man noch die Lasten bestimmter gesellschaftlicher Gruppen senken könnte. Sicherlich hängt auch dies von der Leistung der Wirtschaft ab. Und einige Sätze sollten wir über den Studienkredit sprechen, denn der ist ja auch etwas Besonderes, da hier die Banken ja keine karitative Betätigung ausüben, denn die Regierung hat ja beschlossen, den Rahmen des Studienkredites zu erhöhen, und die andere Konstruktion wird dann zinsfrei werden. Also dass die Banken auf diese Zinsen nicht aus karitativen Erwägungen verzichten, sondern die Regierung diese paar Prozente übernimmt.
Schauen Sie, wenn man über die Wirtschaft spricht, dann ist es wichtig, zwei große Gruppen nicht zu vergessen, zwei große Gruppen unserer nationalen Gemeinschaft. Die eine ist die der Rentner, und die andere die der Schüler und Studenten. Denn die eine war schon ein Teil der Wirtschaft und die andere wird noch ein Teil von ihr sein, aber ich denke nicht gerne so über die Wirtschaft nach, dass wir dabei nicht an die Rentner und nicht an die Schüler und Studenten denken. Also war die Bewahrung des Wertes der Renten meinerseits 2010 ein Versprechen, über das ich mit den Rentnern einen Vertrag abgeschlossen habe, dass solange es diese Regierung, unsere Regierung geben wird, darf das nicht geschehen, was zuvor unter den Sozialisten vorkam, dass man den Menschen die Rente nimmt, teilweise auf direkte Weise, die 13. Monatsrente wurde gestrichen, und andererseits auf versteckte Weise, indem der Anstieg der Preise den Anstieg der Renten übertraf. Ich hatte versprochen, dass dies nicht eintreten würde, und ich habe den Eindruck, auch die Rentner sehen, dass wir dieses unsere Versprechen unter Anspannung unserer Kräfte eingehalten haben. Damit will ich also sagen, dass man auch im kommenden Zeitraum damit rechnen kann, dass die ungarische Wirtschaft stark genug ist, damit in Ehren ergraute, im Laufe ihres Lebens große Leistungen zeigende, über Jahre hinweg redlich arbeitende Menschen, die die heutigen Rentner und unsere Eltern sind, das erhalten, was ihnen zusteht. Der Wert der Renten nimmt also nicht ab, sondern wir sind sogar nach langen Jahren auch dazu in der Lage, sie – wenn auch in bescheidenem Maße – kontinuierlich anzuheben.
Kann es im Herbst eine Ergänzung zur Rente geben?
Ich glaube, es wird sie geben, denn es gibt eine Regel, die besagt, man müsse mit den Rentnern auf faire Weise abrechnen, im November werden wir die Daten für das ganze Jahr sehen, und in Abhängigkeit von der Wirtschaftsleistung des ganzen Jahres werden wir eine anständige Rentenkalkulation durchführen, und wenn es notwendig sein sollte – und die Wahrheit ist, dass sie im Allgemeinen notwendig zu sein pflegt –, dann werden wir eine Korrektion, eine nachträgliche Anhebung durchführen. Dabei geht es um keine hohen Summen, aber sie sind wichtig, für die Rentner zählt jeder Forint, und andererseits ist es wichtig, dass die Rentner das Gefühl haben, von der Regierung eine korrekte und faire Abrechnung erhalten zu haben. Was die Jugendlichen angeht, da muss man ihnen dabei helfen, dass sie ihr eigenes Leben beginnen können; dazu sind zwei Dinge notwendig: Das System der Unterstützung der Familien, darüber haben wir vielleicht schon gesprochen, und das unterstützen des Lernens, des Studiums. Es gibt zwei Arten von Studentenkreditsystemen in Ungarn, darauf bin ich auch persönlich stolz, denn wir haben diese Form des Kredites noch am Ende unserer allerersten Regierungszeit, noch am Ende der '90-er Jahre gestartet, das ist unser Kind, wenn ich das so sagen darf. Der Studienkredit1 ist dazu da, dass während des Studiums die zur Lebenserhaltung notwendige Summe jene Jugendlichen erhalten können, die durch ihre Eltern nicht unterstützt werden können, und der Studienkredit2 ist geeignet für die Zahlung der Kosten.
