Budapest, 15. Dezember 2015

Es tut mir leid, dass das ungarische Parlament auch diese im Übrigen wichtige Frage im Rahmen solch eines Ohrfeigenaustausches und solch einer Rauferei behandeln muss. Es tut mir leid, dass ich nicht die Zeit habe, darzulegen, was ich sagen werde. Bitte betrachten Sie es nicht als persönliche Beleidigung, aber die Sache ist doch die, dass nach unserer Empfindung der Kampf gegen den Antisemitismus sehr stark dadurch kompromittiert wird, dass an seiner Spitze regelmäßig die Vertreter der Nachfolgepartei einer anderen Diktatur schreiten. Das ist die Situation. Dies ist deshalb ein Problem, weil in solchen Momenten die ungarischen Menschen reflexartig jene Denkmäler aufzählen, die für die der kommunistischen Diktatur dienenden Personen errichtet worden sind, und anstatt dass wir vernünftig über die mit dem Antisemitismus zusammenhängenden Fragen sprechen könnten, haben wir uns sogleich verirrt.

Die Lage präsentiert sich folgendermaßen: Dass ich diese Verantwortung selbstverständlich nirgendwohin schiebe. Die Fakten sind klar: Es gibt in Székesfehérvár (Stuhlweißenburg) eine zivile Organisation, die sich dahingehend entschieden hat, dass sie solch ein Denkmal errichten möchte. Sie hat einen Antrag eingereicht; der Antrag ist übrigens nicht auf die Ebene der höchsten Entscheidungsträger gelangt, in diesem Sinne ist es meiner Ansicht nach einfach nicht fair, irgendeinen Abgeordneten oder irgendeinen Vertreter der Regierung mit der Angelegenheit in Verbindung zu bringen. Doch unabhängig davon, ob er auf die höchste Ebene gelangt ist oder nicht, muss – da die Verantwortung beim Regieren auf politischer Grundlage übernommen werden muss – der Leiter jenes Portefeuilles die Verantwortung übernehmen, zu dem dies gehörte; doch ich habe für mich selbst eine schlechtere Nachricht, weil für die Arbeit der Regierung die politische Verantwortung der Ministerpräsident übernehmen muss, so wie immer es auch sei, trage letztendlich ich die Verantwortung für die Unterstützung, die dieser zivilen Organisation gewährt worden ist, selbst wenn ich der Ansicht bin, dass ich im Übrigen in dieser Sache persönlich unschuldig bin, aber das ist letztlich gleichgültig.

Ich freue mich, dass die zivile Organisation heute diesen Gordischen Knoten durchtrennt hat, das Geld zurückgeschickt oder zumindest beschlossen hat, das Geld, das sie von der Regierung erhalten hat, zurückzuschicken, und damit die Regierung von der damit im Zusammenhang stehenden Debatte entlastet hat. Ich bedanke mich für ihre Entscheidung.

Wir haben die Meinung der Frau Abgeordneten angehört und mit der notwendigen Höflichkeit muss ich sagen, dass wir, die wir auf dieser Seite des Hufeisens sitzen, der Ansicht sind, dass wir hinsichtlich der werteorientierten Politik, des politischen Mutes und des Engagements keine Belehrungen benötigen, besonders nicht seitens der Nachfolgepartei der ehemaligen kommunistischen Partei. Soviel zu der uns belehrenden Tonart. Ich bitte um Verzeihung, dass ich dies einer Dame sagen muss, aber ich bin gezwungen, dies hier zu sagen, weil dies eine Frage der Ehre ist.
Meine persönliche Meinung ist – wenn Sie schon danach gefragt haben, und es ist eine schöne Aufgabe in zwanzig Sekunden in dieser historischen Frage meine persönliche Meinung darzulegen – ist ziemlich einfach, da der ungarische Ministerpräsident seinen Eid auf die Verfassung ablegt. Die Verfassung beinhaltet in dieser Hinsicht zwei Tatsachen. Die erste, dass die Staatsbürger das Recht besitzen, Organisationen zu gründen, sich zu organisieren, selbständige Entscheidungen zu fällen, und dieses ihr Recht kann ihnen der Ministerpräsident nicht nehmen, und ich werde es auch nicht nehmen.

In zweiter Linie: Ich unterstütze keine Errichtung eines solchen Denkmals, weshalb ich persönlich übrigens auch nicht die Errichtung eines Denkmals von Miklós Horthy, der im Übrigen laut der ungarischen Verfassung in einem Zeitraum ein führender Politiker war, die die ungarische Verfassung deutlich so bestimmt, dass Ungarn seine nationale Souveränität verloren hatte. Am 19. März 1944 haben wir unsere Souveränität verloren, und am 2. Mai 1990 wiedererlangt. Zwischen diesen beiden Zeiträumen waren wir ein besetztes Land; natürlich kann es verschiedene Gründe, eine unterschiedliche Qualität, Tiefe und anderes für die Kollaboration mit den Besatzungsmächten geben, ich möchte nicht auf diese eingehen, ich unterstreiche nur die Tatsache, dass die Regierung die Errichtung eines Denkmals für einen Politiker, der mit den Unterdrückern kooperiert und mit den Unterdrückern Ungarns kollaboriert hat, nicht unterstützen kann, ganz gleich welch andere Verdienste er auch besitzen mag. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.