Budapest, 4. März 2016
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Ministerpräsident!
Bevor ich Ihnen mitteilen würde, warum wir uns darüber freuen, dass uns der Ministerpräsident Bayerns mit seinem Besuch beehrt hat, muss ich zuvor einige Sätze darüber sagen, was wir nicht getan haben. Und was nicht unsere Absicht war. Wir haben uns nämlich in der Lage wieder gefunden, dass es – bevor wir uns getroffen hätten, bevor wir über irgendetwas hätten übereinkommen können – Berichte darüber gab, was wir hier machen. Und wir, wenn Sie erlauben, überlassen niemandem die Möglichkeit, statt uns unsere Absichten zu deuten. Lieber teilen wir sie selber mit. Jedenfalls was mich betrifft. Ich möchte also klarstellen, dass der Zweck unserer heutigen Besprechung nicht die Schwächung der Kanzlerin Deutschlands war. Wir sind nicht gegen Angela Merkel zusammengekommen. Wir sind nicht zusammengekommen, um die deutsche Regierung zu schwächen. Wir sind nicht zusammengekommen, um die bei den bald fälligen Wahlen antretenden deutschen Regierungsparteien zu schwächen. Ganz im Gegenteil. Ich möchte deutlich machen, dass wir, da wir auch zur Parteienfamilie der Europäischen Volkspartei gehören, auch am Erfolg der CSU und der CDU interessiert sind. Wir sind an einer starken deutschen Regierung und an einer starken deutschen Kanzlerin interessiert. Außerdem möchte ich deutlich machen, dass Ungarn nicht an dem Wahlkampf in Deutschland teilnehmen möchte. Ich sehe, viele wären glücklich, wenn sie das, was wir tun, so sehen könnten, doch hat das, was wir tun, was wir in Ungarn tun, keine deutsche Dimension. Es geht dabei nicht um den Wahlkampf in Deutschland. Was wir sagen, wird nicht von der deutschen Innenpolitik beeinflusst. Besonders jenes nicht, was wir über die Angelegenheit der Migranten sagen. Seit September sagen wir immer konsequent das Gleiche, egal ob es in Deutschland Wahlen gibt oder nicht. Zugleich nehmen wir – während wir an dem deutschen Wahlkampf nicht teilnehmen – an der europäischen Politik teil. Als führende Politiker und Vertreter des Landes, in dem auf die Weise, wie ich das heute gegenüber dem Herrn Ministerpräsidenten getan habe, wir immer vor der gesamten europäischen Öffentlichkeit mitteilen werden, was wir aus welchem Grunde vertreten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Erlauben Sie mir hiernach einige Worte über die Bedeutung des heutigen Treffens zu sagen! Die ungarische Geschichte hat uns, Ungarn, gelehrt, dass man zwar auch auf kürzerem Wege nach Berlin gelangen kann, vor allem in Luftlinie, doch der kluge Ungarn geht immer durch München nach Berlin. Dies zeigt sehr gut, dass die bayerisch-ungarischen Beziehungen schon immer eine herausragend Rolle gespielt haben, auch jetzt besitzen sie diese. Die Liebe ist natürlich eine große Sache, und dies war vermutlich auch früher so, doch als unser erster ungarischer König eine bayerische Dame geheiratet hat, da ist unsere Vorstellung, dass außer der Liebe auch andere Überlegungen eine Rolle gespielt haben mochten. Und dem ist so seit tausend Jahren. Aus diesem Grunde sind unsere Beziehungen zu Bayern, zu den jeweiligen führenden bayerischen Politikern, dem Ministerpräsidenten speziell und herausragend.
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich möchte mich bei Herrn Ministerpräsidenten Seehofer und durch ihn bei den bayerischen Menschen für die Unterstützung bedanken, die sie Ungarn seit langen Jahrzehnten ungebrochen zukommen lassen. Wir feiern dieses Jahr den sechzigsten Jahrestag des ungarischen '56-er Freiheitskampfes, was uns auch besonders daran erinnert, wie viel die bayerischen Menschen den ungarischen Freiheitskämpfern und jenen geholfen haben, die vor dem Kommunismus nach Bayern, nach Deutschland geflohen sind. Wir danken dafür recht herzlich! Wir bedanken uns, Bayern! Ich möchte mich bei den Bayern und bei dem Herrn Ministerpräsidenten auch dafür bedanken, dass jetzt, wo die Geschichte in Gestalt der Migrantenkrise unsere Tür aufgestoßen hat, Bayern die Probleme Ungarns, die Schwierigkeiten, denen Ungarn gegenüberstand, mit Verständnis aufnahm und mit Verständnis all das zu verstehen suchte, was die Ungarn taten. Es gab keinen einzigen schlechten Ton, keinerlei negatives Vorurteil. Es gab nur das Streben nach Verständnis und Freundschaft.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Seehofer!
Wir bedanken uns hierfür recht herzlich bei den bayerischen Menschen! Und abschließend – wobei selbstverständlich auch Sie wissen können, dass die heutige Besprechung außer den bayerisch-ungarischen bilateralen Beziehungen auch europapolitische Dimensionen besaß. Erlauben Sie mir, Sie auf einige bilaterale Tatsachen aufmerksam zu machen! Auch Sie wissen, dass Deutschland unser wichtigster Handelspartner ist. Innerhalb Deutschlands treiben wir am meisten mit Bayern Handel. Im vergangenen Jahr haben wir unseren Export nach Bayern um 13,5% erhöht, und auf diese Weise hat er 8,5 Milliarden Euro erreicht. Es zeigt das besondere, das herausragende Gewicht der bayerisch-ungarischen Beziehungen, dass heute in Ungarn 2.300 bayerische Firmen präsent sind, 2.300, und sie geben zusammen mehr als hunderttausend ungarischen Familien die Möglichkeit des Broterwerbs, diese 2.300 bayerische Firmen haben mehr als hunderttausend Arbeitsplätze geschaffen. Die ungarische Regierung hat auch mit vier großen bayerischen Firmen eine strategische Vereinbarung, mit Audi, mit Siemens, mit Knorr-Bremse und mit Continental.
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich bin mit Herrn Ministerpräsidenten Seehofer darin verblieben, dass wir angesichts der schwierigen europäischen politischen Lage so wie bisher auch in der Zukunft in Kontakt miteinander bleiben, und über die bilateralen Beziehungen hinaus auch die europapolitischen und die mit der Migration zusammenhängenden Fragen auf der Tagesordnung der Beziehungen der beiden Länder halten werden.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident!
Wir bedanken uns noch einmal für ihren Besuch! Und Ihnen danke ich für Ihre Aufmerksamkeit!