Die Studiengebühr, im Wesentlichen.
Nun, wir können es auch Studiengebühr nennen, aber zugleich gibt es ja keine Studiengebühren, ein großer Teil des Studiums ist kostenlos, und wenn jemand dann noch ein weiteres Studium auf sich nimmt, und er dann dafür zahlen muss, dann deckt dies die Kosten. Gegenwärtig kann die ungarische Wirtschaft den Jugendlichen soviel bieten, dass wir den Studienkredit des zweiten Typs zinsfrei gemacht haben, und die Summe im Studienkredit Typ 1, die während eines Monats aufgenommen werden kann, haben wir auf spürbare Weise angehoben.
Wenn wir noch immer bei der Leistung des Haushalts bleiben, dann sehen wir, dass im Augenblick das größte Entwicklungsprogramm Ungarns, das Programm Moderne Städte, in entscheidendem Maße aus ungarischen Quellen, aus dem Haushalt finanziert wird. Was erwarten Sie vom neuen Minister, zum Beispiel? Denn jetzt legen Sie ja das Programm Moderne Städte in die Hand von Lajos Kósa.
Darf ich meine persönliche Annäherung ausführen?
Selbstverständlich!
Ich bin ein Kind vom Dorf, und ich glaube, dass die dörfliche Lebensform und die auf dem Dorf lebenden Menschen eine gewaltige Kraftreserve Ungarns darstellen. Die Frage ist, wie man die dörfliche Energien der Provinz in Bewegung setzen, ausnutzen, wie man den dort lebenden Menschen Hilfe leisten kann. Meine Meinung ist, dass sich die moderne Welt, die moderne Wirtschaft in die Richtung entwickelt, dass es für die Dörfer gut ist, wenn sich in erreichbarer Entfernung von ihnen bedeutende, entwickelte Großstädte befinden. Ich sage ganz ehrlich, dass ich gerne auch jene unterstütze, die in den Großstädten leben, und sie sind die unmittelbar Begünstigten des Programms Moderne Städte, jedoch kann ich über sie den auf dem Dorf Lebenden helfen beziehungsweise kann die mir bekannten tiefen ungarischen Energien mobilisieren, die man in der dörflichen Welt vorfindet. Das Programm Moderne Städte entwickelt also gleichzeitig unsere Großstädte, es ist gut für die dort Lebenden und bietet Sicherheit, Arbeitsmöglichkeiten und Hinterland den im Übrigen mehr als dreitausend ungarischen Dörfern. Ungarn ist in dem Sinne ein dörfliches Land, dass ein Großteil unserer Siedlungen nicht Städte, sondern Dörfer sind. Man darf sie auch nicht vergessen. Und es bedarf eines Ministers, denn hier haben wir eine gewaltige Koordinierungsaufgabe vor uns: Wir entwickeln die Städte auf die Weise, dass wir angefangen mit dem Wirtschaftsleben der Städte über das kulturelle Leben sowie die Gesundheitsversorgung und das Sportleben in allen Dimensionen neue Möglichkeiten schaffen wollen, und dies sind entsprechend der traditionellen Arbeitsteilung Gebiete, die zu drei-vier, manchmal sogar zu fünf Ministern gehören. Zugleich muss man aber doch in einer Stadt, zeitlich gebündelt, auf konzentrierte Weise die Entwicklungen durchführen, weshalb wir einen Minister brauchen, der die ansonsten in viele Bereiche zersplitterten Aufgaben zusammenfasst. So sieht es aus. Ob es sich um ungarisches Geld oder das Geld der Europäischen Union handelt? Ich kenne diese Unterscheidung nicht.
Gerade hierauf wollte ich übrigens hinaus.
Ich höre dies auch von Ihnen ständig, jetzt klang das auch in ihrer Frage an, selbst noch die Menschen auf der Straße denken so, dass es EU-Geld gibt und... Aber das ist ein Fehler. Das alles ist unser Geld. Von der Europäischen Union erhalten wir keinen einzigen geschenkten Groschen. Wir geben für jeden Groschen etwas. Zunächst einmal zahlen wir auch dorthin in den gemeinsamen Haushalt ein, andererseits haben wir unsere Grenzen geöffnet, haben unseren Handel geöffnet, haben den Westlern, die entwickelter als wir waren, Möglichkeiten gegeben, die sie ansonsten nicht erhalten hätten. Also jeder einzelne Forint, der in der ungarischen Wirtschaft erscheint, ist das Geld der Ungarn und kein einziger Groschen davon ist ein Geschenk, ganz gleichgültig, wo es seinen Ausgangspunkt gehabt hat, in Budapest oder in Brüssel.
Ich wollte nur aus dem Grunde darauf kommen, worauf auch Sie jetzt eingegangen sind, weil es vorstellbar ist, dass wir in der Diskussion mit dem Europäischen Gericht, der Entscheidungsfindung in Brüssel als Bestrafung auf bestimmte Quellen aus der Union werden verzichten müssen. Wenn sich also diese Politik hält, dann ist es vorstellbar, dass wir uns hierauf vorbereiten müssen.
Ich bereite mich auf nichts dergleichen vor. Dies ist vollkommen unvorstellbar. Derartige Drohungen besitzen keinerlei Rechtsgrundlage im Rechtssystem der Europäischen Union. In dem die Grundlage der Union darstellenden Dokument, in dem Vertrag ist überhaupt keine Rede davon. Jeder Satz, der auch nur darauf hindeutet, dass nicht zusammengehörende Dinge miteinander verbunden werden sollen, zum Beispiel dass wir zu keinem Einwanderungsland werden wollen, man uns aber dazu zwingen will, und wenn wir nicht bereit sein sollten, dann werden sie über uns eine Finanzstrafe verhängen, diese Verbindung, das alles ist illegal. Dies ist der Rechtsstaatlichkeit entgegengesetzt, die Europäische Union kennt nichts dergleichen. Jene europäischen führenden Politiker, die dies in ihren Erklärungen tun, begehen kontinuierliche Rechtsbrüche.
Geben wir eine Definition, da wir sowohl von Ihnen als auch von der Regierung und auch anderen den Ausdruck Soros-Plan hören. Wir haben hier in der Sendung „180 Minuten“ bereits versucht, durch einen Experten dies definieren zu lassen, aber Sie sind die authentischere Quelle. Sollen wir hierbei daran denken, dass es diesen Ansiedlungsplan ohne Obergrenze gibt, der immer stärker auf dem Tisch der Brüsseler Entscheidungsträger liegt und nicht sehr von dort verschwinden will?
Betrachten wir die Sache historisch! Also den Ausdruck Soros-Plan benutze ich selbst auch, ja es wird darüber sogar eine nationale Konsultation geben, also sucht man danach, wo ist er, wo ist dieses Dokument. Dieses Dokument existiert. Der Soros-Plan ist niedergeschrieben, man muss ihn also nicht erschließen oder ausdenken, ihn hat der Verfasser selbst, der dem Plan seinen Namen gegeben hat, George Soros, publiziert. Das europäische politische Leben schreitet voran, wir erinnern uns nicht einmal mehr an Ereignisse von vor zwei Jahren, aber vielleicht wird dem einen oder dem anderen noch eine leise Erinnerung daran vorhanden sein, dass ich inmitten der Migrantenflut und Invasion, zur Zeit der Migrationskrise einen aus fünf-sechs Punkten bestehenden Plan zur Ordnung der Angelegenheit veröffentlicht habe, wie man mit dieser ganzen Sache umgehen müsste. Da dies damals auf taube Ohren gestoßen ist, erinnern sich heute hieran nur noch wenige Menschen. Jetzt stehe ich besser da, aber am Anfang habe ich außer Anerkennung alles Mögliche erhalten. Nachdem ich damals dies publiziert hatte, veröffentlichte auch George Soros einen eigenen Plan mit diesem Namen, und er hat den Artikel geschrieben, man kann ihn auch auf Ungarisch lesen. Er hat den Plan in Punkte eingeteilt, dies ist ein Aktionsplan. Er hatte niedergeschrieben, was im Gegensatz zu dem, das die ungarische Regierung und das ungarische Parlament vorschlagen, getan werden müsse. Damals schien das für mich nur ein Zeitungsartikel oder ein Papierdokument zu sein, aber wenn wir seitdem genauer betrachten, was in Europa geschieht, dann sehe ich, dass die Brüsseler Bürokraten daran arbeiten, diesen Plan Punkt für Punkt zu vollstrecken.
Warum ist eine neue Konsultation notwendig, wo es doch zum Teil im Frühjahr bereits zum Teil über dieses Thema eine Konsultation gegeben hat? In ihrem Rahmen sind in mehreren Fragen über die unsere Unabhängigkeit betreffenden Brüsseler Diskussionen eindeutige Antworten gefunden worden. Es gab beinahe auf den Tag genau vor einem Jahr eine Volksabstimmung. Welche sind jene Themen, in denen Sie, in denen Ihre Regierung in diesen Konsultationen, in der Volksabstimmung keine Ermächtigung bekommen hat?
Schauen Sie, durch die Parlamentswahlen bekommt die Regierung, da das ungarische Rechtssystem ein verfassungsmäßiges parlamentarisches System ist, im Rahmen der Verfassung durch eine Parlamentswahl die Ermächtigung zu allem. In der Verfassung ist festgehalten, was die Regierung tun darf und was nicht. Und hierzu haben wir eine vollständige Ermächtigung bekommen, auch ich habe zuletzt solch eine erhalten. Die Frage ist nicht, ob ich ermächtigt bin, sondern die Frage ist, ob ich ausreichend Kraft besitze. Und meine Antwort lautet, dass ich sie nicht habe. Wenn also dieser Kampf gegen die ganze Einwanderung so aussieht wie ein Kampf, den der ungarische Ministerpräsident oder die ungarische Regierung, oder eventuell das ungarische Parlament in eigener Sache führt, der nur für sie wichtig ist, nur sie stünden in Wirklichkeit hinter dem in Europa zu vertretenden ungarischen Standpunkt, dann können wir, dann kann ich diesen Kampf nicht gewinnen. Wir benötigen, dass die Menschen in konkreten Angelegenheiten immer wieder jene Ermächtigung bestätigen, die sie früher im Übrigen in Form einer allgemeinen Wahlermächtigung uns, mir bereits gegeben haben, damit ich damit auf der internationalen Bühne argumentieren und kämpfen kann, dass die erkennbare, auffindbare, sich selbst zu zeigen bereite überwiegende Mehrheit des ungarischen Publikums, der ungarischen Nationalgemeinschaft den gleichen Standpunkt vertritt wie der ungarische Ministerpräsident. In einem demokratischen System, und das System der Europäischen Union ist als ein demokratisches System gedacht, besitzt dies eine gewaltige Bedeutung. Ich bitte deshalb einen jeden darum, an der Konsultation teilzunehmen, weil er dadurch dabei helfen kann, dass wir jene Ziele, die im Interesse der Sicherheit der ungarischen Bürger und Familien gesteckt worden sind, damit wir uns gegenüber der Einwanderung verteidigen können, erreicht werden können.
Was erwarten Sie im praktischen Sinne in den kommenden Wochen und Monaten? Denn tatsächlich teilt diese Frage des Einwanderungslandes, so wie Sie das gesagt haben, eindeutig die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union in der Diskussion. Auch Merkel kann innerhalb von wenigen Tagen stärker werden, Juncker hält an seiner Position zu Gunsten der Einwanderung fest. Da sind die NRO-s, die die Bewegungen im Mittelmeer unterstützen. Und was ist, wenn diese Entscheidungsträger sagen, aber ja, ein Mitgliedsstaat der Union muss ein Einwanderungsland sein? Und wenn dort verschiedene Bestrafungen in Aussicht gestellt werden und Sie sagen dann zum Beispiel unter Berufung auf die Verfassung, dass Sie dem nicht zustimmen, wo wird dann sich der Zusammenstoß zwischen Ihnen ereignen?
Für die Auflösung solcher Konflikte gibt es ein ausgearbeitetes System innerhalb der Europäischen Union. Ich nenne Ihnen ein Beispiel. Entsprechend des Soros-Plans hat die Kommission bereits vor einem Jahr jenen Vorschlag vorbereitet, mit dem sie ein permanent Einwanderer in Europa verteilendes System erschaffen will. Interessanterweise leugnet die Opposition in der ungarischen Politik zeitweilig, dass solch ein Vorschlag existieren würde, dabei liegt er in schriftlicher Form auf dem Tisch. Über diesen Vorschlag verhandeln die inneren Expertenkreise der Europäischen Union bereits. Seit einem Jahr existiert dieser Vorschlag schon. Jedoch hat der Rat der Ministerpräsidenten ihn noch kein einziges Mal auf seiner Tagesordnung, weil wir im Rahmen der Konsultationen, durch Volksabstimmungen, durch persönliche Kämpfe und Wortmeldungen deutlich gemacht haben, dass es auf der Sitzung des Rates der Ministerpräsidenten, auf der zu allem Einstimmigkeit notwendig ist, es sicherlich keine Einstimmigkeit geben wird. Denn wenn schließlich... wenn nicht jemand anderes, dann werde ich sicher mein Veto einlegen. So etwas gab es schon.
Eine andere Frage ist, dass man auch darüber nachdenkt, dies zu vermeiden.
Das ist eine andere Sache, dass diejenigen, die uns, Mitteleuropäer, zu einem Einwanderungsland machen wollen, darüber nachdenken, wie sie jene Foren umgehen können, wo im Übrigen wir, die nicht zu einem Einwanderungsland werden möchten, vertreten sind.
Die Stimmen der V4 sind entscheidend.
So ist es. Dies ist eine Auseinandersetzung. Ich gebe Ihnen nur das als Antwort auf Ihre Frage, nach der in der Europäischen Union Foren existieren, es wichtige Fragen gibt, eine ständige Auseinandersetzung geführt wird. Und in dieser Auseinandersetzung verbessert eine Nationale Konsultation, eine Volksabstimmung, jedwede Meinungsäußerung der Staatsbürger unsere Positionen, die Positionen der ungarischen Nation.
Das nächste Mal wird in Tallinn, wo Sie auch in offizieller Form den Präsidenten der Kommission treffen werden, aller Wahrscheinlichkeit nach Merkel als neue deutsche Bundeskanzlerin erscheinen. Womit rechnen Sie? Haben Sie zum Beispiel jetzt am Sonntag laut ein Gebet für den Sieg von Merkel gesprochen? Denn jetzt wird es ja die Bundestagswahlen geben.
Ich ermuntere das sich für die weitere Politik interessierende ungarische...
Und haben Sie Ihren Standpunkt beibehalten?
...Publikum, jeden Abend ein stilles Gebet dafür sprechen, dass das Mandat der amtierenden Kanzlerin verlängert wird, denn unter den gegebenen Bedingungen, die heute den deutschen Bürgern offenstehen, ist aus ungarischer Sicht die Verlängerung des Mandats der gegenwärtigen Kanzlerin in unserem Interesse. Mag sein, das da auch eine gewisse Voreingenommenheit wegen der Partei eine Rolle spielt, denn Angela Merkels christlichdemokratische Volkspartei, die Christlichdemokratische Union Deutschlands gehört jener Europäischen Volkspartei an, zu der auch der Fidesz und die Christlichdemokratische Partei (KDNP) eingetragen sind, also unterstützen wir uns gegenseitig offensichtlich, aber jetzt – wenn wir über den Gesichtspunkt der Parteizugehörigkeit hinweg blicken, dann – muss ich sagen, wenn sich jemand schon den Kandidaten der Sozialdemokraten in diesem Wahlkampf angehört hat, wie er und was er über Ungarn gesagt hat, wie respektlos und verletzend er über die Ungarn gesprochen hat, dann können wir darüber nicht im Zweifel sein, dass es sich für uns lohnt, uns für die Ungarn gegenüber freundlichere Kanzlerin auszusprechen.
Nehmen Sie Ihren Rechnungsblock mit nach Tallinn, um Jean-Claude Juncker die Rechnung auszustellen, für die Kosten des Grenzschutzes der Schengen-Grenze der Europäischen Union, die auf dem zu Ungarn gehörenden Abschnitt entstanden sind? Das sind 400 Millionen Euro.
Schauen Sie, für die ungarische Regierung ist die fromme Festigkeit charakteristisch, wir haben also jenes Scheckheft immer bei uns, das der Präsident der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, unterschreiben und Ungarn jene 140 Milliarden Forint überweisen kann, die wir von ihm erwarten. Dies ist ein korrekter Anspruch. Ungarn hat die Verteidigung der Grenzen, der Schutz der ungarischen und europäischen Grenzen, die Verteidigung der Sicherheit der Ungarn und der Europäer etwa eine Summe von 270 Milliarden Forint gekostet, dies beinhaltet auch den Zaun, den Ausbau der physischen Sperren sowie auch die Ausbildung und die Aufnahme von mehr als dreitausend Grenzjägern. Wir bitten die Kommission, sie möge – da wir auch die europäische Sicherheit und Grenzen verteidigen – die Hälfte dieser Kosten übernehmen. Sie zahlen natürlich nicht gern, deshalb sind hier noch lange Auseinandersetzungen zu erwarten, aber am Ende werden wir gegenseitig die Abrechnung machen.
Kann es noch ein Thema, beziehungsweise ist dies eine Frage, ob es auf der Tagesordnung von Tallinn noch ein Thema geben könnte, und zwar das des Bildungsgesetzes der Ukraine, das auf die Unterschrift des Präsidenten wartet und gegen das auch Sie sich im Parlament in Ihrer Wortmeldung vor der Tagesordnung ausgesprochen haben, und auch Ihr Außenminister hat entschiedene Schritte in der UNO und anderswo getan. Fünf Staaten protestieren übrigens, da sie betroffen sind, gegen dieses ukrainische Bildungsgesetz. Könnte das ausreichen, damit das Thema in Tallinn auf die Tagesordnung genommen wird?
Sicher wird es auch darum gehen. Schauen Sie, in der europäischen Kultur ist es nicht Sitte, dass wenn wir den Minderheiten bereits bestimmte Rechte gegeben haben, wir von diesen welche zurücknehmen. Man pflegt die Rechte der Minderheiten auf dem gleichen Niveau zu halten oder sie zu erweitern. Hier in der Ukraine geschieht jetzt folgendes, dass es eine Situation gegeben hat, die im Übrigen für die Ungarn, Rumänen, Bulgaren, Griechen und für die Polen akzeptabel war, das heißt die Ukraine hat bisher eine juristische Lösung von europäischem Niveau angewandt. Viele ungarische Kinder konnten so ungarische Schulen besuchen, sie haben nichts Schlimmes getan, nur ungarisch gelernt, und auf einmal teilen die Ukrainer mit, sie treten hiervon zurück und sie verringern die Möglichkeiten für den Unterricht in ungarischer, rumänischer, bulgarischer, griechischer und polnischer Sprache. Das ist ein Rückschritt. In der Europäischen Union ist dies nicht möglich. Die Ukraine muss verstehen, wenn sie sich der Europäischen Union annähern will, dann ermöglicht diese Vorgehensweise, die sie jetzt anwenden, nämlich von den den nationalen Minderheiten zuvor verliehenen Rechten, die diese auf selbstverständliche Weise genossen haben, zurückzunehmen, es nicht, sich der Europäischen Union anzunähern. Das werden auch wir nicht erlauben, denn entweder ist jemand Europäer oder er ist es nicht. Und wenn jemand es auf dem Gebiet des Schutzes der Minderheiten nicht ist, dann soll er auch nicht hinsichtlich der Wirtschaft Europäer sein wollen. Hier muss man sehr eindeutig und klar formulieren. Die ganze Angelegenheit trägt keinen politischen Charakter, am Ende dieser Affäre stehen die Kinder, die Eltern, die das Kind jeden Morgen in die Schule bringen und möchten, dass das Kind in der Sprache Wissen in einer Qualität erhält, wie sie das als Eltern ansonsten erwarten, und es ist nicht klar, was die ungarischen, die rumänischen, die griechischen, die bulgarischen Kinder oder ihre Eltern der Ukraine angetan haben, dass diese jetzt einen Schritt zurück macht und ihnen Rechte wegnimmt?
Sie hörten in der Sendung „180 Minuten“ Ministerpräsidenten Viktor Orbán. Herr Präsident, wir danken Ihnen, dass Sie unsere Einladungen regelmäßig annehmen!
Danke, dass ich hier sein durfte!